Berge

Sonnenuntergang am Watzmann-Hocheck – Magische Momente

Magischer Moment am Hocheck, die Sonne geht hinter dem Hochkalter unter
Magischer Moment am Hocheck, die Sonne geht hinter dem Hochkalter unter.

Magische Momente

Es sind diese magischen Momente, die mich immer wieder in die Berge ziehen. Oft auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten. Für mich gibt es kaum berührendere Momente als ein Sonnenauf- oder -untergang auf einem hohen Gipfel. Wenn es im Tal schon (oder noch) dunkel ist und man oben von den letzten oder ersten Sonnenstrahlen des Tages gewärmt wird. Wenn man die Ruhe am Gipfel genießen kann und die Bergwelt rund um einen herum die unwirklichsten Farben annimmt. Wenn Mond und Sonne am Himmel gleichzeitig um die Wette strahlen und die Natur langsam aufwacht oder sich schlafen legt. Wenn man für ein paar Stunden denkt, man hätte die Welt für sich alleine…für mich das ultimative Naturerlebnis!

Als Schauplatz für solch ein magisches Naturerlebnis hatte ich mir am letzten Sonntag das Watzmann-Hocheck (2651m), den nördlichsten und niedrigsten der drei Watzmann-Gipfel, ausgesucht. Ich hoffte, dass der, für das Berchtesgadener Land vom Wetterbericht angekündigte, strahlende Sonnenschein bis zum Sonnenuntergang halten würde und die abendlichen Hitzegewitter sich der Vorhersage entsprechend lediglich über dem Alpenhauptkamm bilden würden. Die Wetterseiten waren sich nicht ganz einig darüber, es blieb bis zum Ende ein spannender Balanceakt am Himmel…

Vom Königssee über den Rinnkendlsteig zur Kührointhütte

Früh morgens ging es mit dem Boot über den Königssee nach St. Bartholomä, wo ich den, den offiziellen Angaben nach zusammengerechnet 8-stündigen Gewaltmarsch zum Hocheck startete. Neben des nötigen frühen Starts empfiehlt es sich aus zwei weiteren Gründen unbedingt das erste Boot zu nehmen. Erstens ist die Lichtstimmung auf dem Königssee morgens besonders schön und zweitens kann man so noch die Ruhe vor dem täglichen Touristensturm in St. Bartholomä genießen.

Überfahrt auf dem Königssee nach St. Bartholomä
Morgendliche Überfahrt auf dem Königssee nach St. Bartholomä.
Das Berchtesgadener Postkartenmotiv: St. Bartholomä vor der himmelhohen Watzmann-Ostwand
Das Berchtesgadener Postkartenmotiv: St. Bartholomä vor der himmelhohen Watzmann-Ostwand.

Anleger St. Bartholomä
Ruhe vor dem Sturm am St. Bartholomä-Anleger.
Längst hat das Berchtesgadener Land mein Bergsteigerherz erobert
Längst hat das Berchtesgadener Land mein Bergsteigerherz erobert.

Der erste Wegabschnitt führte mich von St. Bartholomä über den Rinnkendlsteig zur Kührointhütte. Der wunderschön angelegte, steile, stellenweise schmale und ausgesetzte Weg, über den Lisa bereits ausführlich berichtet hat, führt mit Seilen gesichert und mittels Eisentritten und Treppen entschärft hoch über dem Königssee entlang. Der fast dschungelartige Bergwald wird immer lichter, die Felsstellen immer häufiger und die Tiefblicke auf den See immer beeindruckender. Trittsicher und schwindelfrei sollte man sein! Am Ende des Steiges sollte man den kurzen Abstecher zur Archenkanzel unbedingt noch mitnehmen, um den tollen Blick über den See zu genießen.

Blick vom Rinnkendlsteig zurück auf St. Bartholomä
Blick vom Rinnkendlsteig zurück auf St. Bartholomä.
Blick von der Archenkanzel über den Königssee bis ins Steinerne Meer
Blick von der Archenkanzel über den Königssee bis ins Steinerne Meer.

