Kultur

Dinner-Konzert im Klosterwirt Höglwörth

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Was tut ein bloggender begeisterter Bergsteiger und Trailrunner, wenn ihn die Lust überkommt, von einem kulturellen Erlebnis angemessen zu berichten? Er erinnert sich an seine jüngeren Jahre, als er noch – einst Musiker werden wollend – gelegentlich Konzertkritiken geschrieben hat und versucht, da mal wieder anzuknüpfen! Und so geht es mir heute, nach diesem wunderschönen Abend, den uns das Reichenhaller Salonquartett »Reich an Hall« und der gemütliche Klosterwirt in Höglwörth im Rahmen des Höglwörther Kulturherbstes 2016 gestern beschert hat. Fred Ullrich, ebenfalls in diesem Blog aktiv, hatte ja schon am 13.9. darauf hingewiesen.

Um 18.30 Uhr begann das Event, nachdem die letzten Tagesgäste den Veranstaltungsort verlassen hatten. Das große und doch gemütliche Salett’l erstrahlte im warmen Licht von drei Deckenlampen und vielen Kerzen. Freundliche, hilfsbereite Geister huschten durch den recht gut gefüllten Raum, einen schönen Kontrast zum in jeder Hinsicht warmen Ambiente stellte das blaugrüne Licht dar, das durch die großen Fenster fiel. Draußen ging ein regnerischer Tag seinem Ende entgegen …

Das lebhafte Geplauder verstummte schnell, als die vier Musiker ihre Bögen ansetzten und schwungvoll mit Händels Wassermusik ihr Programm starteten. Ein großes, im Original durch mächtige Orchesterpräsenz wirkendes, wohl jedem bekanntes Musikstück, das in der Bearbeitung für ein Streichquartett erstaunlich kraftvoll zu begeistern wusste. Toll, wie viel »Sound« vier so zierliche Instrumente (oder besser gesagt: drei zierliche und ein recht kompaktes …) in den großen Raum stellen können. Zu den drei Gängen des Dinners gesellten sich so drei musikalische Abschnitte, jeweils den Gaumenfreuden vorangstellt. Nachdem dieses erste Stück – wie auch in den anderen beiden »Blöcken« – nicht angesagt worden war, nutzte der Geiger Fred Ullrich, der launig und witzig durch das Programm führte, gleich die Gelegenheit zu einem Späßchen: Er stellte die Preisfrage in den Raum, um was für eine Musik es sich gehandelt habe. Ein verzagter Finger ging nach oben und die – natürlich! – richtige Antwort »Händels Wassermusik« war zu vernehmen. »Erster Preis, Sie bekommen eine CD vom Quartett!« war die Antwort, »aber das dauert noch ein halbes Jahr! Sie ist aber in Arbeit.«

So ging es weiter: schwungvolle und besinnliche Musik in gelungenen Arrangements (alle Stücke sind ja ursprünglich nicht für Streichquartett geschrieben!), nette und oft witzige Kommentare von Fred Ullrich, der damit dokumentierte, dass er nicht nur hervorragend Geige spielt, sondern auch ein begabter Conferencier ist. Und natürlich wussten auch die drei anderen Musiker zu begeistern: Cora Catrina Stiehler mit ihrem warmen Geigenton, Thorsten Köpke, der Solobratscher der Reichenhaller Philharmonie und Barbara Eger, als Solocellstin ebenfalls Mitglied unseres Reichenhaller Orchesters. Geigen und Celli sind ja stets Publikumslieblinge – und das waren sie hier auch. Die Bratsche, die der Autor diese Artikels selbst viele Jahre (hobbymäßig) in Uniorchestern spielen durfte, genießt ja nicht so ein leuchtendes Ansehen. Und wer kennt nicht den einen oder anderen Bratscherwitz? Hier im Quartett aber kam sie dank der Arrangements und des Spiels von Thorsten Köpke oft klangvoll mit ihrem warmen Timbre heraus.

»O sole mio« (»Oh, meine Sole!«), »Am Königssee« und dann sogar noch der »Fluch der Karibik« folgten, jeweils mit deutlichem Bezug zum Thema des Abends »musikalische Wasserspiele«. Als sich die Musiker ihre wohlverdiente Pause gönnten, wurde uns der erste Gang des Dinners serviert: Eine wirklich großartige Rahmsuppe von frischen Steinpilzen mit Porcini – ein echter, sahniger, schmelzender Gaumengenuss.

