Selbstauslöser am Gipfelkreuz
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Den TrailrunnerInnen auf der Spur am Dötzenkopf

Dötzenkopf
Dötzenkopf

Kaum noch ein Berg wo man sie nicht sieht: TrailrunnerInnen. Immer schnell unterwegs, möglichst Leichtgepäck und dazu die moderne bunte Kleidung. Athleten, die über die Steine und Wurzeln im Gebirge schon fast fliegen. Wie soll man das finden? Ist unsere Schnellebigkeit nun auch in den Bergen angekommen? ‚Joggt‘ man nur auf den Berg, da im Alltag zu wenig Zeit für ein Naturerlebnis ist?

Meinen ersten Trailrun machte ich letzten Sommer. Damals war ein nahendes Gewitter der Grund. Ich war mit meiner Mutter am Kärlingerhaus und wollte noch unbedingt zum Feldkogel, also blieb mir nichts anderes übrig als hoch und runter zu joggen. Innerhalb von weniger als 45 Minuten war ich dann wieder zurück am Kärlingerhaus inklusiv der verwirrten Blicke der Wanderer, als das Mädchen mit dem flammenden Haar ohne Gepäck an ihnen vorbei joggt. Als ich wieder am Kärlingerhaus ankam, prasselte wie auf Kommando der Regen runter. Das Gefühl, das mich nach dem Run überkam war schön: Ich fühlte mich unheimlich stark, ich merkte, dass mein Körper noch zu viel mehr in der Lage ist, als ich mir dachte. Und so kam ich zum Trailrunning.

Man sagte mir mal, man solle beim Trailrunning immer mit dem Bergauflaufen beginnen und sich dann so höher steigern. Das war mir oft doch zu anstrengend und so wurden es immer nur downhills.

Heute war es soweit, ich möchte eine Strecke durchgängig mit Verschnaufpausen bergauf joggen – und das bei der derzeitigen Hitzewelle über 30 Grad. Als heutiges Ziel wird es kein geringerer Berg als der Dötzenkopf werden. Zu Berühmtheit gelang dieser 1000er im Lattengebirge durch das sogenannte Dötzenkopf Skyrace. Anfang des Jahres traf sich dort die Elite des Trailrunnings um sich in den verschiedensten Kategorien zu messen, vom schnellsten Lauf bis zu den meisten Läufen hintereinander. Das Ganze entstand durch die sozialen Medien und mithilfe der Uhren mit Zeit- und Höhenmetermessung wurde der eigene Erfolg gepostet in den sozialen Medien.

So mancher würde die TrailrunnerInnen für verrückt halten, aber ich denke, das sind einfach Sportler, die auch gerne in der Natur sind und solange man auch auf den Wegen bleibt stört man niemanden.

Startpunkt für ein Trailrun auf den Spuren der TrailrunnerInnen des Skyraces ist der Wanderparkplatz in Bayerisch Gmain. Das Wanderzentrum ist aber auch für Berggeher, die den ÖPNV nutzen gut erreichbar. Vom Bahnhof in Bayerisch Gmain sind es nur 10 Gehminuten.

Wanderzentrum Bayrisch Gmain
Wanderzentrum Bayrisch Gmain

Schon eine Woche zuvor war ich am Dötzenkopf, allerdings in normalem Wandertempo. So war mir die Strecke schon bekannt. Ich schaue mir die Wegeschilder genauer an und mir fällt auf, dass nur schwere und sehr schwere Bergwege von hier aus starten. Somit der perfekte Startpunkt für alle erfahrenen Berggeher. Auch hier im Wald steht die Luft. Die Dusche heute war unnötig, ich bin jetzt schon total verschwitzt. Was solls. Noch einmal einen kräftigen Schluck Wasser getrunken und los geht’s.

Zuerst gehe ich das kleine Stück Forstweg im Nordic Walking-Schritt. Von 0 auf 100 bei den Temparaturen, da macht der Kreilauf nicht mit. Schon bald kommt die Abzweigung nach rechts und man geht über das Bachbett der Wappach. Ein sehr schönes Fleckchen, das zu einer Erfrischung an heißen Tagen einlädt. Nun ist der Weg ein Steig und man geht stetig bergauf über Wurzeln und Treppen. Der „kleine“ Berg hat es ganz schön in sich. Gerade mal 2 Kilometer misst der Steig hinauf bei dem über 400 Höhenmeter überwunden werden müssen. Dementsprechend fühlen sich schon schnell meine Beine an. Wie als hätte ich Gewichte an meinen Beinen hängen, sage ich meinen Kopf, dass ich meine Füße heben muss. Immer schneller. Mein Herz pocht wie wild. Der Schweiß läuft, keine Funktionskleidung, kein Stirnband kann mir noch helfen. Ich bin nass wie frisch aus der Dusche.

stetig bergauf über Wurzeln
stetig bergauf über Wurzeln

Schwitzen und schnaufen – so geht das die ganze Zeit. Da ich den Weg schon kenne, weiß ich auch immer ganz genau wo ich mich gerade befinde. Schnell ist die Abzweigung zum Wappachkopf passiert. Es geht weiter und weiter und es wird nicht mal ein wenig gerade, immer nur bergauf schlängelt sich der Steig. Ich muss stehen bleiben. Atmen, auf eine leichte Brise hoffen und trinken, trinken, trinken. Ich schaue nicht auf die Uhr, denn bei dem Wetter wird das keine ruhmreiche Zeit. Wie als würde eine Hitzewand gegen mich drücken, laufe ich dagegen an. Hier im Wald steht die Luft genauso wie im Tal. Sobald die Sonne auf meine Haut kam, fühlte es sich an als sei ich ein Vampir, der gleich in der Sonne verbrennt. Weiter weiter weiter….