An der Kührointhütte angekommen, genehmige ich mir ein ausführliches zweites Frühstück/erstes Mittagessen. Schon jetzt gehört die Kührointhütte mit ihrem leckeren Speiseangebot, der lieblichen Ansammlung von Almhütten, dem Blick über die weite Almfläche zum Watzmann und dem freundlichen Personal zu meinen Lieblingseinkehrmöglichkeiten in der Gegend, die ich sicher noch häufiger aufsuchen werde.

Blick von der Kührointhütte zum Watzmannmassiv. Das Hocheck ist am Beginn des langen Grates bereits zu erkennen, ganz rechts das Watzmannhaus.
Blick von der Kührointhütte zum Watzmannmassiv. Das Hocheck ist am Beginn des langen Grates bereits zu erkennen,  rechts auf dem begrünten Rücken das Watzmannhaus.

Von der Kührointhütte zum Watzmannhaus

Von der Kührointhütte (1420m) geht es auf dem zweiten Abschnitt des Tages über den Falzsteig zum Watzmannhaus (1928m). Der Falzsteig verläuft zunächst nahezu eben durch den Wald unter dem Watzmannkar um dann über eine gesicherte Felsstufe zu einer Wegkreuzung oberhalb der Falzalm anzusteigen. Dort wartet der steile und serpentinenhafte Schlussanstieg über einen vegetationsreichen Hang zum Watzmannhaus. Dieser Wegabschnitt wurde hier bereits ausführlich von Christian beschrieben.

Da es noch lange dauert bis die Sonne am Hocheck untergehen wird und der Anstieg in der Mittagshitze sicher nicht die spaßigste Angelegenheit wäre, lege ich auf deiner Bergwiese  am Watzmannhaus eine lange Pause ein. Ich beobachte die unterschiedlichen Gruppen, die bereits den langen Rücken vom Hocheck zum Watzmannhaus herunterkommen. Ein bunter Mix aus Bergsteigern, die die lange Watzmannüberschreitung hinter sich gebracht haben, Berggängern, die auf der Hütte übernachtet haben und zum Hocheck aufgestiegen sind, Wanderern, denen die Hütte als Tagesziel genügt hat, Trailrunnern oder gar Ostwandbezwingern, findet sich hier ein.

Siesta beim Watzmannhaus mit Blick auf den Hohen Göll, wo ich letzte Woche noch unterwegs war
Siesta beim Watzmannhaus mit Blick auf den Hohen Göll, wo ich letzte Woche noch unterwegs war.

Vom Watzmannhaus auf das Hocheck

Am frühen Nachmittag geht es dann den langen, Karst- und Schuttrücken zum Hocheck hinauf. Immer noch knallt die Sonne vom wolkenlosen Himmel hinab, der Schweiß und die Sonnencreme fließt. Der Aufstieg hält keine besonderen Schwierigkeiten bereit und ist von jedem trittsicheren und ausdauernden Bergsteiger zu schaffen. Einige Gesicherte Stellen verleihen der teilweise unübersichtlichen Wegführung (durch die Scharen an Watzmannbezwingern haben sich mittlerweile einige Nebenstrecken gebildet) eine gewisse Würze.

Rückblick zum Watzmannhaus, das hoch über dem Berchtesgadener Talkessel thront
Rückblick zum Watzmannhaus, das hoch über dem Berchtesgadener Talkessel thront.

Als der Anstieg gerade drohte etwas monoton zu werden, wurde ich von einer besonderen tierischen Begegnung überrascht. Von so nah aus konnte ich bisher noch nie einen Steinbock beobachten, hätte ich gefragt, hätte der freundliche Geselle mich vielleicht sogar auf seinem Rücken die letzten Meter zum Hocheck hochreiten lassen…Was für ein mächtiges und anmutiges Tier!

