Berge

Way to paradise

Über den unteren Hirschenlauf zur Gotzenalm

Nach zwei Nächten auf dem Carl-von-Stahl Haus ging es mit meinem schweren Rucksack auf dem Rücken für mich nach Hause nach Schönau am Königssee. Aber nicht ohne den Tag als Tourentag zu nutzen. Da es mir letzt schon so gut auf der Gotzenalm gefiel, setzte ich mir dieses als Tagesziel in den Kopf. Diesmal sollte es nicht über den normalen Fußweg zur Gotzenalm gehen, sondern über den unteren Hirschenlauf. Viel Informationen konnte ich über diesen Streckenabschnitt nicht im Internet herausfinden. Meist sagen für mich Bilder mehr aus, als nur wörtliche Beschreibungen eines Weges.

Hütte beim Scheibsteinhaus
Hütte beim Scheibsteinhaus

Nun ging es erst einmal bergab. Vorbei am Schneibsteinhaus, ging es kurz vor dem Königsbergergraben, links vorbei an der Enzian Brennhütte in Richtung Priesbergalm. Bis zur Priesbergalm ist der Weg eine breite Forstraße. Hinter der Priesbergalm endet der Forstweg und der Weg wird zu einem Pfad der eben über die Wiesenhänge führt. Nach einer kurzen Bergabstrecke kommt man an eine Wegkreuzung. Hier teilt sich der Pfad. Bergauf in Richtung Seeleinsee und Kahlersberg und rechts geradeaus zur Gotzenalm über den unteren Hirschenlauf. Der Pfad ist durch Regenfälle einige Tage zuvor noch recht matschig. Aber mit einem sicheren Tritt und Teleskopstöcken halb so wild. Zuerst ist der Pfad recht normal und angenehm. Besonders gefiel mir, dass dieser durch den schattigen Wald führt und es angenehm kühl war. Doch die Vorfreude wurde schon bald betrübt. Ich weiß nicht wie ich es richtig schreibe, aber aus dem Pfad wurde ein knackiger Steig, mitten in der prallen Sonne. Es war Vormittag, aber schon richtig heiß. Der Steig weißt einige Felspassagen auf die durch Holztreppen, Eisenstufen und Seilen versichert sind. Hier ist es am Besten Bilder sprechen zu lassen um sich davon ein eigenes Bild machen zu können.

im unteren Hirschenlauf
im unteren Hirschenlauf
Holztreppe im unteren Hirschenlauf
Holztreppe im unteren Hirschenlauf

An vielen Stellen nutze ich das Drahtseil nicht, da ich mich dafür hätte bücken müssen und so hätte sich durch meinen schweren Rucksack mein Schwerpunkt verändert und ich hätte keinen sicheren Tritt mehr. Also „schwebte“ ich sozusagen über Holzbretter, Holzstufen und Eisenstufen, was definitiv zu romantisch ausgedrückt ist. Ein Drittel des unteren Hirschenlaufes sieht so aus. Man geht die Gotzentauernwand hinauf um dann in der Seeau zu landen. Von dort geht man in stetig aufsteigenden Kehren hinauf zum Gotzenalm-Plateau. Die Wegstrecke Priesbergalm bis zur Gotzenalm dauerte bei mir rund 2 Stunden. Allerdings ist es jedem Wanderer selbst überlassen, wie schnell man aufsteigt. Nur keine Eile, schließlich gilt es auch die umliegende Natur zu genießen. Bei der Gotzenalm mache ich erstmal frühes deftiges Mittagessen und lasse mich selbst in der Sonne brutzeln, was ich hinterher bereuen werde (heftiger Sonnenbrand an den Armen).

Kaser auf der Gotzen
Kaser auf der Gotzen

Es ist erst früher Mittag und die Sonne wird noch mindestens 8 Stunden scheinen. Was soll ich tun? Die Speisekarte der Gotzenalm verspricht noch weitere Leckerein. Ich entscheide mich dafür die Leckerein auf später zu verschieben und weiter zu wandern.