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Inzwischen war es draußen dunkel geworden, was die Behaglichkeit im Saal weiter erhöhte. Auch die zahllosen Kerzen kamen jetzt noch besser zur Wirkung und heizten den Raum auch ordentlich auf. Die zweite Musikrunde brachte dann eine Vorschau auf den Winter: »Schlittenfahrt« und »Schlittschuhläufer«. Die berühme Barcarole von J. Offenbach war dann wieder ein »großes« Stück Musik, eine der schönsten Melodien der Klassik – zumindest nach meinem Empfinden. Etwas »fetzigere« Stücke (u.a. ein Regatta-Galopp von Lanner) schlossen den 2. Teil des akustischen Menüs ab. Letzterer war von Fred U. als Begleitmusik für eine Fahrt über den Höglwörther See – mit einer zum Boot umfunktionierten Badewanne(!) angekündigt worden … »der Stöpsel sollte allerdings drin sein!«

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Der Hauptgang führte zur Qual der Wahl: Gebratenes Lachsforellenfilet auf Kürbis-Ingwernudeln oder gegrilltes Maispoulardenbrüstchen auf Kartoffel-Wirsinggemüse? Eines besser als das andere – und da wir eine 3-Generationen-Vierergang waren (20-89 Jahre!) war es für uns nicht schwer: 2:2!
20 Jahre waren es übrigens erst an diesem schönen Abend: Unsere bezaubernde Nichte aus Madrid, die just an diesem Tag angereist war, feierte nämlich ihren cumpleaños in diesem schönen Rahmen. Und die Musiker ließen es sich nicht nehmen, das Geburtstagskind (selbst Tochter eines Musikers) musikalisch hochleben zu lassen, was die junge Dame sichtlich berührte. Bei den Musikern bedankte sie sich artig und meinte, das sei der schönste Geburtstag ihres Lebens gewesen! Was diese offensichtlich auch gefreut hat …

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Nach dem begeisternden kulinarischen Genuss des Hauptgangs stellten sich die Musiker zum dritten und letzten »Musikblock auf«. Es hatte sich eine entspannte und wohlgesättigte Stimmung ausgebreitet, und so konnte Fred U. mit spritzigen Kommentaren, engagiert unterstützt von seinen drei  KollegInnen nochmals einen Strauß an bunten Melodien präsentieren, von ganz einschmeichelnd bis »von den Sitzen reißend« war alles dabei! Wohlbekannte musikalische Kostbarkeiten in tollen Arrangements, die jeden der Musiker zur Geltung kommen ließen, und von denen manche das Publikum mitsummen und mitwippen ließen. Da störte auch ein kleiner Patzer aus der »Sopranecke« nicht wirklich, so präzise, klangschön und durchsichtig musizierten die Vier ansonsten. Menschen sind eben doch etwas Anderes als die perfekteste CD! Und gerade dieser Unterschied zwischen Live-Musik und digitaler Perfektion kam mir an diesem so herzerwärmenden Abend einmal wieder besonders in den Sinn.

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Rundherum gelungen, sowohl was die musikalische Seite betrifft als auch die wirklich erstklassige Bewirtung durch das Team des Klosterwirts mit der Folge einer fröhlichen gehobenen Stimmung bei allen Anwesenden. Der Applaus war entsprechend wohlverdient begeistert, und so konnte das Quartett, das damit »überhaupt nicht gerechnet hatte«, »aus dem Stegreif« doch noch eine Zugabe aus dem Ärmel schütteln, wobei man sich – natürlich in gepflegtem, durchaus klassischem musikalischen Gewand! – eher in die Brauereitradition des Rupertiwinkels begab. Der allseit beliebte Hopfensaft ist eben auch nur Wasser, wenn auch sehr wohlschmeckend veredelt! Und hier war dann wirklich herzhaftes Mitsingen angesagt. Schön war’s – danke an alle!

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P.S. Das Quartett freut sich bestimmt über ein »Like« auf Facebook: www.facebook.com/salonquartettreichanhall, ebenso wie der Klosterwirt ?

Seit 1958 (Wahl-)Reichenhaller, dazwischen längere Auslandsaufenthalte (Brasilien, Chile, München, Ulm, Berchtesgaden;-) – zuletzt wieder ansässig im Bayerischen Staatsbad. Viele Jahre als »Medizinmann« in Rehakliniken, jetzt nur noch gelegentlich, dafür umso mehr mit Ehefrau Brigitte in den Bergen unterwegs. Im März 2013 haben wir gemeinsam einen Tourenbildband »Bergerlebnis Berchtesgadener Land« mit dem Bruckmann Verlag München herausgegeben: Begeisterung für die herrliche Natur unserer Region, Erinnerung an eigene Touren und Anregung für neue Unternehmungen wollen wir damit vermitteln – und vor allem Freude bereiten!

2 Kommentare

  • Fred

    Lieber Michael, im Namen des Salonquartett Reich an Hall und des Klosterwirts Höglwörth bedanke ich mich rechtherzlich für Deinen wunderbaren Beitrag, wir freuen uns sehr und wünschen uns allen eine erfolgreiche Fortsetzung Dinnerkonzert beim Höglwörther Kulturherbst 2017! Viele Grüße Fred Ullrich

    • Michael

      > Schön, dass mein Beitrag Euch gefällt. Habe mich bemüht, alle Aspekte irgendwie zu streifen und meinen persönlichen Eindruck gut wieder zu geben.
      LG Michael

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