Berge

Kührointalm & Archenkanzel: Frühling im Tal, Winter auf der Alm

Wintertraum auf Kühroint.

Schneeschuhrunde auf die Kührointalm

Der vergangene Samstag war der Auftakt einer traumhaften Wetterperiode, die uns bevorsteht. Wir haben das Bilderbuchwetter für eine Winterwanderrunde zur Kührointalm (1420m) inklusive Abstecher zur Archenkanzel (1346m) genutzt. Gut, dass wir die Schneeschuhe dabei hatten, denn während unten im Tal langsam ein buntes Meer aus Frühlingsblumen entsteht, findet man auf der Kühroint noch hochwinterliche Verhältnisse vor.

Durch weit mehr als einen halben Meter Schnee mit feinster Pulverauflage stapfen wir von der Kührointalm im Anschluss noch zur Archenkanzel, um am späten Nachmittag den einsamen Blick auf den Königssee zu genießen. Die Kührointalm erreichten wir im Aufstieg an der Bobbahn und Klingeralm vorbei. Das Winterparadies verließen wir am frühen Abend dann über die Schapbachalm in Richtung Hammerstiel-Parkplatz.

Anstieg über die Klingeralm – zwischen den Jahreszeiten

Wie schon bei der Wanderung zum Grünstein am Vortag, starten wir von meiner Haustür in Schönau weg und machen uns auf in Richtung Bobbahn am Königssee. Kurz hinter dem Haus Hohenwart zweigt dann der breite Wanderweg ab, der im Tal des Klingerbachs in Richtung Grünstein und Kühroint führt.

Es kommt uns vor, als ob die Natur seit gestern nochmal einen gewaltigen Frühlingswachstumsschub erfahren hat. Überall sprießen Krokusse, Schneerosen und -Glöckchen aus der Erde. Die strahlende Sonne lässt die Farben der Natur kräftig und frisch erscheinen. Das Blau über uns hat nichts mehr von dem kalten Winterhimmel der letzten Monate.

Immer wieder halten wir an, um die kontrastreichen Ausblicke zu genießen, für die der Neuschnee auf den hohen Bergen sorgt. Frisches Grün, strahlendes Weiß und tiefes Blau. Der Frühlingsbeginn im Berchtesgadener Land verzückt mich immer mehr!

Der frisch verschneite Hohe Göll macht von der Schönau aus eine besonders elegante Figur.

Frühling in der Schönau.
Überall recken sich Schneerosen den Sonnenstrahlen entgegen.

Bald passieren wir den Zustieg des Grünstein-Klettersteigs und den Abzweig des Normalweges auf den Grünstein und folgen weiterhin den Wegweisern in Richtung Kührointalm. Immer wieder kreuzen nun plätschernde Bäche unseren Weg, der uns schnell zur unbewirtschafteten Klingeralm bringt.

Im Anschluss dreht der Forstweg gen Osten ab, taucht in einen wunderbaren Bergwald ein und wird zunehmend steiler. Auch hält sich der Schnee nun immer mehr auf dem Weg und so steigen wir Höhenmeter für Höhenmeter auf einem mittlerweile fast nahtlosen, glänzend weißen Teppich aufwärts.

Die verschneite Klingeralm wartet darauf, dass sie wie der Grünstein im Hintergrund vom Schnee befreit wird.

An dem Punkt, als unser Wanderweg das erste Mal auf den Versorgungsweg trifft, der unsere Route noch einige Male kreuzen wird, sind wir endgültig zurück im Winter. Auf einer Höhe von etwa 1100m können wir also unsere Schneeschuhe anschnallen.

Vereinzelt öffnen sich nun Durchblicke zum Hagengebirge, dessen Gipfel im Winterkleid einen beeindruckend hochalpines Flair ausstrahlen. Die Vorfreude, den Bergwald hinter uns zu lassen und die offenen Flächen der Kührointalm samt der freien Ausblicke zu erreichen, steigt mit jedem Schritt.

Schneeschuh-Traum im Aufstieg zur Kührointalm.
Immer wieder öffnen sich nun Durchblicke zum Hagengebirge.

Zehn Minuten vor Erreichen der Kührointalm gelangen wir auf eine Waldlichtung und sind beinahe paralysiert von der wunderschönen Winterlandschaft, die sich vor unseren Augen ausbreitet. Unberührte Schneeflächen gleißen im Sonnenlicht und bilden einen sanften Kontrast zum allmächtigen Watzmann-Massiv, das von nun an die Ausblicke dominieren wird.

