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Eine Hommage an den Herbst!

Der Winter hat nun endgültig in den Berchtesgadener Bergen einzug gehalten. Die Berge sind schneebedeckt und die Hüttensaison ist auch beendet (Carl-von-Stahl Haus im Jennergebiet GANZJÄHRIG geöffnet). Grund genug diesen wirklich wunderschönen und sonnigen Herbst Revue passieren zu lassen! Wir hatten mit diesem Herbst wirklich ein unheimliches Glück, es war zum Großteil trocken und sehr sonnig, warm – aber auch nicht zu warm. Also genau richtig für ausgedehnte Bergtouren.

 

Eines meiner Highlights war die Tour rund um den Königssee. Da ich in Schönau am Königssee wohne, war auch hierfür der Start vor meiner Haustüre. Frühmorgens ging es dann recht einsam und kühl den Hochbahnweg in Richtung Königsbachalm. Schon jetzt sehe ich wie eine dicke Nebelschicht den Königssee überdeckt und nur die steilen Flanken der Berge herausstechen. Mein heutiges Tagesziel: Mittagessen auf der Gotzenalm und dann weiter über das Landtal zur Wasseralm. Dort möchte ich dann übernachten und am nächsten Tag von dort aus über den Halsköpfl, Grün- und Schwarzensee zum Kärlingerhaus und von dort aus dann den Abstieg über die Saugasse nehmen. Auf der Wasseralm habe ich bis dato noch nie übernachtet und auch bin ich noch nie dort gewesen. Allerdings habe ich schon einiges über diese Unterkunftshütte gehört. Sowohl positives als auch negatives. Eine Übernachtungsmöglichkeit, die polarisiert! Aus Erzählungen wusste ich, dass es nur einen Brunnen als Waschgelegenheit und ein Plumpsklo gibt. Mit beidem habe ich kein Problem, dementsprechend dachte ich wird mir das schon zusagen. Schnellen Schrittes ging es dann an der Königsbachalm über den Fußweg zur Gotzental-Alm. Dort verschnaufe ich kurz und mache eine kleine/s und kurze/s Brotzeit/Frühstück.

auf dem Weg zur Gotzen-Alm
auf dem Weg zur Gotzen-Alm

Weiter gehts! Nun geht die Forststraße, die bei Mountainbikern ein beliebtes Ziel ist, in stetig steigenden Kehren aufwärts. Vorbei am Almgebiet der Seeau gehen noch ein paar steigende Kurven hinauf auf das Gotzen-Alm Plataeu. Die letzte Steigung ist die, die am meisten in die Beine geht, sowohl bei Wanderern als auch bei Mountain-Bikern. Oben angekommen erwartet mich ein wunderschönes Almgebiet mit einer Sicht bis zum Hochkönig und dem exponiert darauf gebauten Matrashaus, die markant geschliffene Watzmann-Ostwand und der Blick in das steinerne Meer, wo ich sehnsüchtig hinschaue, da ich mich bei meiner vorherigen Tour unheimlich in diese Region verliebte. Zeitlich war ich recht gut dabei. Von Schönau-Unterstein zur Gotzen-Alm habe ich vier Stunden gebraucht.

das Gotzen-Alm Plateau
das Gotzen-Alm Plateau
eine Russnhalbe auf der Gotzen-Alm
eine Russnhalbe auf der Gotzen-Alm

Nach einem großen Teller leckerer Schinkennudeln geht es dann vorbei am Weidegebiet der Regenalm ins Landtal (Kühe waren zu dem Zeitpunkt nicht mehr oben, da der Almabtrieb schon statt fand).

Alternativ kann man auch die Gotzen-Alm umgehen, so tat ich es eine Woche danach. Dabei einfach bis zur Priesbergalm gehen (Zugang: Parkplatz Hinterbrand oder Jennerbahn-Mittelstation) und von dort einfach der Beschilderung Seeleinsee folgen. Den erreicht man von dort über den sogenannten Stiergraben stetig steigend über Gesteinsmassen in einer bis eineinhalb Stunden. Dieser idyllisch gelegene See lädt natürlich zu einer Menge Fotografien ein. Von dort aus dann nach rechts auf das „Hochgeschirr“ (1949m). Hierbei steigt man über lose Gesteinsbrocken hinauf. Die Landschaft ist bizarr und ganz besonders lohnt sich der Blick zurück, wenn der Seeleinsee wie ein kleiner Tümpel schon fast aussieht und umrahmt wird von steilen Bergflanken. Gut von dort zu erkennen ist der Aufstiegsweg von der Priesbergalm zum Fagstein und Rotspielscheibe. Dann geht es steil abwärts mit einem wunderbaren Blick ins paradiesisch wirkende Landtal und hinaus ins steinerne Meer. Dort ist dann auch die Weggabelung von der man auch von der Gotzen-Alm hinab kommt.