Mein Schnaufen wird immer lauter, will gar nicht wissen wie ich aussehe…

Endlich, diese Bank kenne ich, nur noch wenige Kehren und ich habe es geschafft. Meine Brotzeit und mein noch hoffentlich kalter Schokodrink im Rucksack motivieren mich. Und dann endlich, Mutterseelenalleine am Gipfel des Dötzenkopf. Schnaufen, schnaufen, schnaufen. Kann mich nicht gleich hinsetzen, will meinen Schokodrink. Kurzer Blick auf die Uhr: Das kann nicht sein. 30 Minuten.

Wieder meinem Schokodrink gewidmet. Innerhalb von 2 Minuten einen halben Liter Schokomilch getrunken. Ohje. Meine Brotzeit widert mich an, genauso wie mein mittlerweile warm gewordenes Wasser. Ich setzte mich auf die Bank und es fühlt sich an als seien die Holzbalken der Bank wie der Gitterrost eines Grills. Nochmals auf die Uhr schauen. Ich habe tatsächlich nur 30 Minuten gebraucht!!! Ich bin stolz. Habe zuvor die Zeiten der Skyrace Challenge Teilnehmer angeschaut und da brauchte die schnellste Frau knapp 20 Minuten. 10 Minuten, die zu unterbieten sind und ich fange gerade erst an.

das Gipfelkreuz auf dem Dötzenkopf
das Gipfelkreuz auf dem Dötzenkopf

Überrascht bin ich, dass mein Kreislauf so gut durchhält. Viel trinken und auch das Essen nicht vergessen können eben helfen. Selbstverständlich muss ich ein Gipfelfoto machen, ist gerade niemand hier der mich fotografieren könnte, also gilt wieder das Selbstauslöserprinzip.

Selbstauslöser am Gipfelkreuz
Selbstauslöser am Gipfelkreuz

Sofort wieder runterjoggen vom Dötzenkopf kann ich nicht. Viel zu schön hier oben. Beim Blick hinter das Gipfelreuz sieht man wie sich wilde, schmale Pfade die Berge des Lattengebirges hinaufziehen. Man blickt zum Zwiesel, Hochstaufen, Predigtstuhl und man kann sogar mit bloßem Auge das Stöhrhaus am Untersberg erkennen.

Nach vielen Fotos, umschauen und Brotzeit geht es wieder runter. Hier am Gipfel ging leider nicht wie erhofft ein kleines Lüftchen, auch hier steht die Hitze. Runterjoggen geht immer leichter als hoch. Wenn ich mir vorstelle, dass beispielsweise Philipp Reiter in 08:18 Minuten absteigt, dann bin ich nur platt! Oder Steve Auch, der 15 Mal in einem Tag den Dötzenkopf hoch und runterjoggte. Klar, mit solchen Größen kann ich mich als Anfänger nicht vergleichen. Das war nun der 2. Lauf den ich bergauf wagte. Dafür sind 30 Minuten gar nicht so schlecht. Und wer weiß, wenn ich am Ball bleibe und es nächtes Jahr wieder das Dötzenkopf Skyrace geben wird, dann werde ich angreifen! Beim runterjoggen, hätte ich beinah mitten auf dem Steig diesen kleinen Bergwaldbewohner übersehen: eine Erdkröte. Das Fotografieren frisst natürlich Zeit, was mit egal ist. Schon putzig der/die Kleine.

beinah übersehen: eine Erdkröte
beinah übersehen: eine Erdkröte

So, nun eine neue Erfahrung gemacht. Der Dötzenkopf ist wirklich ein wunderschöner Berg und dieser kann sich wirklich zu einem meiner Lieblingsplätze entpuppen! Auch die anderen Steige, die vom Wanderzentrum in Bayerisch Gmain starten klingen interessant und vielversprechend. Definitiv werde ich dort weitere wilde Wege entdecken.

Eure Ann-Kathrin

Im Winter 2013 verlies ich Familie und Freunde im Südhessischen Viernheim um als Nationalparkmitarbeiterin im Berchtesgadener Land zu leben. Endlich konnte ich meinen Traum wahr werden lassen! Direkt vom Elternhaus rund 600km in die Berge ziehen, was für andere vielleicht ein gewagter Schritt wäre, war für mich das Ende der Sehnsucht. Das Berchtesgadener Land - die Sehnsucht dorthin verspürte ich permanent über Jahre. Ich hörte die Berge nach mir rufen. Bekannt ist mir das Berchtesgadener Land seit ich drei Jahre alt bin, da der beste Freund meines Opas aus Anger ist. So entstand die Verbindung. Mit 24 Jahren gab ich dem Ruf der Berge nach, Koffer gepackt und ab ins Berchtesgadener Land. Ich lebe dort wo ich früher Urlaub machte. Ein lebendiger Traum! Meine Freizeit verbringe ich fast ausschließlich in den Bergen. Nach Feierabend sich an einem sonnigen Tag einfach hinlegen - für mich unmöglich! Ob nun gemütliche Feierabend-Wanderung, Bergwanderung oder Hochtour. Je nach Zeit und Wetterlage mache ich alles. Natürlich fragt man sich mit wem ist denn das "Venema"-Mädel unterwegs? Alleine! Alleine in den Bergen unterwegs zu sein, ist im Kopf vieler zu negativ behaftet. Oft mache ich alleine die interessantesten Begegnungen. Und darum wird es auch in meinen Berichten gehen - Begegnungen am Berg. Mittlerweile bin ich auch in den Printmedien zu finden: "Das Wanderbuch bayerische Hausberge" ISBN-13: 978-3-86246-527-9 Erschienen im Bruckmann Verlag München Auch bei Lesungen der Berchtesgadener Land Autoren bin ich mit dabei. Mehr Infos: http://bgl-autoren.de/

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