Berge

Wolkenspiele und Gespenster am Großen Hundstod

watzmann-Südspitze-Wolke
Abends auf dem Hundstod-Gipfel. Die Watzmann-Südpitze spielt mit den Wolken.

Sonnenuntergang auf dem großen Hundstod

Die Ausblicke während meiner Seehorn-Tour wurden durchgängig von einem besonders auffälligen Berg dominiert. Egal ob auf dem Gipfel, auf der Kematenschneid oder von der Hochwies aus, stets hat sich das Felsdreieck des Berges mit dem merkwürdigen Namen Großer Hundstod majestätisch in das Blickfeld gedrängt. „Da musst du heute noch rauf!“ machte sich während des Abstiegs vom Seehorn eine Stimme in mir immer vehementer bemerkbar.

Die nicht zu unterschätzende Dauer des Abstechers, die fortgeschrittene Tageszeit und die zunehmende Wolkenbildung sprachen eigentlich gegen die spontane Unternehmung. Einige Punkte standen den Contras auf der Pro-Seite aber gegenüber: Die immer wieder gelobte Aussicht des Gipfels, ein Sonnenuntergangerlebnis auf hoher Warte und die Tatsache, dass ich in diesen abgelegenen Winkel der Berchtesgadener Alpen so schnell nicht wieder zurückkehren würde.

An der Kreuzung, wo der Abstiegsweg vom Seehorn auf den Hüttenweg zum Ingolstädter Haus trifft, musste dann eine Entscheidung her. Letztendlich konnte ich dem aufreizenden Bellen und dem Hundeblick des Gipfels nicht widerstehen.

Aufstieg zum Großen Hundstod

Oft taucht die Frage auf, wie der Große Hundstod (2594m) zu seinem Namen gekommen ist. Die Antwort findet man in der Watzmannsage, in der der Gipfel den Ort darstellt, an der die Hunde des grausamen Königs Watze abgestürzt sind.

Ein Hund, der mir später beim Aufstieg zum Gipfel mit Herrchen voller Lebensenergie entgegenkommt, beweist aber, dass sich Tier und auch Mensch heutzutage nicht besonders vor dem Ort der Sagentragödie fürchten müssen. Dafür sorgt ein Steig, der vom Ingolstädter Haus ohne nennenswerte Schwierigkeiten den Gipfel für alle trittsicheren  Bergsteiger zugänglich gemacht hat. Übernachtet man nicht im Ingolstädter Haus und geht den Hundstod als Tagestour an, braucht man auch eine Menge Kondition, die Zustiegswege aus den umliegenden Tälern bzw. der Kallbrunnalm sind weit.

In etwa eineinhalb Stunden erreiche ich von der besagten Kreuzung aus, das Ingolstädter Haus rechts liegen lassend, die Hundstodscharte zwischen Großem und Kleinem Hundstod. Auf dem kleinen Hundstod geht es ordentlich zu, viele Übernachtungsgäste der Hütte haben einen Abendspaziergang auf den schnell erreichten Gipfel hinter sich gelegt, um die super Aussicht auf das Steinerne Meer zu genießen. Auf seinem großen Bruder geht es dagegen ruhiger zu, ein paar Bergsteiger kommen noch vom Gipfel herunter während ich in der Scharte meinen Kraftakku für den etwa 40 minutigen Schlussaufstieg ein letztes Mal auflade.

Hundstodscharte
Ein wolliger Vierbeiner genießt die Aussicht über das Steinerne Meer mit der markanten Schönfeldspitze.

Rückblick aus der Hundstodscharte zum Seehorn am rechten Bildrand.
Rückblick aus der Hundstodscharte zum Seehorn am rechten Bildrand.
Hundstod-Pano
Es quellt bedrohlich über den Hohen Tauern.

Kurz zweifel ich daran, ob mein Vorhaben wirklich richtig ist, da sich die hohen Gipfel in der Umgebung immer öfter in Wolken hüllen. Während die Quellwolken hier noch einen harmlosen Anschein machen, haben sich über dem Hauptkamm im Süden bereits bedrohliche Gewitterwolken gebildet. Ich vertraue auf die Wettervorhersage, nach der das genauso bleiben soll und hoffe, dass sich die Wolken rechtzeitig zum Sonnenuntergang auflösen würden…notfalls wäre das Ingolstädter Haus auch nicht weit. Um den Hundstod machen die Wolken noch einen Bogen herum, weshalb ich dann auch recht bald den finalen Aufstieg in Angriff nehme.

