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Kleine Reibn im Sommer

Aufstieg auf  den Schneibstein

Am Sonntag soll das Wetter bis Mittag oder Nachmittag aushalten. Geht sich das aus? Für den Schneibstein bestimmt. Im ersten Drittel gibt es sogar Sonne, dann erobern die Nebelschwaden das Torrener Joch und ziehen weiter hinauf Richtung Schneibsteingipfel (2.276 m). Stein-Pyramiden markieren den Weg. Oben reißt es wieder auf und wir wagen es und steigen nicht auf demselben Weg wieder ab, sondern gehen weiter Richtung Seeleinsee, die sogenannte Kleine Reibn, eine insgesamt ca. 6-stündige Tour durch das Hagengebirge. Beim Übergang vom Schneibstein zur Windscharte (2.164 m) sehen wir ein Schneehuhn –  leider zu schnell weggeflogen, um es zu fotografieren – und ein Tier, das von Weitem aussieht wie ein Kamel, dann aber doch nur eine große Gämse ist. Ein Stück weiter lagert eine Steinbock-Familie, deren Mitglieder uns aber leider nur den Allerwertesten zudrehen.

Vom Schneibstein über die Windscharte zum Seeleinsee

Ein Highlight: Der erste Blick von oben auf den Seeleinsee – aber es dauert noch fast eine Stunde, bis wir ihn erreichen. Dass wir vor lauter Schneefeldern einmal vom Weg abkommen, bleibt nicht unbemerkt, denn eine Gruppe Wanderer aus Niederbayern folgt uns prompt durch kratzige Latschenfelder und über ein paar Kletterstellen. Nach kurzem Umweg erreichen wir alle wieder den Normalweg, mit ein paar Schrammen an den Waden.

Am Seeleinsee gibt’s noch ein bisschen Halligalli. Vier Burschen haben sich ins eisige Wasser gewagt und machen ein bisschen Krach zum Aufwärmen hinterher. Dann zieht es zu, der Himmel ist grau, eine schwarze Wolkenwand steht überm Königssee, den man nur ahnen, nicht sehen kann vom Abstiegsweg zur Priesbergalm. Die Holzscheite für die Diensthütte am Seeleinsee, die den Weg säumen, und die die Wanderer für die Bergwacht nach oben mitnehmen sollen, kommen für uns ungelegen. Umkehren geht jetzt nicht mehr, wir müssen schauen, dass wir trocken ins Tal hinunterkommen.

 

Abstieg zur Königsbachalm

Trollblumen und Knabenkraut stehen am Wegesrand, es tröpfelt, aber noch bleiben wir vom richtigen Regen verschont. Auf der Priesbergalm pfeifen die Murmeltiere, von Kühen keine Spur. Die kommen erst im Juli hier herauf. Erst weiter unten, auf den Königsbachalmen hört man die Kuhglocken schellen. Von einer besonders schönen Grauen verabschieden wir uns bis zum nächsten Mal. Nach ziemlich genau 6 Gehstunden kommen wir um 5 vor 5 zur Jennerbahn-Mittelstation und sie nimmt uns noch mit und verkürzt unseren Abstieg um ein paar letzte Höhenmeter. Als wir zu Hause aus dem Auto steigen, setzt der Regen ein.

Die Tour in Bildern


Euer Lisa

Lisa Graf-Riemann ist in Passau geboren und lebt seit vielen Jahren in Marktschellenberg im Berchtesgadener Land. Sie schreibt Reisebücher, Lehrwerke und bisher 6 Kriminalromane: "Eine schöne Leich" (2010), "Donaugrab" (2011), "Eisprinzessin" (2013) und "Madame Merckx trinkt keinen Wein" (2015). Die Romane "Hirschgulasch" (2012) und "Rehragout" (2014), die auch im Berchtesgadener Land spielen, schrieb sie zusammen mit Ottmar Neuburger. Mit ihm verfasste sie auch die "111 Orte im Berchtesgadener Land, die man gesehen haben muss" (aktualisierte Neuauflage 2015). Alle Bücher sind im Emons Verlag in Köln erschienen. Wenn sie nicht am Schreibtisch sitzt , findet man sie im Sommer wie im Winter in den heimischen Bergen, auf einem Klettersteig oder beim Schwimmen am Thumsee.

4 Kommentare

  • André

    Eine schöne Tour, bin ich verg. Jahr auch 2x gegangen, aber in 6h schaffe ich die nicht.
    Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch im BGL!

    Gruß André

  • Jürgen Gaupp

    Herrlich, im Oktober ’12 die gleiche Runde .. und zum Schluß gab es den letzten ! Enzian der Saison aus Hubsis Hand an der Brennhütte. Für euch vllt. alltäglich, für uns aus Eckernförde ein ganz toller Tag. Pfiat di ! … im Oktober auf ein Neues

    • Sepp BGLT

      Hallo Lucia, also ausgesetzte Stellen gibt es bei dieser Tour eigentlich nicht. Denke aber daran, dass Hunde im Nationalpark immer angeleint sein müssen!

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