Berge

Sonnenaufgangstour auf den Hochstaufen

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Sonnenaufgang über dem Berchtesgadener Land ©KH

Warum der frühe Morgen die beste Zeit ist.
Noch ist die Luft kühl, am Horizont erhellt ein sanftes blaues Leuchten die Dunkelheit und bringt die Konturen der Umgebung zum Vorschein. Die ersten Vögel durchbrechen die Stille der Nacht während der Rest der Welt noch zu schlafen scheint. Langsam tauchen die ersten Strahlen der Morgensonne auf bis schließlich der orange-rot leuchtende Ball hinter den Gipfeln der Berge auftaucht. Keine Hektik, kein Stress – alles was zählt, ist nur der Augenblick. Schon länger hatte ich vorgehabt, diesen mal wieder in den Bergen genießen zu können und letztens sollte es so sein – am Hausberg Reichenhalls, dem Hochstaufen.

Zum Sonnenaufgang auf den Hochstaufen
Der markante Felsberg, gelegen zwischen Bad Reichenhall, Piding und Anger, ist der östlichste Berg der Chiemgauer Alpen und bekannt für sein weitreichendes Panorama, das an schönen Herbsttagen weit über den Chiemsee reichen soll. Beste Voraussetzungen also für eine Sonnenaufgangtour, die bei Tageslicht über den Pidinger Klettersteig an den Gipfel gehen soll.

Also starten wir früh morgens um 05:00 Uhr am Wanderparkplatz kurz nach Urwies. Es ist schon nicht mehr ganz so dunkel wie auf der Fahrt ins Berchtesgadener Land, als man die Umrisse der Berge nur erahnen konnte. In dieser dämmrigen Stimmung folgen wir den gut ausgeschilderten Forstweg Richtung Klettersteig. Mit jedem Schritt wird es gefühlt heller und heller, bis endlich die ersten Sonnenstrahlen durch die Baumwipfel scheinen. Angekommen an einer Lichtung erhaschen wir einen ersten Blick auf die rotgefärbte Kugel, die am Horizont knapp über den Gipfeln steht und das Tal anscheint. Da ist er, dieser Augenblick.

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Ein paar Sekunden innehalten und den Moment genießen ©FH

Nach kurzer Pause gehen wir weiter und folgen weiterhin der Beschilderung Richtung Klettersteig. Ich weiß nicht, ob es an dem Sommer 2016 liegt, oder ob es einfach mein Timing ist: Nachdem ich am Hochthron Klettersteig im Juni schon unerwartet vom Nebel überrascht worden bin, so ist es heute der Nieselregen. Die guten Wetterprognosen am Morgen waren wohl zu optimistisch. Auch wenn der Nieselregen glücklicherweise nicht lange anhält: Feuchtigkeit und Klettersteige sind keine angenehme Mischung. Trotzdem gehen wir weiter und wollen am Einstiegsplatz entscheiden, ob der Fels trocken genug ist, um einsteigen zu können.

Auch das Tal bleibt vom Nieselregen nicht verschont. ©KH
Auch das Tal bleibt vom Nieselregen nicht verschont ©KH

Nach einer Stunde Zustieg erreichen wir ein steiles Geröllfeld, das uns einen schönen Ausblick ins Tal schenkt und uns direkt zum gekennzeichneten Einstiegsplatz des Steiges führt.

Der Einstieg in den Pidinger Klettersteig.
Ein prüfender Blick auf die Felsen des Hochstaufens erleichtert uns, denn diese scheinen trocken zu sein, sodass wir die Tour wie geplant fortsetzen können. So starten wir gleich, nachdem wir die komplette Klettersteigausrüstung angelegt haben. Den Pidinger Klettersteig, ausgezeichnet mit der Schwierigkeit D, zählen Manche zu den schwierigsten Klettersteigen Deutschlands, weshalb auch dieser Klettersteig keinesfalls unterschätzt werden soll. Es handelt sich um einen Sportklettersteig, welcher kraftraubend ist und absolute Schwindelfreiheit verlangt. Eine vollständige Klettersteigausrüstung inklusive Steinschlaghelm und Handschuhe ist unabdingbar, ebenso empfehle ich eine Bandschlinge mit geeignetem Karabiner als Rastmöglichkeit. Erfüllt man aber alle Voraussetzungen, ist dieser Steig ein wahrer Genuss!

Der erste Teil startet bereits mit einer fordernden 50 Meter hohen, steilen Einstiegswand (C). Da der anspruchvollste Part am Ende des Steiges kommt, sollte man anfangs die Armkraft schonen und so viel wie möglich aus den Beinen steigen.

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Die ersten Meter des Steigs in der Vertikalen ©FH

Ist diese Einstiegswand zurückgelegt, darf man auf etwas leichteren A bis B Passagen erstmal die Kräfte schonen und die Aussicht genießen. Nicht mehr seilversichert überqueren wir so eine Schuttrinne bis kurz vor der nächsten steilen Wand, wo sich auch eine erste Möglichkeit für einen Notausstieg befindet. Diesen sollte man auf jeden Fall wählen, wenn man im ersten Abschnitt bereits Probleme hatte. Denn auf den nächsten Metern wartet der erste anspruchsvolle D-Abschnitt – es wird also keinesfalls leichter.

Und diese Wand hat es in sich: Zum Teil leicht überhängend geht es auf kleinen Tritten steil bergauf. Dennoch lohnt sich jeder Schritt, man hat eine einzigartige Weitsicht bis an den Chiemsee.