Steinbock Watzmann Steinbock Watzmann1 Steinbock Watzmann2

Nach ausgiebiger Beobachtungspause erreichte ich nach letztendlich 5,5 Std. reiner Gehzeit gegen 17 Uhr den Gipfel. Ich genoss erstmal das super Panorama was sich mir bot, inspizierte die Unterstandshütte und kundschaftete den Weiterweg zur Mittelspitze aus. Die Watzmann-Überschreitung ist das große Ziel für diesen Sommer! Ein paar Bergsteiger konnte ich zu so später Stunde noch von der Mittelspitze abkletternd beobachten. Das zeigt, welch lange Unternehmung die Gratüberschreitung ist. Was macht man wenn man  vier Stunden am Gipfel auf den Sonnenuntergang wartet? Richtig, den Ausblick genießen und  auf Fotos festhalten…

Blick vom Hocheck über Königs- und Obersee bis zum Hochkönig
Blick vom Hocheck über Königs- und Obersee über das Steinerne Meer bis zum Hochkönig.
Weiterweg vom Hocheck zur Mittelspitze
Weiterweg vom Hocheck zur Mittelspitze.
Die Chiemgauer Alpen - Bergkette reiht sich an Bergkette
Die Chiemgauer Alpen – Bergkette reiht sich an Bergkette.
Blick über das Gipfelkreuz runter nach Berchtesgaden
Blick über das Gipfelkreuz und den Aufstiegsrücken runter nach Berchtesgaden.
Noch sehen die Wolken über der Mittelspitze harmlos aus...
Noch sehen die Wolken über der Mittelspitze harmlos aus…

Gewittershow und Sonnenuntergang am Gipfel

In der Folge richtete sich mein Blick von den Bergen immer mehr gen Himmel, der sich besonders über den Hohen Tauern im Süden bedrohlich verdunkelte. Respekt einflößend türmten sich gigantische Gewitterwolken über dem Hauptkamm auf und walzten sich ganz langsam am Himmel entlang Richtung Norden. Das Donnergrollen kam etwas näher, erste Blitze waren aus sicherer Entfernung auszumachen und Regenbänder zogen von den Wolken herab, ein wahres Spektakel bot sich am Himmel. Bleiben oder absteigen war nun die Frage…. Wie von einer unsichtbaren Hand wurden die Gewitterwolken davon abgehalten, über das Steinerne Meer hinweg zu kommen und bewegten sich nicht vom Fleck. Oder war es die gebieterische Aura des Königs Watzmann der das Berchtesgadener Land wie ein Wetterwächter beschütze und die Gewitterwolken vor den Toren seines Reiches in ihre kümmerliche Reste zusammensacken ließ?

Bedrohliche Wolkentürme bilden sich am Hauptkamm
….Das sollte sich bald ändern. Bedrohliche Wolkentürme bilden sich am Hauptkamm und machen sich auf den Weg Richtung Norden.
Eine gewaltige Gewitterzelle staut sich an der unsichtbaren mauer über dem Steinernen Meer auf
Eine gewaltige Gewitterzelle staut sich an der unsichtbaren Mauer über dem Steinernen Meer auf.
Gewitterstimmung über den Leoganger Steinbergen
Gewitterstimmung über den Leoganger Steinbergen.
Die Mittelspitze ragt in den gigantischen Gewitterturm
König Watzmann bietet dem gewaltigen Gewitterturm die Stirn.

In Gesellschaft eines freundlichen Bergsteigers, der die Nacht in der Unterstandshütte verbringen würde, blieb ich…Und bis zum Sonnenuntergang durchbrachen nur einige harmlose dunkle Wolkenfetzen die unsichtbare Grenze über dem Steinernen Meer und zauberten eine bedrohliche Sonnenuntergangsstimmung an den Himmel.

