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Mit dem Messer an der Kehle

Rasieren beim Friseur ist ganz im Trend

Friseur Martin Hallinger von der Berchtesgadener Haarschneiderei hat sich auf die Wurzeln seines Berufsstandes zurückbesinnt und bietet unter anderem seine Dienste als Barbier an. Fast eine halbe Stunde dauert die Rasur und ist für den Mann, der gewohnt ist, sich selber zu rasieren, ein besonderes Erlebnis.

Friseur Martin Hallinger
Wie man es aus alten Filme kennt, zieht Martin Hallinger das Rasiermesser an einem Lederstreifen ab.

Wer denkt, Rasieren sei eine Angelegenheit von ein paar Minuten – Schaum aus der Dose und dann mit dem Dreiklingenrasierer kurz durchs Gesicht gefahren oder noch einfacher mit dem Elektroasierer über die Wange geschrubbelt, täuscht sich. Ein Besuch bei Martin Hallinger lehrt dem Mann, dass Rasieren eine Kunst ist, die seine Zeit braucht. Rund 20 bis 30 Minuten dauert eine Rasur bei dem Friseur, ein Erlebnis, dass einen ganz neues Licht auf die oft als lästig empfundene morgendliche Rasur wirft.
Das wichtigste Handwerkszeug ist dabei das Messer. Hallinger hat rund 30 Messer, mit denen er rasiert. „Alle Messer sind aus nicht rostfreiem Stahl, der ist nicht so hart, bedarf aber einer gründlichen Pflege.“ „Früher hatte manchmal jeder Kunde sein eigenes Messer und den eigenen Pinsel beim Friseur.“ Nach einer Rasur braucht das Messer einen Tag Erholung, damit sich der Grat wieder aufrichten kann. Daher gibt es Messersätze mit bis zu sieben Messer – für jeden Tag einen. Um den Grat aufzustellen wird das Messer vor der Rasur am eingefetteten Lederriemen, früher auch schon mal am Ledergürtel, abgezogen. „Die ersten Messer habe ich dabei völlig ruiniert. Denn ich habe es gemacht wie Whoopi Goldberg in dem Film „Die Farbe Lila“. In einer Szene muss sie ihren Mann rasieren und vorher das Messer abziehen. Ich habe es gemacht wie sie, also freihändig. Doch man muss das Messer richtig aufliegen lassen um den passenden Neigungswinkel zu bekommen.“

Martin Hallinger beim Rasieren.
Martin setzt das Messer an die Kehle ...

Neben dem Messer ist der Pinsel entscheidend. Je feiner die Pinselhaare, wie zum Beispiel der Silberspitz, umso feiner wird der Schaum aufgeschlagen. Hallinger hat sich extra Rasierschalen anfertigen lassen, in die warmes Wasser eingefüllt werden kann, um die Rasierseife anzuwärmen. Das macht den Schaum noch cremiger. Zwei Minuten dauert es mindestens, bis der Schaum die richtige Konsistenz hat, solange muss er aufgeschlagen werden. Dabei gibt es ganz verschiedenen Rasierseifen, mit Honig, mit Aloe Vera oder mit Salbei. Hallinger legt Wert darauf, nur Produkte aus kleinen, oft familiengeführten Spezialfirmen zu verwenden. Die Seifen kommen aus Wien, die Messer aus Solingen und die Tonschalen werden in Bischofswiesen für ihn getöpfert.
Vor der Rasur muss zuerst die Haut und die Barthaare vorbereitet werden. Dazu wird das Gesicht bedampft und anschließend werden warme Kompressen aufgelegt. Das ist sehr angenehm und entspannend. Das aufgetragene Pre-shave beruhigt die Haut, kühlt und richtet die Barthaare auf. Dadurch wird ein Rasierbrand vermieden. „Der kommt nur bei einer falschen Vorbereitung.“ Wenn der Schaum genug aufgeschlagen wurde, wird das Gesicht eingeseift und zweimal rasiert. Einmal in Richtung des Bartwuchses und dann gegen den Strich. Geübt zieht Hallinger das Messer über die Wange. Ein ungewohntes Gefühl ist es beim ersten Mal schon, wenn man sich nicht selber rasiert. Aber man kann sich schnell daran gewöhnen. Denn es ist angenehm dieser Pflicht einmal enthoben zu sein. Ein kühles Handtuch beruhigt die Haut nach der Rasur. Hallinger fächert dazwischen Luft zu, um die rasierten Stellen zu kühlen. Eine beruhigende Sandelholzlotion wird aufgetragen und anschließend ein Aftershave aus schönen großen Flaschen aufgesprüht. Ein wenig wie neugeboren fühlt man sich, sind die Wangen schließlich auch glatt wie ein Kinderpopo. Der Besuch beim Barbier ist eine völlig neue Erfahrung, ein kleiner Luxus und einfach eine reine Männersache.

Also, Martin kann mehr als nur Hochsteckfrisuren

Servus und bis bald!

Chirstoph

 

Wenn Christoph Merker nicht gerade Bücher in der Bücherstube in Berchtesgaden verkauft oder für die regionalen Zeitungen als Reporter unterwegs ist, sitzt er vor seiner Staffelei und malt. Oder er werkelt in seinem kleinen Garten und manchmal kann man ihm auf seiner Lieblingslaufstrecke, dem Königsseer Fußweg, etwas außer Atem antreffen.

5 Kommentare

  • Daniel Babbel

    Die Rasur ist leider ein aussterbendes Handwerk. Zwar meinen viele, dass das Benutzen eines Systemrasierers ihre Männlichkeit unterstreiche, doch können Gillette und Co die Arbeit eines Barbiers nichtmal ansatzweise nachahmen. Großes Lob!

  • Frank

    Ich werde schon seit Jahren bei meinem Barbar frisiert und dazu rasiert. Kann seine gründliche Rasur zu Hause einfach nicht nachmachen. Deswegen bin ich auch alle zwei Wochen da 🙂

  • A. Anderson

    Da ich mittlerweile auf den Trend aufgesprungen bin und jetzt auch Bart trage gehe gehe ich auch lieber zum Profi.

    Konturen und Trimmen bekomme ich selbst so ordentlich nicht hin

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