 

Die Regenalm im Nationalpark Berchtesgaden

Eine halbe Stunde entfernt von der Gotzenalm in Richtung Kaunersteig liegt die Regenalm. Neugierig wie diese liegt und ob diese bewirtschaftet ist, mache ich mich auf dem Weg dorthin. Auf einfachem Weg gelangt man zur Regenalm. Schön mit Blumen dekoriert und gepflegt ist die Alm, doch ob hier nun jemand bewirtschaftet ist mir nicht ganz klar. Ich sehe einen Senn auf der Almwiese mit Pfeiffe wie er nach seinem Vieh schaut.

Regenalm
Regenalm
Diensthütte
Diensthütte
Idyllisch: Pferd bei der Regenalm
Idyllisch: Pferd bei der Regenalm

Später am Tag werde ich noch herausfinden, dass dieser Senn eine Rolle in meinem täglichen Arbeitsleben spielt.
Nachdem ich mich umschaute, gehe ich zurück in Richtung Gotzenalm. 3 Minuten nach verlassen der Regenalm kommt man an eine Wegkreuzung, wo es links hinauf zum Hochgeschirr und zur Wasseralm über das Landtal geht. Ich entscheide mich dafür in Richtung Landtal zu steigen. Aber nicht ganz hinab zu steigen, sondern nur bis zur Wegkreuzung wo es dann hinauf zum Hochgeschirr geht. Der Steig geht bis zu eben dieser Stelle relativ einfach und ohne große Steigungen. Nach einer letzten Kurve breitet sich mir ein fantastisches Bild aus. Ich bin umgeben von steilen Wänden, die zum greifen nah sind. Unten liegt wunderschön saftig grün, das Landtal.

Blick ins Landtal und zum steinernen Meer
Blick ins Landtal und zum steinernen Meer

Am Röthbachfall, Deutschlands höchstem Wasserfall

Meinen Augen traue ich kaum, als ich den Röthbachwasserfall, Deutschlands höchsten Wasserfall, von oben sehe. Überwältig von dieser atemberaubenden Szenerien bleibe ich erstmal reglos stehen und staune nur. Ohne große Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, gelangt man zu diesem wunderschönen Platz. Natürlich mache ich auch ein paar Fotos davon.

der Röthbachwasserfall von oben
der Röthbachwasserfall von oben

Ich weiß, das klingt stark romantisiert, aber in diesem schönen Moment wünschte ich mir eine Begleitung um dieses Erlebnis zu teilen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Doch da, um die Kurve höre ich etwas, das könnte ein Wanderer sein, der da entegegen kommt. Doch weit gefehlt! Ein Gams preschte um die Ecke und rannte voll auf mich zu, mitten auf dem Weg! Ich blieb so stehen wie ich war, noch nie schaute ich einer lebendigen Gams so tief in die Augen. So absurd mir das in dem Moment vorkam, musste ich kurz leise lachen, was wiederum die Gams erschreckte und nur knapp drei Meter vor mir dann links den Abgrund runter rannte anstatt mich umzurennen.
Verblüfft über die verrückte Gams schaue ich ihr hinterher.