Am Ende der ersten anspruchsvollen D-Stelle mit unversicherten A-B-Teil rechts ©FH

Um ungefähr 8 Uhr erreichen wir den zweiten Notausstieg, welcher sich schätzungsweise in der Mitte des gesamten Klettersteigs befindet. Ohne Pause steigen wir weiter, einen steilen Pfeiler (C) hinauf und nach einer leichten Linksquerung in einer vertikalen Rinne weiter über einen zweiten Pfeiler in Schwierigkeit C.

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Mit Konzentration auf jeden Schritt und Tritt ©FH

 

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Mit Weitsicht bis zum Chiemsee © FH

Ist dieser Teil geschafft, wartet ein kurzer Abstieg auf uns – über kleine Steilstufen und Felsbrocken geht es abwärts an einen kleinen Schuttkessel vorbei, welcher in Notsituationen als Schutzhöhle dienen kann. Wie ich schnell merke, darf auch in diesem Abschnitt die Aufmerksamkeit nicht nachlassen, da einige Stellen durch loses Gestein rutschig sind. Gerade die Abwechslung in den Schwierigkeitsstufen beschert besonders viel Spaß, da man immer wieder den Blick in das schöne Panorama genießen kann.

Am Ende des schmalen Pfades erwartet uns das letzte und schwierigste Drittel: Steil und exponiert geht es in die Vertikale. Für einen kurzen Moment muss ich mir eine Pause gönnen und setze mich durch die Bandschlinge gesichert in meinen Klettergurt. Was für ein Gefühl – so nah am Felsen und so weit der Blick. Hohenangst ist hier definitiv fehl am Platz!

Gefühlt auf dem Dach der Welt © FH

Oben am Ausstieg angekommen, merke ich erst, wie anstrengend der Endspurt tatsächlich war. So geht es ein wenig erschöpft für eine kleine Stärkung an das Gipfelkreuz bevor wir weiter zum Bad Reichenhaller Haus ziehen, wo wir auf eine heiße Schokolade einkehren.

Gelegen auf 1750 m ist die Alpenvereinshütte aufgrund seiner exponierten Lage oft auf Listen der schönsten Berghütten in den Alpen zu finden. An schönen Tagen hat man auf der Terrasse eine unschlagbare Aussicht auf Salzburg, das Alpenvorland, die Salzkammergutberge und die Berchtesgadener Alpen. Heute allerdings, wird das Panorama nur kurz von vorbeiziehenden Nebelschwaden freigegeben. Aber das stört mich nicht: Entspannt sitzen wir auf der Terrasse und tanken wieder unsere Kräfte für den Abstieg.

Am Felsen vorbeiziehende Nebelschwaden © FH

Der Abstieg über die Steinernen Jager
Meist wird der Weg, welcher ebenso als Klettersteig ausgezeichnet ist, als Aufstieg gewählt. Er ist abwechslungsreich und anspruchsvoll. An steilen Stellen stehen Stahlstifte und Tritthilfen für einen sicheren Auf- oder Abstieg zur Verfügung. Eine Seilversicherung ist aber dennoch nicht notwendig. Eigentlich hatten wir den Abstieg über den Normalweg geplant, von Neugierde geleitet entscheiden wir uns allerdings spontan um. Der Name des Steiges ist übrigens auf eine Sage zurückzuführen: Es wird erzählt, dass dort zwei Jäger zu Stein verwandelt worden sind, als diese lieber jagen waren und die Gläubigen im Tal verhöhnten, anstatt wie alle anderen zur Andacht zu gehen. Bis heute sind sie an den Platz ihrer Frevelei gebunden.

Der Abstieg über den Steinernen Jäger ist abwechslungsreich und erleichtert so manch unangenehmen, eintönigen Abstieg. Auch wenn dieser anfangs steiler ist als der Normalweg, stellt die Abstiegsvariante nicht wirklich eine Abkürzung dar, da sie sich gerade im letzten Stück ein bisschen zieht. Der Abstieg bis zurück nach Urwies dauert ebenso ungefähr 2 Stunden. Wer auch gern auf zwei Rädern in den Bergen unterwegs ist und/oder nicht so viel Zeit für die Tour mitbringt, kann den Zustieg zum Klettersteig auch mit seinem Mountainbike bewältigen. So spart man sich auch im Abstieg ein paar Minuten.

K. O. und sehr glücklich geht es für mich nach dieser längeren, anstrengenden und schönen Tour wieder heimwärts – in Gedanken bereits bei der Planung für meinen nächsten Ausflug ins BGL!
Bis bald, Eure Katharina

Aufgewachsen zwischen den Bayerischen Voralpen und den Chiemgauer Alpen waren die Berge schon immer ein großer Abenteuerspielplatz für mich. So zieht es mich heute in jeder freien Minute in die Natur - auf die Pfade und Gipfel der Berge, am liebsten zu Fuß, auf dem Mountainbike oder in der Vertikalen am Fels. Der Natur so nahe zu sein und zu spüren, die Anstrengung den Gipfel zu bezwingen und das erfüllende Gefühl nach jeder Tour - das bedeutet für mich pures Glück. Stets neugierig und offen für Neues bin ich immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen, Touren und sonstigen sportlichen Herausforderungen am Berg und genieße so alle Möglichkeiten, die das Bergsportparadies Berchtesgadener Land zu bieten hat. Auf diesem Wege möchte ich meine Liebe zu den Bergen und die einzigartige Landschaft des BGL mit euch teilen und euch einladen, an meiner Entdeckungsreise rund um Watzmann & Co. teilzuhaben.

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