das exponierte Reichenhaller Haus
Berge

Das erste Mal auf dem Hochstaufen

Blick zum Hochstaufen von der Saalach
Blick zum Hochstaufen von der Saalach

Schon als kleines Kind habe ich zu ihm hinauf geschaut und schon in den Kindesbeinen den Wunsch gehabt ihn zu erklimmen – den Hochstaufen! Er war der Hausberg meines Opas und seines besten Freundes. Jedes Mal wenn die Beiden aufbrachen, so wollte ich mich anschließen. Doch jedes Mal fiel das Argument, ich sei noch zu klein. In den Urlauben mit meiner Familie zu Kindesbeinen war der Hochstaufen für mich immer omnipräsent. Schon letzten Sommer wollte ich eine Tour auf diesen felsdurchzogenen Berg starten, doch ich war zuviel mit Touren, die vor meiner Haustüre starten, beschäftigt.

das exponierte Reichenhaller Haus
das exponierte Reichenhaller Haus

Also war es nun Anfang Mai endlich soweit. Das Wetter sollte insofern stabil bleiben und die Zugverbindung ist herausgesucht. Alles ist bereit für meine erste Bergtour zum Hochstaufen! Von Berchtesgaden fahre ich mit der Berchtesgadener Land Bahn (kurz: BLB) bis Bad Reichenhall-Kirchberg. Von dort aus starte ich entlang der Saalach Richtung Nonn. Bald erblicke ich auch gelbe Wegeschilder mit der Aufschrift Hochstaufen über Padinger Alm 4 Stunden. Nun geht es über das Nonner Unterland zur Padinger-Alm. Den Weg kenne ich dunkel aus Kindertagen. Am Parkplatz bei der Padinger-Alm angekommen ist schon ziemlich viel los. Wanderer und Bergsteiger machen sich bereit, während ich schon ziemlich warm gelaufen und verschwitzt bin.

Zuerst geht es wurzeldurchzogen den Wald hinauf. Bald erreicht man die Baumgrenze, ab hier werden Geröllfelder und große Steine überstiegen. Das Besondere ist nun was sich nach verlassen des Waldes auftut: Die Aussicht! Ein ganz neuer Blickwinkel auf die Berchtesgadener Berge, Bad Reichenhall, das sich wie in 2 Hälften durch die Saalach geteilt vor dem Wanderer/Bergsteiger darbietet.

die wohl am Schönsten gelegene Aussichtsbank
die wohl am Schönsten gelegene Aussichtsbank

Vor meiner Tour zum Hochstaufen habe ich ein paar Berichte im Internet gelesen, denn ich wollte schon in etwa wissen was da auf mich zukommt. Die meisten der Berichte bezeichneten die Tour über die Bartlmahd als sehr einfache Wanderung, allerdings wurde ich bei den Formulierungen „steil, exponiert und einen Bergkamm überqueren“ hellhörig. Viele Wanderberichte sind vor allem im Internet oft so beschrieben, dass der noch nicht erfahrene Wanderer leicht mal „in die Falle tappen“ könnte. So klangen die Berichte für mich über den Hochstaufen wie ein besserer Spaziergang. Weit gefehlt! Der Aufstiegsweg wird immer schmaler, sehr felsdurchsetzt und vor allen Dingen besteht ständig eine Absturzgefahr. Vor allem Personen, die Probleme mit der Schwindelfreiheit haben oder leichte Höhenangst, rate ich davon ab. Jeder erfahrene Wanderer und Bergsteiger, der sich auch alpinen Gefahren bewusst ist, wird mit dieser Tour zum Hochstaufen keinerlei Probleme haben und einen tollen Tag verbringen!