Der Aufstieg durch die Südflanke zum Großen Hundstod ist steinig, schuttig und steil. Wirklich schwierige Abschnitte gibt es nicht, gelegentlich braucht man aber die Hände um leichte Kraxelstellen zu überwinden. Kurz vor dem Gipfel öffnet sich ein imposanter Tiefblick über die Westwand auf die Hochwies herab, die ich auf dem Abstieg vom Seehorn durchquert habe. Zum Schluss steilt das Gelände noch einmal ordentlich auf und ich merke die Höhenmeter, die ich mittags am Seehorn zurückgelegt habe. Als ich oben ankomme, ist der Gipfel gerade frei und ein unbeschreiblicher Anblick bietet sich mir im Norden. Eines Schiffbugs gleich ragt die Südspitze des Watzmanns aus einem Wolkenmeer heraus und kämpft mit den Wolkenwellen ums Untergehen. Lasset die Wolkenspiele vom Hundstod beginnen!

Hundstod-Gipfelkreuz
Gipfelkreuz des Großen Hundstods auf 2594m Höhe.
Südspitze-Watzmann
Die Watzmann-Südspitze kämpft mit den Wolken.
Tanz der Wolken.
Tanz der Wolken.

Wolkenspiele und Gespenster am Hundstodgipfel

Von dem Kreuzgipfel gehe ich noch schnell über den teilweise ausgesetzen Grat zu dem mit einem Steinmann gekennzeichneten Nebengipfel herüber, um freie Sicht auf das Gipfelkreuz zu haben. Hier würde ich nun über zwei Stunden lang gebannt die Jagd der Wolken über die umliegenden Berge betrachten. So etwas habe ich bisher noch nie an einem Gipfel beobachten können. An allen Ostseiten der hohen Gipfel kleben nun Wolken, die sich einfach nicht aus den Wänden von Hochkalter, Watzmann und Co. losreißen können. Sie ziehen zwar im Mordstempo von mittlerweile frischem Westwind angetrieben gen Osten, doch immer kommt neues Wolkenmaterial aus den Berghängen nach. Ein Meteorologe könnte den Vorgang sicher fachmännisch erklären, ich erfreue mich einfach an dem Naturschauspiel.

HUndstod-gipfel-wolken
Die Sonne sinkt tiefer, die Wolkentürme werden höher.
Steinmann-Watzmann
Die Watzmann-Südspitze wird ihr wattiges Anhängsel nicht los.
Hundstod-Wolkenspiel
Blick auf die zackigen Grate über dem Wimbachgries.
Das Wolkenbild ändert sich minütig.
Das Wolkenbild ändert sich minütlich.
Wolkenmeer-Hundstod
Verschiedene Wolkenschichten im Süden.

Dann wird es plötzlich gruselig am Gipfel. Eigentlich dachte ich ja, dass ich alleine am Gipfel wäre, doch plötzlich taucht eine Gestalt in der Nebelwand direkt vor mir auf. Sehe ich jetzt schon Geister nachdem ich den ganzen Tag alleine unterwegs war? Ist die Watzmannsage doch real und König Watze sucht nach seinen abgestürzten Hunden? Oder ist es doch einfach nur der optische Effekt, den man Brockengespenst nennt?

Dieser entsteht dadurch, dass die tiefen Sonnenstrahlen meinen Schatten auf die Nebelwand projizieren und sich drumherum noch ein Glorienschein durch die Rückstreuung des Sonnenlichtes an den feinen Nebeltropfen gebildet hat. Als sich eine Wolke vor die Sonne schiebt ist der Spuk vorüber…

Brockengespenst-Hundstod
Das Hundstodgespenst.