Blick vom Hochgeschirr zum Seeleinsee
Blick vom Hochgeschirr zum Seeleinsee

Im Landtal angekommen geht es dann immer mehr bergab und hinein in den Wald. Ich konnte eine selten Entdeckung machen. Vor mit flatterte ein Alpen-Apollofalter entlang. Auch markant am Weg: die verfallene Landtal-Alm. Faszinierend wie hier früher das Vieh vom Oberssee über den Landtal-Steig hierauf getrieben wurde.
Nachdem es gemütlich im Bergwald bergab ging, kommt man an die Weggabelung wo es dann über den Landtal-Steig in rund einer Stunde 45 Minuten hinab zur Fischunkel-Alm am Obersee geht. Ich gehe geradeaus weiter in Richtung Wasseralm. Bald lichtet sich der Wald und es bieten sich schöne Tiefblicke zum Obersee. Zwischendurch begnen mir seilgesicherte Stellen, die aber gut zu überwinden sind. Allmählich geht es nun wieder bergauf in schmaleren Kehren und man gelangt immer tiefer in den Wald. Hier in diesem Bereich ist es menschenleer und ruhig. Auf einer Lichtung schauen mich dann zwei neugierige Augen an. Eine Gams! Mitten auf dem Weg steht das Tier, doch der Weg bietet nicht genug Platz für uns zwei, so geht die Gams ein Stück bergauf und beobachtet mich eine Zeit lang wie ich ihren vorherigen Standort passiere. Noch ein kleines Stück folgt sie mir oberhalb des Steiges bis es ihr dann doch zu uninteressant wird meine Begleitung zu sein.

treuer Wegbegleiter
treuer Wegbegleiter
treue Wegbegleiter
treue Wegbegleiter

Etwas traurig macht mich eine Gedenktafel an eine verstorbene junge Frau, die an genau einer schmalen Kehre des Steiges ums Leben kam. Ihr Geburtsjahr – dasselbe wie meines. Die Schattenseite des Bergsteigens. Vorbei geht es auch einem Stück Geschichte, nämlich an der Materialseilbahn die zu NS-Zeiten für das Jagdgebiet in der Röth genutzt wurde. Mit Holzkisten wurden anno dazumal Steinböcke aus dem Zoo hierher gebracht, ausgesetzt und gejagt. So kam auch der Steibock wieder zurück in die Berchtesgadener Berge. Ursprünglich ist auch der Steinbock ein Bewohner der Berchtesgadener Berge. Man fand in einer Höhle im Hagengebirge Knochen eines Steinbockes. Diese Knochen stammen aus dem Mittelalter.

Tiefblick zum Obersee
Tiefblick zum Obersee
morgendlicher Tiefblick zum Obersee
morgendlicher Tiefblick zum Obersee

Noch etwas im Wald über den Steig auf- und absteigen und man erreicht bald die Wasseralm. Dort entspingt auch der Röthbach, der steil als Röthbachwasserfall die Steilwände hinunter saust.

 

die Wasseralm
die Wasseralm

Die Wasseralm ist ein schönes Bauwerk. Freundlich werde ich vom Hüttenteam Mitglied Steffi begrüßt. Ein herzlicher und lockerer Empfang. Sie rät mir erstmal sich hinzusetzen, meine Sachen abzulegen und bringt mir was zu trinken. Ein paar andere Bergsteiger sind auch schon da. Schnell kommt man hier ins Gespräch. Hier kommt mir alles viel ungezwungener vor und selbst wenn man hier alleine herkommt, so ist man nicht einsam.

Dann kommt die Wirtin und trägt meine Ankunft ein und fragt ob ich Abendessen und Frühstück möchte. Als Abendessen gibt es nur einen Gemüseeintopf, wahlweise mit oder ohne Würstel. Zum Frühstück gibts entweder Müsli oder Brot zum selbst belegen. Markant kam mir gleich der Dialekt in der Ausdrucksweise von Hüttenwirtin Monika Schnellmoser bekannt vor. Doch ich sagte nichts.