Nun mache ich mich wieder auf den Rückweg zur Gotzenalm. Zirka 30 Minuten vor der Gotzenalm kommen hinter mir zwei Männer, die mich überholen. Wir erkennen uns wieder. Man sah sich schon morgens als ich auf dem Weg zur Priesbergalm war und die beiden beim Aufstieg. Sie klärten mich auf, dass ab 1000hm die Du-Grenze ist und das „Sie“ hier oben ausgestorben sei. Sie erzählten mir, sie seien über die Hochbahn, Königbachalm hinauf zum Carl-von-Stahl Haus gestiegen und dann über den Schneibstein, Windschartenkopf, Seeleinsee, Kahlersberg (über Mausloch) und übers Hochgeschirr ins Landtal und dann zur Gotzenalm um von dort aus dann wieder den Abstieg zum Königssee Parkplatz machen. Ganz schön sportlich. Aber man sieht es ihnen an. Die beiden bestehen nur Muskelbergen, was man mehr als deutlich bei der knappen Kleidung sehen kann. Nach einer kurzen Unterhaltung rauschten die Beiden vorbei. Auf der Gotzenalm traf ich die Beiden wieder. Wir tranken eine Runde und es stellte sich heraus, dass die beiden hobbymäßig gerne extrem unterwegs sind. Und einer von ihnen vermutete sogar, dass auch ich in einigen Jahren extrem unterwegs sein werde. Die beiden verabschiedeten sich und ich blieb noch auf der Gotzenalm. Ich war schon fast wie an die Bank genäht, so gut gefiel es mir an diesem herrlich sonnigen Tag auf der Gotzenalm.
Am gegenüberliegenden Tisch sehe ich einen Mann sitzen, der mir irgendwie bekannt vorkommt, aber dessen Gesicht ich nicht zuordnen kann. Langsam wurde es nachmittag und ich sattelte mich wieder für den Abstieg. An der Wegkreuzung gegenüber der Gotzenalm stand der Mann, der mir so bekannt vorkam. Er grüßte mich mit den Worten „Griasdi, du woarst doch vorhin bei mir uf da oim?!“ Der Senn von der Regenalm! Er erzählte mir, dass er einfach die Alm bewirtschaftet mit Getränken, für seine Transporte nutzt er die Pferde die auf der Almwiese grasen. Drei Sommer lang bewirtschaftete er einen Kaser der Gotzenalmen. Da machte es klick bei mir! Bei meinen Führungen erwähne ich immer Videoclips von Sennerinnen und Sennern aus dem Berchtesgadener Land, die über ihr Leben auf der Alm erzählen. Er ist einer von ihnen! Wir plauderten noch und ich versprach ihm in nächster Zeit nochmal vorbei zu kommen. Ein sehr netter Senn!
Nun ging ich wieder schnellen Schrittes über die Forststraße nach Hause, voller Glücksgefühle, die an diesem schönen Tag gesammelt wurden.

 

Auf weitere unglaublich schöne Momente, eure Ann-Kathrin

Im Winter 2013 verlies ich Familie und Freunde im Südhessischen Viernheim um als Nationalparkmitarbeiterin im Berchtesgadener Land zu leben. Endlich konnte ich meinen Traum wahr werden lassen! Direkt vom Elternhaus rund 600km in die Berge ziehen, was für andere vielleicht ein gewagter Schritt wäre, war für mich das Ende der Sehnsucht. Das Berchtesgadener Land - die Sehnsucht dorthin verspürte ich permanent über Jahre. Ich hörte die Berge nach mir rufen. Bekannt ist mir das Berchtesgadener Land seit ich drei Jahre alt bin, da der beste Freund meines Opas aus Anger ist. So entstand die Verbindung. Mit 24 Jahren gab ich dem Ruf der Berge nach, Koffer gepackt und ab ins Berchtesgadener Land. Ich lebe dort wo ich früher Urlaub machte. Ein lebendiger Traum! Meine Freizeit verbringe ich fast ausschließlich in den Bergen. Nach Feierabend sich an einem sonnigen Tag einfach hinlegen - für mich unmöglich! Ob nun gemütliche Feierabend-Wanderung, Bergwanderung oder Hochtour. Je nach Zeit und Wetterlage mache ich alles. Natürlich fragt man sich mit wem ist denn das "Venema"-Mädel unterwegs? Alleine! Alleine in den Bergen unterwegs zu sein, ist im Kopf vieler zu negativ behaftet. Oft mache ich alleine die interessantesten Begegnungen. Und darum wird es auch in meinen Berichten gehen - Begegnungen am Berg. Mittlerweile bin ich auch in den Printmedien zu finden: "Das Wanderbuch bayerische Hausberge" ISBN-13: 978-3-86246-527-9 Erschienen im Bruckmann Verlag München Auch bei Lesungen der Berchtesgadener Land Autoren bin ich mit dabei. Mehr Infos: http://bgl-autoren.de/

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