'do geht's auffi'
‚do geht’s auffi‘

Der Aufstiegsweg zieht sich in die Länge, ich hatte mir das wirklich kürzer vorgestellt. Natürlich es standen am Parkplatz bei der Padinger-Alm 2,5 bis 3 Stunden ausgeschrieben, aber oft machte ich die Erfahrung, dass diese Zeiten großzügig bemessen sind. Die Aussichten sind einfach grandios! Schritt für Schritt auf das Haupt dieses Berges wird mir bewusst, warum für viele dieser Berg einer ihrer Lieblingberge ist. Bald schon finde ich mich auf einem Bergkamm wieder. Rechts geht es nach Bad Reichenhall runter und links Tiefblicke zur Steiner-Alm und Anger/Höglwörth.

auf dem Kamm zum Hochstaufen
auf dem Kamm zum Hochstaufen

Nach der Überquerung des Kammes, wechselt man wieder zur Seite mit dem Tiefblick nach Bad Reichenhall. An einer Engstelle kommt mir eine Bundeswehrgruppe entgegen. Da der Steig zu schmal für zwei ist, stelle ich mich zur Seite und lasse die Gruppe vorbeiziehen. Ein älterer Herr hinter mir hatte nicht diese Geduld und stieg der Gruppe entgegen. Als Quittung dafür rutschte er aus, aber zog sich glücklicherweise nur Schürfwunden zu. Als ich weiter hochsteige fällt mir auf, dass hier keine Kinder unterwegs sind. Keine Familien, keine Großeltern mit ihren Enkeln.

Meine Geduld lässt allerdings auch langsam zu Wünschen übrig. Ich möchte endlich was leckeres im Reichenhaller Haus essen. Fast die ganze Zeit kann man sein Ziel nicht sehen. Erst als es nochmal um die Kurve geht, sieht man wie das Reichenhaller Haus vor einem steht. Die letzten Kehren nochmal hochsteigen und man hat es geschafft. Klein ist es, aber wirklich beeindruckend wie es eins mit dem Fels wurde. Beim Blick Richtung Gipfel sieht man auch schon das Kreuz, der Gipfel ist in nicht einmal fünf Minuten erreicht.

Doch zuerst Sonnenbad und Essen am Reichenhaller Haus. Eine leckere Leberknödelsuppe soll es sein. Als ich in der Hütte sehe, dass auch T-Shirts mit Aufdruck der „Stoanan Jaga“ (Es waren einmal zwei Jäger, die dort zu Stein verwandelt wurden. Anstatt zur Andacht zu gehen, verhöhnen sie die Gläubigen, als sie die Glocke aus dem Tal hören. Doch als die beiden versuchen, einen Gamsbock zu schießen, verwandelt sich dieser in den leibhaften Teufel. Die Jäger versuchen zu fliehen, doch als Nebel aufzieht, hört man nur noch einen erstickten Schrei. Als sich der Nebel verzogen hat, sieht man die beiden Jäger, die zu Stein erstarrt nun auf ewig an den Platz ihrer Frevelei gebunden sind) und „Reichenhaller Haus“ verkauft werden, spreche ich die Wirtin an, ob Sie denn noch solche haben. Selbstverständlich! Sie bringt mir ein schwarzes, welches ich anprobiere und natürlich kaufe. So kommen wir ins Gespräch und ich erzähle ihr die Geschichte von meinem Opa und seinem Spezl und welche Faszination schon als Kind für mich von diesem Berg ausging. Eine sehr liebe und geschätzt junge Wirtin lebt hier oben.

Reichenhaller Haus
Reichenhaller Haus
Reichenhaller Haus
Reichenhaller Haus
Kapelle am Reichenhaller Haus
Kapelle am Reichenhaller Haus

Erst am Nachmittag möchte ich zum Gipfel und möglichst mit wenigen Personen oben zu sein. In der Zwischenzeit unterhalte ich mich mit einem netten älteren Ehepaar. Der Mann ist trotz Krankheit heute zum Reichenhaller Haus aufgestiegen und seine Ehefrau war unheimlich stolz auf ihren Mann, der das mit Bravour meisterte.