Zu unserer Linken entdecken wir einen Jägerstand, den ich trotz unzureichender Recherche spontan einfach mal die Auszeichnung des „Schönsten Jägerstandes der Alpen“ verleihen würde. Mit diesem Blick auf Watzmann und Co. lassen sich die einsamen Wartestunden auf verdächtige Bewegungen im Blickfeld sicher angenehm aushalten.

Dies ist der erste Ort, von dem wir uns heute kaum trennen mögen. Zum Glück sollten noch viele Weitere folgen.

Traumhafte Szenerie kurz vor der Kührointalm.
Der schönste Jägerstand der Alpen?
Auf jeden Fall ein schönes Fotomotiv.
Ob die Frühlingssonne diesem Baum wieder Leben einhauchen kann….
Hölzerner Vorhang vor dem Watzmann.
Der mächtige Watzmann beherrscht die Umgebung.
Spuren im Schnee…Diese führen zur Kührointalm.
Gleich ist das Almdorf der Kühroint erreicht.

Winteridylle auf Kühroint

Durch einen vom Borkenkäfer in Mitleidenschaft gezogenen Fichtenwald gelangen wir jetzt schnell an die wunderschöne Kührointalm und damit an den nächsten Ort, den wir am liebsten gar nicht mehr verlassen würden.

Wir haben Glück, denn noch steht die Sonne über dem zackigen Watzmanngrat, der den Hütten und Kasern der Kühroint Augenblicke später des wärmenden Sonnenlichtes beraubt. Bis dahin sitzen wir auf der Terrasse der im Sommer bewirtschafteten Kührointhütte und genießen die Stille hier oben.

Fast schon kitschig stehen die verschlafenen Hütten auf den Almflächen und werden scheinbar von den Schneemassen auf ihren Dächern immer tiefer in die Schneemassen am Boden gedrückt. Ein paar Holzpfeiler schauen vorsichtig aus dem weiten Weiß heraus, das von einzelnen Spuren durchzogen und hier und da von Tannen überragt wird, die sich um den kalten Schnee auf ihren ungeschützten Gliedmaßen anscheinend wenig scheren. Die am Rand stehende kleine Kapelle, die dem Andenken an alle Opfer der Berchtesgadener Berge gewidmet ist, vervollständigt das idyllische Winterposter-Motiv.

Das Tröpfeln des Schmelzwassers, das von den Dächern der Hütte rinnt, wirkt fast schon hypnotisch auf uns. Wir erfreuen uns an den letzten Sonnenstrahlen, die unsere Gesichter wärmen und schließen die Augen. Und jedes Mal wenn ich die Augen wieder öffne, denke ich dass ich eigentlich gerade eingeschlafen und in einem märchenhaften (Winter-) Traum stecken muss….

Ankunft auf Kühroint.
Ideale Schneeschuhdestination Kühroint.
Ein bisschen dauert es noch bis hier wieder das Vieh grast.
Ein Haus mit Zuckerguss?
Umgeben von Schneemassen.
Winteridylle auf Kühroint.
Gleich ist die Sonne hinter dem Watzmanngrat verschwunden.

Abstecher zur Archenkanzel

Als die Sonne dann verschwunden ist, brechen wir zur Archenkanzel, dem vielbesuchten Aussichtsplatz über dem Königssee, auf. Von den Schneeschuhen getragen, durchschreiten wir die Almflächen der Kühroint. Dabei treffen wir auf die ersten Menschen heute, die auf ihren Tourenski sicher eleganter wirken als wir.

Unsere Spur in Richtung Archenkanzel scheint geradewegs zum Hochkönig zu führen.
Auf geht’s zur Archenkanzel.
Die kleine Ostwand zeigt ihre beeindruckenden Konturen und Schichtungen.
Was wartet wohl hinter der Geländeschwelle auf uns….
Ein kleines Waldstück….
…nach dem sich der Blick ins Steinerne Meer öffnet.