Rasch wurde es kühler und man ging geschlossen in die Stube, es kam Holz in den Ofen und es wurde mollig warm. Jeder kam mit jedem ins Gespräch und jeder war gleich. Denn ob nun Professor oder Verkäuferin, zu Essen gabs für jeden dasselbe. Die Kinder der Hüttenleute waren auch hier auf der Wasseralm zu Gast. Als ich einem der Bergsteiger erzählte, dass ich ursprünglich aus Mannheim komme sagt eines der Kinder, dass seine Mama auch aus Mannheim sei. Schnell sprang ich auf und suchte die Hüttenwirtin. Ich hatte es geahnt, schon der leichte Akzent der Hüttenwirtin entlarvte sie als Mannheimerin. Ich fand sie im Außengelände der Wasseralm und fragte sie, ob sie aus Mannheim sei und sie bejahte dies überrascht und so kamen wir ins Gespräch. In dem Jahr als ich zur Welt kam zog sie von Mannheim nach Berchtesgaden. In all den Jahren wo sie nun hier lebt, traf sie nie jemanden aus dem Rhein-Neckar Dreieck, der genauso wie sie hierherzog. Monika Schnellmoser betreibt nun schon im 16. Jahr die Wasseralm mit ihrem Ehemann. Die Wasseralm kann nur via Hubschrauber versorgt werden.

die Wasseralm
die Wasseralm
Plumpsklo auf der Wasseralm
Plumpsklo auf der Wasseralm

Bald ist auch schon Zeit für die Hüttenruhe. Noch ein kurzer Gang aufs Plumpsklo und Zähne putzen am Trog und es geht ab ins Lager. Es ist eng und kalt. Aber dick eingewickelt, geht das schon. Ganz getreu dem Motto „Wer zuerst schnarcht, gewinnt!“, beginnt auch bald das Schnarchkonzert. Bis zu 40 Personen kann die Wasseralm aufnehmen. Und beide Male als ich dort schlief waren auch alle Schlafplätze vergeben. Ich hatte eines der oberen Betten, wo man durch kleine Kraxelei hoch und runter steigt. Leider musste ich mitten in der Nacht aufs Plumpsklo. Also unauffällig vom Stockbett runterkraxeln, ohne auf den unter mir liegenden zu fallen und dann schnell raus. Draußen war Vollmond, so brauchte ich kein Licht. Das einzigste was vielleicht auch ein bisschen beängstigend wirkte war das laute Röhren von Hirschen in der Brunft. Da ich kein Licht mitnahm konnte ich nicht genau erkennen wie nah die Tiere sind. Wie ich dann am Morgen erfuhr waren die Hirsche direkt vor der Hütte gestanden.

Matratzenlager auf der Wasseralm
Matratzenlager auf der Wasseralm

Einen Wecker braucht man wirklich nicht auf der Wasseralm. Einer steht früh auf und dem morgendlichen Gewusel folgt einer nach dem anderen, wodurch dann alle recht gleichmäßig wach werden. Das Frühstück ist reichhaltig und ausreichend. Erst jetzt wird das Essen und die Getränke des Vortages gezahlt.

 

Zusammengepackt – verabschiedet – und weiter gehts! 7 Stunden soll ich nun laut Wegweiser heute noch vor mir haben. Einen Waldsteig geht es dann oberhalb der Ostflanke des Obersees entlang. Zwischendurch gibt es auch Seilgesicherte Stellen. Der Weg ist matschig und rutschig. Bietet aber oft schöne Tiefblick. Ein Highlight auf dem Weg ist die Aussicht vom Halsköpfl (1719m).

morgendlicher Blick vom Halsköpfl
morgendlicher Blick vom Halsköpfl

Vorbei an den idyllisch gelegenen Schwarzen- und Grünsee geht es dann nochmal die steil die sogenannte „Himmelsleiter“ hinauf. Über mir kann ich das Steinadler-Weibchen kreisen sehen, das mich auf meinen letzten Metern hinauf begleitet.

am Grünsee
am Grünsee

Dann endlich noch eine Kehre und ich bin am Kärlingerhaus angelangt. Hier wird noch eine Brotzeit eingenommen und ein großes Spezi getrunken, bevor es dann an den Abstieg über die Saugasse nach St. Bartholomä geht. Da ich diesen Weg schon X-mal gegangen bin, kenne ich den Weg schon auswendig und bin demenstprechend hier sehr flott bergab unterwegs. Die Saugasse gleicht daher schon einem Spaziergang. Klingt wie Angeberei, aber geht sie mal mehrmals hoch und runter oder auch andere steilere Weg, da ist diese oft als Schlüsselstelle bezeichneter Wegabschnitt wirklich nichts wildes.

in der Saugasse
in der Saugasse
Schrainbachfall
Schrainbachfall

Auf St. Bartholomä angekommen muss ich dann  noch ein bisschen anstehen für das nächste Boot. An der Seelände angekommen steuere ich meinen Lieblings-Bratwürstel Stand an. Der Würstl-Verkäufer frägt mich wo ich denn gegangen bin und ich erzähle ihm von meiner Tour. Kleines lockiges Madl wie ich bin schaut er mich an und fragt: „Was hast du genommen?!“

 

Gruß, eure Ann-Kathrin

Im Winter 2013 verlies ich Familie und Freunde im Südhessischen Viernheim um als Nationalparkmitarbeiterin im Berchtesgadener Land zu leben. Endlich konnte ich meinen Traum wahr werden lassen! Direkt vom Elternhaus rund 600km in die Berge ziehen, was für andere vielleicht ein gewagter Schritt wäre, war für mich das Ende der Sehnsucht. Das Berchtesgadener Land - die Sehnsucht dorthin verspürte ich permanent über Jahre. Ich hörte die Berge nach mir rufen. Bekannt ist mir das Berchtesgadener Land seit ich drei Jahre alt bin, da der beste Freund meines Opas aus Anger ist. So entstand die Verbindung. Mit 24 Jahren gab ich dem Ruf der Berge nach, Koffer gepackt und ab ins Berchtesgadener Land. Ich lebe dort wo ich früher Urlaub machte. Ein lebendiger Traum! Meine Freizeit verbringe ich fast ausschließlich in den Bergen. Nach Feierabend sich an einem sonnigen Tag einfach hinlegen - für mich unmöglich! Ob nun gemütliche Feierabend-Wanderung, Bergwanderung oder Hochtour. Je nach Zeit und Wetterlage mache ich alles. Natürlich fragt man sich mit wem ist denn das "Venema"-Mädel unterwegs? Alleine! Alleine in den Bergen unterwegs zu sein, ist im Kopf vieler zu negativ behaftet. Oft mache ich alleine die interessantesten Begegnungen. Und darum wird es auch in meinen Berichten gehen - Begegnungen am Berg. Mittlerweile bin ich auch in den Printmedien zu finden: "Das Wanderbuch bayerische Hausberge" ISBN-13: 978-3-86246-527-9 Erschienen im Bruckmann Verlag München Auch bei Lesungen der Berchtesgadener Land Autoren bin ich mit dabei. Mehr Infos: http://bgl-autoren.de/

9 Kommentare

  • Steve

    Danke für den tollen Bericht von einer vertrauten Runde!

    Dann werde ich beim nächsten Besuch mal die Ohren nach einem Mannemer-Dialekt offen halten. Ist mir bisher noch nicht aufgefallen und das obwohl ich ja quasi fast aus der Ecke komme, nur etwas weiter nördlich im schönen Hessen. 😉

  • Annelore Nuessleinanne.

    Diese Tour habe ich zum ersten Mal im Jahr 1966 gemacht. Damals war die Wasseralm noch nicht bewirtschaftet. Wir mussten uns erst selbst Holz kleinhacken zum Einschüren. Inzwischen war ich schon 10 mal dort. Meine Enkelkinder habe ich auch schon hingeführt. Danke Ann-Kathrin für deinen wunderschönen Aufsatz. LG Anne.

  • Jürgen

    Ja die Tour habe ich auch vor vielen Jahren bei bestem Wetter mal gemacht. Morgens Eis auf den Steinen aber tagsüber Sonne und beste Fensicht. Im Oktober war es, wohl 1977. Auf der Wasseralm: Mäuse im Bett und morgens war der Brunnen am Haus trocken, wie ein Gast es vorausgesagt hatte. Er hatte es am Abend geschmeckt! Der Weg wurde leider etwas „verbessert“, ich mag es etwas urtümlicher. Im Funtenseehaus waren wir dann zu zweit im Winterraum und am nächsten Tag stieg ich vor dem Abstieg zum See noch allein auf den Viehkogel. Verpflegung? Musste man selbst mitbringen.

  • Petra

    Hallo Ann-Kathrin.

    Ich plane eine 4-Tages Tour für Anfang Juli mit 8 Erwachsenen, nicht zu anstrengend sollte sie sein , am Königssee.
    Hättest du eine Empfehlung?
    Mit 3x übernachten.
    Glg Petra

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