Nun wird es auch für mich an die Zeit hinauf zum Gipfel zu gehen. Ein kleines Steiglein führt in kürzester Zeit zum Gipfel. Dieser ist allerdings breiter als erwartet. Oben angekommen habe ich tatsächlich den Gipfel für mich alleine. Himmlisch! Dieses Wort reicht um zu beschreiben, was ich hier oben fühle. Endlich wurde mein Kindheitstraum wahr. Ich schaue nach Anger, wo ich als kleines Mädchen vom Dorfplatz aus fasziniert zum Hochstaufen schaue und nun endlich als junge Frau stehte ich hier oben! Gleich werden noch die Eltern angerufen um Ihnen zu erzählen wo ich gerade bin.

Ausblick vom Gipfel
Ausblick vom Gipfel
am Gipfelkreuz
am Gipfelkreuz

Einen Nachteil hat das Alleinesein am Gipfel: Niemand kann ein Erinnerungsfoto schießen. Also muss auf die Schnelle ein Stein, von dem meine Kamera nicht runter fällt und der Selbstauslöser herhalten. Nicht gerade die beste Aufnahme von mir, aber ich habe ein Erinnerungsfoto von mir und dem Gipfelkreuz des Hochstaufens.

Als dann die ersten Bergsteiger wieder zum Gipfel kamen, ging ich wieder und nahm Abschied von dieser wunderbaren Szenerie. Für den Abstieg nutze ich wieder den Weg über die Bartlmahd.

das exponierte Reichenhaller Haus
das exponierte Reichenhaller Haus

Wenige Meter vom Reichenhaller Haus entfernt fällt mir ein Kreuz auf, das an einen hier verunglückten Bergsteiger erinnert.

Gedenktext zum Nachdenken
Gedenktext zum Nachdenken

Der Text berührt mich sehr! Darauf ist zu lesen:

Wo alles so einfach wird in den Bergen.
Die Ziele selbstverständlich und klar.
Dort ist der Berg und hier bin ich.
Zwischen Morgen und Abend liegt die Entscheidung.

Insgesamt habe ich von der BLB-Haltestelle Bad Reichenhall-Kirchberg bis zum Reichenhaller Haus vier Stunden mit Pausen gebraucht.

Hier der Link zur Homepage des Reichenhaller Hauses: www.dav-badreichenhall.de/huetten/staufenhaus

Steinige Grüße, eure Ann-Kathrin

Im Winter 2013 verlies ich Familie und Freunde im Südhessischen Viernheim um als Nationalparkmitarbeiterin im Berchtesgadener Land zu leben. Endlich konnte ich meinen Traum wahr werden lassen! Direkt vom Elternhaus rund 600km in die Berge ziehen, was für andere vielleicht ein gewagter Schritt wäre, war für mich das Ende der Sehnsucht. Das Berchtesgadener Land - die Sehnsucht dorthin verspürte ich permanent über Jahre. Ich hörte die Berge nach mir rufen. Bekannt ist mir das Berchtesgadener Land seit ich drei Jahre alt bin, da der beste Freund meines Opas aus Anger ist. So entstand die Verbindung. Mit 24 Jahren gab ich dem Ruf der Berge nach, Koffer gepackt und ab ins Berchtesgadener Land. Ich lebe dort wo ich früher Urlaub machte. Ein lebendiger Traum! Meine Freizeit verbringe ich fast ausschließlich in den Bergen. Nach Feierabend sich an einem sonnigen Tag einfach hinlegen - für mich unmöglich! Ob nun gemütliche Feierabend-Wanderung, Bergwanderung oder Hochtour. Je nach Zeit und Wetterlage mache ich alles. Natürlich fragt man sich mit wem ist denn das "Venema"-Mädel unterwegs? Alleine! Alleine in den Bergen unterwegs zu sein, ist im Kopf vieler zu negativ behaftet. Oft mache ich alleine die interessantesten Begegnungen. Und darum wird es auch in meinen Berichten gehen - Begegnungen am Berg. Mittlerweile bin ich auch in den Printmedien zu finden: "Das Wanderbuch bayerische Hausberge" ISBN-13: 978-3-86246-527-9 Erschienen im Bruckmann Verlag München Auch bei Lesungen der Berchtesgadener Land Autoren bin ich mit dabei. Mehr Infos: http://bgl-autoren.de/

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