Während ich die fabelhafte Aussicht von der Archenkanzel bereits schon von meiner Sommertour über den Rinnkendlsteig kenne, ist meine Schwester baff als wir an dem schönen Picknickplatz direkt über dem Königssee ankommen. Wieder einer dieser Orte…

Still und klar ruht der Königssee unter uns. Sein hinteres Ende ist immer noch mit einer dünnen Eisschicht bedeckt, während auf unserer Aussichtswarte schon die ersten Blumen die Aussicht auf den See und St. Bartholomä genießen. Die letzten Schiffe verlassen gerade die Anlegestelle an der weltberühmten Wallfahrtskirche.

Über dem Königssee strahlt das Steinerne Meer eine ungemeine Ruhe aus. Gewaltig baut sich der Funtenseetauern auf und steht mit seiner massigen Berggestalt einfach nur so da. Oder versucht er mit seinem protzigen Auftreten insgeheim doch der bildschönen Schönfeldspitze gleich nebenan zu imponieren, die sich im Bergreich des Steinernen Meeres wahrscheinlich kaum vor Verehrern retten kann.

Auch ich kann nicht widerstehen, eines der beliebtesten Motive der Region digital festzuhalten.

Die Archenkanzel: Wunderbarer Aussichtsplatz über dem Königssee. Dahinter der massige Funtenseetauern und die elegante Schönfeldspitze.

Abstieg über die Schapbachalm

Nach einer ausführlichen Brotzeit verlassen wir die Archenkanzel und nehmen den gleichen Weg zurück zur Kührointalm. Kurz speichern wir noch die wohltuende Szenerie unseres heutigen Winterparadieses in unserem Gedächtnis und steigen dann in Richtung Schapbachalm ab. Auch hier erlauben uns die derzeitigen Schneeverhältnisse noch ein schnelles Vorankommen auf Schneeschuhen.

Die meiste Zeit schweigen wir und bei einfallender Dunkelheit verarbeiten wir die Reize, die wir heute mit all unseren Sinnen wahrnehmen konnten.

Unsere Augen regenerieren sich von dem Fest, das die strahlende Sonne, der gleißende Schnee der winterlichen Almlandschaften, der tiefblaue Himmel, das frische Grün der langsam startklaren Flora, unterschiedlichste Bergpanoramen und nicht zuletzt der Tiefblick auf den Königssee für sie veranstaltet haben.

Unsere Geschmacksnerven sind noch beleidigt, da sie heute bloß mit einer mitgebrachten Brotzeit vertröstet wurden und leider noch nicht die leckeren regionalen Speisen auf der Kührointhütte und den köstlichen Käse der Schapbachalm genießen konnten.

Unsere Haut trauert jetzt, da es langsam frisch wird, den wärmenden Strahlen der Mittagssonne nach und unsere Füße und Beine, die uns heute insgesamt etwa 6-7 Stunden getragen haben,  lassen uns dieses auch langsam spüren.

In unserer Nase hängt immer noch der typische Duft des Bergwaldes. Die Atemwege bedanken sich für die heutige Dosis an klarer Frühlingsluft.

Nur unsere Ohren haben anscheinend immer noch nicht genug und lauschen weiterhin den leiser werdenden Geräuschen der Natur, die sich langsam schlafen legt und sich schon auf den nächsten sonnigen Frühlingstag freuen darf. Bloß der nimmermüde Schapbach begleitet uns mit seinem Rauschen noch eine Weile.

Dann zweigen wir nach rechts ab und gelangen bald an den Hammerstiel-Parkplatz. Die halbe Stunde bis nach Schönau zurück ist dann ein angenehmes Auslaufen auf ebenem Grund und das Ende einer sehr empfehlenswerten (Schneeschuh-)Wanderung.

Euer Jannis

 

Moin! Das sagt man so in Bremen, wo ich gebürtig herkomme. Vor zwei Jahren hat mich meine Leidenschaft für die alpine Bergwelt aus dem hohen Norden über Oberstdorf im Allgäu und Innsbruck, wo ich zurzeit im Masterprogramm "Entrepreneurship & Tourism" studiere, schließlich in das Berchtesgadener Land getrieben. Nach einem Praktikum bei der BGLT im letzten Jahr bin ich nun in Teilzeit angestellt und schreibe nebenbei meine Masterarbeit mit Bezug zum Berchtesgadener Land. Zum Ausgleich bin ich gerne und viel mit dem Mountainbike oder zu Fuß unterwegs und freue mich darauf meine Bergerlebnisse im Berchtesgadener Land mit euch zu teilen.

6 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert