Die Flotte auf dem Königssee
Die Flotte auf dem Königssee mit der südlichsten und höchstgelegensten Werft Deutschlands
– eine beinahe unglaubliche Geschichte
Lautlos gleitet das Königsseeschiff über das vom Föhnwind leicht gekräuselte Wasser. Inmitten einer imposanten Bergkulisse geht es von der Seelände bis zum weltberühmten Wallfahrtsort St. Bartholomä auf der Halbinsel Hirschau am Fuße der Watzmannostwand.
Vielleicht führt uns die Fahrt noch weiter bis zur nur über das Wasser erreichbaren Saletalm. Und nach einem ausgedehnten Spaziergang von Bartholomä zur Eiskapelle nehmen wir auf der Rückfahrt „ein paar Anhalter“ mit, die nach einer Bergwanderung über die Gotzenalm an der Haltestelle „Kessel“ stehen und mit zurück zum Parkplatz an der Seelände wollen.
Mit einer Selbstverständlichkeit nehmen wir das Angebot der Königssee-Schifffahrt an, nach diesem wunderschönen Ausflug hier am südlichsten Zipfel Bayerns an der Seelände wieder anzulegen, – ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, wer diese das ganze Jahr über bereitstehende große Flotte von 17 Elektrobooten baut und wartet.
Zu früheren Zeiten – genau gesagt bis zum Jahre 1908 – befördern Schiffer mit sogenannten Landauern die ca 78 ooo Fahrgäste pro Jahr über den See. Die „Landauer“ sind Flachboote mit drei Ruderern besetzt, von denen 57 Stück im Dienst standen. Ab 1909 übernehmen Elektrofahrgastschiffe diese schweißtreibende Arbeit. Den Elektroantrieb ordnet Prinzregent Luitpold an. Als leidenschaftlicher Jäger will er sich das Wild nicht durch Lärm verschrecken lassen. Nach wie vor treibt auch heute der „Strom“ die Motoren an, denn der See liegt inmitten des Nationalparks, in dem man penibelst auf die Umwelt achtet. Nicht von ungefähr gilt das Wasser des Sees als Trinkwasser.
Die Fahrgastschiffe baut inzwischen die höchstgelegene (600 m üdM) und südlichste Werft Deutschlands – die Königssee-Bootswerft an der Seelände. Schon ab Mitte der 70er Jahre wartet und repariert die Werft die Schiffe, bis dann in der hauseigenen Werft 1984 das erste Schiff, die „Funtensee“ und 1988 die „Göll“ – beides Schiffe für 93 Personen – entstehen. Sogar sein Meisterstück – „die Ramsau“, ein Schiff für 25 Personen – plant und baut der Bootsbaumeister Sebastian Maltan hier auf der Königssee-Werft. Heute fertig die Werft alle neuen Schiffe selbst. Nur den früher aus Holz gebauten Rumpf kauft ab 1998 die Königssee-Werft zu.
Die zum Auf- und Ausbau der Schiffe benötigten Handwerksberufe sind alle bei der Schifffahrt beschäftigt. So werden die um die 80 hauptberuflichen Angestellten und Arbeiter meist nach ihren Berufen ausgewählt. Denn wer zum Beispiel als Elektriker, Zimmerer, Schreiner, Sattler, Metallbauer und Heizungsbauer in der Bootswerft einsetzbar ist, wird auch als Bootsführer auf dem See seinen Dienst tun und kann immer dann, wenn er nicht gerade am Ruder steht und das weltberühmte „Echo“ bläst, an den Schiffen arbeiten, sie planen und bauen und instand halten, bis die Boote dann nach einer durchschnittlichen Lebensdauer von 70 bis 80 Jahren in den „wohlverdienten Ruhestand“ gehen.
Die bayerische Seenschifffahrt befördert heute am Königssee mit 17 großen und einem kleineren Schiff um die 550 000 Besucher jährlich. Fast nichts kann die feine, sauber herausgeputzte Flotte aufhalten. Nicht dichter Nebel, starker Regen, Schneegestöber oder die Dunkelheit der Nacht hindert daran, mit radarbestückten Booten die Passagiere über den See zu fahren. Einzig das Eis bringt die Schifffahrt – jedoch äußerst selten – zum Stillstand.
Der zugefrorene Königssee – eine absolute, so in etwa alle 10 Jahre eintretende Besonderheit. Ganz bestimmte Voraussetzungen an den Herbst stellt dieses Phänomen, damit der 8 km lange, 1 km breite und 190 m tiefe See zufrieren kann. Keine Stürme sollen das Wasser des Sees in Rotation versetzen; und dazu tiefe Temperaturen ermöglichen eine Eisbildung. Ab einer Eisdicke von mindestens 15 cm gibt eine Markierung für Fußgänger, Radfahrer und Langläufer den Weg über das Eis zur Halbinsel Hirschau mit St. Bartholomä frei. Die unbedingt einzuhaltende Markierung deshalb, da die westliche Seite des Sees immer eine dünnere Eisdecke aufweist als die östliche. Das Ausnahmejahr 2006 jedoch brachte über die Monate Januar und Februar eine bis zu 40 cm dicke Eisdecke, über die sich der gesamte See für insgesamt 29 Tage begehen ließ. Täglich nutzten Tausende diese einmalige Möglichkeit zu einer ausgiebigen Wanderung „über das Wasser“.
Eine Werft im südöstlichsten Zipfel Deutschlands – eine beinahe unglaubliche, aber wahre Geschichte!
Eure Rosi
alle Fotos: RoHa-Fotothek Fürmann
4 Kommentare
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Rosi
war sicher wunderschön an diesem Herbstwochenende
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