Auch an der Hundstodsüdwand wird mittlerweile Wolkenmasse in Dauerschleife produziert. Aus nächster Nähe kann ich sehen, wie sich an seinem Grat immer wieder neue Nebelschwaden bilden und den Blick gen Süden und auf das Steinerne Meer verschleiern. Zwischendurch öffnet sich der Wolkenvorhang immer wieder und enthüllt den Blick auf die Gewitterwolken über dem Alpenhauptkamm, die wie Leuchtürme aus dem unruhigen Wolkenmeer herausragen. Von meiner hohen Warte aus kann ich die Wetterentwicklung und den Zug der Gewitter super beobachten und wie schon bei meiner Sonnenuntergangs-Tour auf das Watzmann-Hocheck sollte ich Glück haben.

Ich befinde mich auf der sicheren Hundstodinsel mal über den Wolken, mal unter den Wolken und teilweise auch mittendrin. Die Lichtverhältnisse ändern sich ständig und von überall tauchen neue Wolkenfetzen auf. Mal dicht und von der Sonne undurchdringbar, mal durchlässig direkt vor der Sonne hängend, deren Feuerball dadurch klar umrissen in Erscheinung tritt.

Großer-Hundstod-Sonnenuntergang
Die Sonne kämpft sich immer wieder durch neu auftauchende Wolkenfetzen.
Hundstod-Sonnenuntergang
Die Wolken färben sich immer stärker, die Szenerie wird immer surrealer.

Wunderschön ist dann der Moment, als die Sonne genau auf meiner Höhe hinter dem Gipfelkreuz in das Wolkenmeer eintaucht. Jetzt bin ich endgültig froh, dass ich mich nicht gegen den Aufstieg zum Großen Hundstod entschieden habe!

sonnenuntergang-Hundstod
Sonnenuntergang hinter dem Gipfelkreuz.
Hundstod-Abend
Der Feuerball erlischt im Wolkenmeer.

Ein letztes Mal öffnet sich der Vorhang im Süden und gibt den Blick auf die Leuchttürme frei. Danach wird es schlagartig düster und kalt am Gipfel und ich muss mich ohne Hilfe von Leuchtfeuern durch das Wolkenmeer in Richtung Ingolstädter Haus navigieren. Jetzt wo die Sonne weg ist, gewinnen die Wolken endgültig die Oberhand und legen sich über das Steinerne Meer.

Leuchtfeuer im Süden.
Leuchtfeuer im Süden.
Das letzte Sonnenlicht des Tages.
Das letzte Sonnenlicht des Tages.

Schnell geht es runter zur Hütte, die ich noch vor Einbruch der Dunkelheit erreiche. Anschließend geht es im Schein meiner Stirnlampe über den Hüttenweg zum Dießbachstausee herab und auf dem Versorgungsweg über dessen Ufer entlang weiter zur Staumauer. Zweieinhalb Stunden nachdem ich am Gipfel aufgebrochen bin, komme ich glücklich bei meinem Fahrrad an der Kallbrunnalm an. Auch nach der Rückfahrt, die sich mit ihren Gegenanstiegen nochmal gewaltig zieht, bin ich gefühlt immer noch nicht wieder ganz auf dieser Welt angekommen, als ich erschöpft meine Haustür öffne. Zu viele fantastische Eindrücke hatte dieser Bergtag am Seehorn und Hundstod für mich parat. Kurz vergewissere ich mich noch, ob auch keine Gespenster in meinem Zimmer sind und zähle vorbeiziehende Wolken bevor ich in einen tiefen Schlaf falle….

 

Moin! Das sagt man so in Bremen, wo ich gebürtig herkomme. Vor zwei Jahren hat mich meine Leidenschaft für die alpine Bergwelt aus dem hohen Norden über Oberstdorf im Allgäu und Innsbruck, wo ich zurzeit im Masterprogramm "Entrepreneurship & Tourism" studiere, schließlich in das Berchtesgadener Land getrieben. Nach einem Praktikum bei der BGLT im letzten Jahr bin ich nun in Teilzeit angestellt und schreibe nebenbei meine Masterarbeit mit Bezug zum Berchtesgadener Land. Zum Ausgleich bin ich gerne und viel mit dem Mountainbike oder zu Fuß unterwegs und freue mich darauf meine Bergerlebnisse im Berchtesgadener Land mit euch zu teilen.

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