Wenn ein Bergbrenner ein Buch schreibt
Man begegnet immer wieder Leuten, die behaupten, sie hätten ja so viel zu erzählen aus ihrem ereignisreichen Leben. Wenn sie das alles einmal aufschreiben würden, das würde ein Bestseller werden, todsicher. Als müssten sie sich nur einmal hinsetzen und mit dem Schreiben anfangen. Als könne jeder schreiben, der einen Bleistift halten und damit Buchstaben aufs Papier kritzeln kann. Die Verlage veröffentlichen doch so viel Schund, sagen sie. Ihr Buch dagegen würde bei den Lesern einschlagen wie eine Granate.
Ich sag dann in so einem Fall: Ja, dann setz dich doch mal hin, mach einen groben Plan und fang an. Wenn du die ersten 20 Seiten hast, schau ich sie mir gern an. Und dann hör ich nie wieder was von dem Bestsellerautor oder der Autorin.
Dass Schreiben auch eine Kunst ist, die noch dazu eine Heidenarbeit macht, das hat Hubert Ilsanker, der schreibende Bergbrenner, schon gemerkt beim Verfassen seines 350-Seiten-Buches und dass er sich Mühe gegeben hat, das wiederum merkt man dem Ergebnis an. Auch, dass der Autor Respekt hat vor anderen Schriftstellern, deren Bücher er staunend gelesen hat, Hermann Hesse zum Beispiel.
Was mir an seinem Buch noch gefällt, ist die tiefe Naturverbundenheit, die es vermittelt ohne kitschig zu werden, das Wissen über Pflanzen, Tiere, Landschaften und natürlich den Schnaps und die traditionellen Verfahren seiner Herstellung, die er mit seinen Lesern teilt. Oder das Gefühl von Geborgenheit, das er beschreibt, in der Gemeinschaft der Wurzengraber, Holzarbeiter, Handwerker, Förster – eine reine Männerwelt, und doch sind die Frauen auch präsent, irgendwie indirekt.
Manche Passagen sind sehr komisch, zum Beispiel das Kapitel „Kampf Mann gegen Maus“, wo der Bergbrenner beschreibt, wie er mit wechselhaftem Erfolg gegen die Mäuseplage in seiner Hütte vorgeht. Und er berichtet nicht nur von seinen Heldentaten, sondern scheut sich nicht, von Fehlern zu berichten, die auch dem Umsichtigsten und Erfahrensten unterlaufen.
Deshalb: Prädikat lesenswert, zumal für alle, die wissen – oder wissen wollen – wo die Priesbergalm liegt und was ein Pannonischer Enzian ist. Hubert Ilsankers Selbstgebrannten Enzian gibt’s – falls es jemand noch nicht weiß – bei der Enzianbrennerei Grassl in der Unterau.
3 Kommentare
Sepp BGLT
Danke Lisa für deinen schönen Beitrag! Ich habe das Buch daheim liegen und bin bis jetzt nicht dazugekommen, es zu lesen!
Fredrika Gers
Ich find’s auch super, hab auf Amazon schon vor einiger Zeit eine Kritik geschrieben.
Lisa
Hab den Hubsi am Weiberfasching im Hotel Edelweiß kennengelernt. Ob es sich noch an das Zebra erinnert, das da gegen 2 Uhr morgens bei ihm vorbeigaloppiert ist? Er war, sagen wir mal so, schon ziemlich lustig drauf.