Einige dunkle Wolkenfetzen schafften es über den Hochkalter ins Berchtesgadener Land
Einige dunkle Wolkenfetzen schafften es über dem Hochkalter ins Berchtesgadener Land.
Gewitterreste schieben sich vor die Sonne
Gewitterreste schieben sich vor die Sonne.

Es folgte einer der schönsten Sonnenuntergänge, die ich bisher gesehen habe. Langsam wandert die Sonne gen Horizont und versinkt am Ende in der Wolkenschicht über dem Chiemsee. In dem Moment denke ich gar nicht an den langen Abstieg, der mir durch die Dunkelheit noch bevor steht und genieße einfach das Naturschauspiel am Himmel:

dramatische Sonnenuntergangsstimmung über dem Hochkalter
Dramatische Wolkenstimmung über dem Hochkalter.

Watzmann Sonnenuntergang

Sonnenuntergang Watzmann 1
Die Sonne nähert sich dem glitzernden Chiemsee am rechten Bildrand an.
Sonnenuntergang Watzmann Unterstandshütte
Der Mond taucht sichelförmig über der Unterstandshütte am Hocheck-Gipfel auf.
Sonnenuntergang Watzmann3
Die letzten Sonnenstrahlen des Tages berühren das Berchtesgadener Land…
Sonnenuntergang Watzmann 4
…und tauchen die Gipfel in ein leuchtendes Rot.
Sonnenuntergang Watzmann 5
Das Auge Saurons im Berchtesgadener Land?
Sonnenuntergang Watzmann 2
Gute Nacht, Berchtesgadener Land…

Nachdem die Sonne verschwunden ist, verabschiede ich mich von dem netten Berggefährten, beneide ihn darum, dass er am nächsten Tag die Überschreitung in Angriff nehmen würde und mache mich um etwa 21.15 Uhr auf den Abstieg zum Watzmannhaus. Auf den hellen Karstfelsen ist das in der Dämmerung kein Problem, der holprige Untergrund verlangt aber dennoch meine volle Aufmerksamkeit. Kurz vor dem Watzmannhaus wird es dann endgültig dunkel und ich bin froh um das Licht meiner Stirnlampe. Am nächsten Tag ruft das Büro, weshalb eine Übernachtung auf einer der Hütten am Weg nicht möglich war. Die Wasserreserven werden im Watzmannhaus gerade so vor Thekenschluss nochmal aufgefüllt und begleitet vom Wetterleuchten über dem Alpenvorland geht es hinab zur Kührointhütte.

Kurz nach der Hütte nähert sich erneut Donnergrollen und wilde Blitze erhellen den Nachthimmel im Westen. Ich entschließe mich vorsichtshalber die letzten 800 HM zum Königssee durch das Tal unterhalb des Grünsteins und an der Bobbahn vorbei runterzujoggen und treffe kaputt, glücklich, dankbar und um einige magische Bergmomente reicher gegen 0.30 Uhr am Königssee ein. Die Gewitter sollten  den Weg in das Berchtesgadener Land bis zum Schluss nicht finden. Bei erfrischendem Sommernachtsregen rollt mich mein Fahrrad nach hause…

Euer Jannis

Moin! Das sagt man so in Bremen, wo ich gebürtig herkomme. Vor zwei Jahren hat mich meine Leidenschaft für die alpine Bergwelt aus dem hohen Norden über Oberstdorf im Allgäu und Innsbruck, wo ich zurzeit im Masterprogramm "Entrepreneurship & Tourism" studiere, schließlich in das Berchtesgadener Land getrieben. Nach einem Praktikum bei der BGLT im letzten Jahr bin ich nun in Teilzeit angestellt und schreibe nebenbei meine Masterarbeit mit Bezug zum Berchtesgadener Land. Zum Ausgleich bin ich gerne und viel mit dem Mountainbike oder zu Fuß unterwegs und freue mich darauf meine Bergerlebnisse im Berchtesgadener Land mit euch zu teilen.

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