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Watzmann-Überschreitung bei Traumwetter

Letzten Donnerstag war es wieder einmal soweit: wir hatten uns die Watzmann-Überschreitung vorgenommen. Ein Zimmer auf dem Watzmannhaus war am Vortag noch schnell gebucht worden, also ging es am späten Nachmittag von der Wimbachbrücke aus über Stuben- und Falzalm hinauf zur Unterkunft. Wegen des leuchtenden Sonnenuntergangs und der schönen Abendstimmung verlief der Aufstieg zwar mit seinen vielen Aussichts- und Fotopausen nur schleppend, aber wir erreichten im letzten Licht das Haus noch rechtzeitig. Schon nach kurzem Sitzen in der Gaststube wurden wir etwas unsanft zwecks Hüttenruhe in den Schlafraum gescheucht, aber der Start am nächsten Morgen war ohnehin recht früh geplant.

Sonnenuntergang über der Reiteralm
Sonnenuntergang über der Reiteralm

Aufstieg zur Mittelspitze

Nach einer wie so oft durchwachsenen Hüttennacht kam das Weckerklingeln um 5 Uhr nicht ganz ungelegen. Bald war alles zusammengepackt und Punkt 6 hieß es: „Aufi miaß’ma!“ In der bereits strahlenden Morgensonne waren wir bald warm gelaufen und erreichten zügig das Hocheck. Dort gab es ein zweites Frühstück mit sensationeller Aussicht, und während um uns herum überall Klettergurte angelegt wurden und nervöse Erstbegeheraugen über den wilden Watzmanngrat schweiften, konnten wir durch unsere Vertrautheit mit dem König der Berchtesgadener Bergwelt ganz entspannt den Blick hinaus ins Land genießen.

Die Watzmann-Mittelspitze
Die Watzmann-Mittelspitze

Nach dem bewährten Motto „Geschwindigkeit bringt Sicherheit“ verzichteten wir an den nun beginnenden Seilsicherungen auf langwierige Karabineraktionen und kraxelten flott Richtung Mittelspitze. Ohne am Drahtseil eingehängt zu sein hatten wir die Flexibilität, um im Gelände die ein oder andere gemächlichere Gruppe zu überholen. An schweren Stellen mussten wir auch nicht im Stau stehen, sondern konnten im festen Fels neben der gesicherten Route vorbeiklettern. Damit erreichten wir nach kurzer Zeit den Hauptgipfel, wo eine weitere Rast eingelegt wurde.

 

Weiterweg zum Watzmann-Südgipfel

Nun stand das schwerste Teilstück an: der lange Grat zur Südspitze mit seinen vielen Ab- und Gegenanstiegen. Aber in so einer spektakulären Umgebung ist jeder Griff an den Fels, jeder Reibungsschritt auf steilen Platten und jeder beherzte Hüpfer über Spalten hinweg eine Freude. Daher waren wir fast enttäuscht als bald die letzten Meter zum Südgipfel absolviert waren und der berüchtigte Abstieg auf uns wartete. Aber zuerst gönnten wir uns eine lange Fotopause und bewunderten die Fernsicht bis hinüber zu Großglockner, Dachstein und Kaisergebirge.

Panorama an der Südspitze
Panorama an der Südspitze

Letztlich blieb uns jedoch nichts anderes übrig als den harten Tatsachen ins Auge zu blicken: wir mussten auch wieder hinunter. Also begann der endlos erscheinende Weg hinab ins Wimbachtal. Das erste Teilstück mit seinen vielen kleinen Kletterpartien im recht festen Fels und auch die darauf folgenden großen Schuttfelder waren noch ganz angenehm zu absolvieren. Aber irgendwann zermürbt die unüberschaubare Vielzahl an Sandrinnen, Schotterstücken, abzukletternden Wänden und Altschneefeldern unter sengender Julisonne. Entsprechend erleichtert waren wir, als am Schönfeldgraben die Wasserflaschen gefüllt werden konnten und eine längere Pause in der Nachbarschaft eines unbeeindruckten Gamsrudels eingelegt wurde.

Abstieg vom Watzmann
Abstieg vom Watzmann

Das lange Ende bis zum Parkplatz Wimbachbrücke

Das letzte Drittel des Abstiegs war dann wie immer recht unerfreulich. Der Punkt, an dem man schon fast nicht mehr daran glaubt, das Wimbachgries jemals noch zu erreichen, war längst gekommen. Umso größer die Freude, als endlich der letzte steile Dolomithang hinter uns lag und die ersten knirschenden Schritte im Schotter des Wimbachtals erklangen. Mit neuer Energie strebten wir dem erlösenden Schatten am Biergarten der Wimbachgrieshütte entgegen, wo uns die freundlichen Wirtsleute auch gleich mit kalten Getränken und deftigem Essen versorgten.

Wimbachgries
Die endlosen Weiten des Wimbachgries

Solchermaßen gestärkt traten wir schweren Herzens irgendwann die letzte Pflichtübung an, nämlich den 8 km langen Rückweg zur Wimbachbrücke. Darüber soll nur so viel gesagt sein: so schön das Wimbachtal auch ist, so sehr zieht es sich am Ende einer solchen Tour…

Toni Wegscheider ist freiberuflicher Biologe und ein intimer Kenner der Berchtesgadener Berg- und Tierwelt. Neben seiner Arbeit als Freilandforscher beim Steinadler-Monitoring des Nationalparks Berchtesgaden ist er auch als Musuemspädagoge im Salzburger Haus der Natur tätig und bietet Natur- und Wildtierführungen an.

3 Kommentare

  • Lisa

    Also ich werde mich bei meiner Überschreitung auf jeden Fall für das Einhängen in die Seilsicherungen mittels „Karabineraktionen“ entscheiden. Das bringt mir ein Plus an Sicherheit. Aber danke für den Bericht!

  • Peter Haehnel

    Schade habe ich doch was versäumt, Heute bin ich zu alt für diese Tour. Interessant und lebhaft geschildert.
    Nun ran und nehmt euch den zweiten höchsten Berg Deutschland an.
    Lg. Grüße und Grüße an meine Heimat aus Helsa bei Kassel.

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