
Bike & Hike & Boat-Tour im Hagengebirge (Teil 1)

Zwei Tage im Hagengebirge
Eine zweitägige Schönwetterperiode im bisher eher wechselhaften Sommer…das musste genutzt werden! Nur wie? Bei den zahlreichen Touren-Möglichkeiten, die das Berchtesgadener Land bietet, fällt es manchmal echt schwer, sich zu entscheiden…Notfalls hilft auch unser Touren-Finder bei der Suche nach der optimalen Tour! Letztendlich fiel die Münze dann auf das Hagengebirge. Eifrig ging es an die Tourenplanung, bei der am Ende eine etwas unkonventionelle Bike & Hike & Boat – Tour mit der Gotzenalm als Base-Camp herauskommen würde.
Am ersten Tag fuhr ich mit dem Radl zur Gotzenalm hinauf. Im Anschluss führte es mich über das Gipfeltrio Kahlersberg, Windschartenkopf und Schneibstein zum Carl-v.-Stahl-Haus. Von dort ging es dann abends noch wieder zurück nach Schönau.
Der zweite Tag der Hagengebirge-Expedition startete mit der Bootsfahrt über den Königssee zur Saletalm. Über die Stationen Obersee, Röthsteig und Wasseralm erreichte ich wieder die Gotzenalm, wo mein Fahrrad übernachtet hatte und bereits auf mich wartete. Den Abschluss des zweitägigen alpinen Triathlons bildete dann die Abfahrt von der Gotzenalm nach Schönau.
Alle genannten Orte und Gipfel bieten auch als separate Unternehmungen außerordentlich reizvolle Tourenziele.
Bike-Auffahrt zur Gotzenalm
Die Tour zur Gotzenalm (1685m) wird oft als Königstour unter den Mountainbiketouren im Berchtesgadener Land bezeichnet. Dieser Ruf kommt nicht von ungefähr: Wunderschön, weit und steil ist die Auffahrt zu einer der schönsten Hochalmen im Berchtesgadener Land.
Um halb 6 starte ich meine Hagengebirge-Expedition von der Haustür weg und fahre über den kürzlich zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürten Königsseer Weg in Richtung Königssee. Kurz vor Erreichen des Sees biege ich zur Talstation der Jennerbahn ab. Etwas oberhalb zweigt dann die sogenannte Hochbahn ab. Diese zieht gnadenlos steil, an kurzen Stellen zu steil für mein „Möchtegern-Mountainbike“, in Richtung Königsbachalm hinauf. Zwischendurch öffnen sich erste Tiefblicke auf den Königssee.

Bald treffe ich dann auf die Forststraße, die von der Jenner-Bahn-Mittelstation zur Königsbachalm führt, welche bei nun geringerer Steigung schnell erreicht wird. Radwegweiser liefern mir genaue Kilometer- und Höhenmeterangaben. Für den Einen frustrierende, für den Anderen motivierende Informationen…

Anschließend geht es eben und teilweise auch fallend die schöne Forststraße durch Almflächen und Waldabschnitte zur Gotzentalalm herüber. Auf diesem Abschnitt kann man sich gut von der zurückgelegten Strecke erholen und Kräfte für das Kommende sammeln. Das hat es nämlich echt in sich! Zahlreiche Kehren führen das erste, lange Steilstück hinauf. Bei einer Verschnaufpause in einer aussichtsreichen Kurve gebe ich die Pole-Position gerne an ein Pärchen E-Biker weiter, das völlig entspannt an mir vorbeizieht und mir aufgrund meines Gefährts mitleidsvolle Blicke zuwirft. Weiter gehts…!

Der Bergwald lichtet sich wieder und ein angenehmes Flachstück folgt, bevor der mörderische Schlussanstieg zur Gotzenalm wartet! Hier stößt mein Rad zwischenzeitlich erneut an seine flachlandtirolerische Grenzen und bevor ich rückwärts wieder runterrolle, schiebe ich das Rad lieber für einige Meter hinauf. Wie sooft fange ich an von einem richtigen Mountainbike zu träumen, mit dem man die Schluss-Serpentinen bei entsprechender Fitness und Übung sicher ohne Absteigen schafft. Nach der letzten besonders steilen Kehre breitet sich dann plötzlich die weite Almfläche der Gotzenalm vor mir aus und der etwa 3-stündige Bike-Teil des ersten Tages ist geschafft.



Bei dem absolut empfehlenswerten Abstecher zum Feuerpalven vertrete ich mir kurz die Beine. Nach wenigen Minuten an dem Aussichtspunkt angekommen, bin ich von dem unwirklichen Tiefblick auf den 1000 Meter senkrecht unter mir liegenden Königssee überwältigt. Die Halbinsel St. Bartholomä ragt genau gegenüber in den See und ist aus diesem Blickwinkel gemeinsam mit der darüber aufragenden Watzmann-Ostwand nur sehr schwer auf ein Foto zu bekommen. Was für ein Höhenunterschied!

Jetzt gönne ich mir erstmal ein zweites Frühstück auf der Sonnenterrasse der Gotzenalm. Die letzten Hüttenwanderer, die auf der Alm übernachtet haben, machen sich gerade auf den Weg, die Hütte wird für den anstehenden Tag gesäubert und gemeinsam mit ein paar Mountainbikern sauge ich die Wärme der Morgensonne auf.

Aufstieg zu Kahlersberg, Windschartenkopf und Schneibstein
Nachdem ich beim Wirt Bescheid gegeben habe, dass ich das Fahrrad erst am nächsten Abend abholen würde, um eventuellen Sorgen vorzubeugen, nehme ich den Hike-Teil der Tour in Angriff.
Bike & Hike-Touren stellen meine absolute Lieblings-Bergsportdisziplin dar. Zum einen kann man auf diese Weise Zeit sparen und auch abgelegene Ziele ohne Übernachtung erwandern, den Ausgangspunkt der eigentlichen Wanderung in die Höhe verlagern und sich das doch manchmal monotone Wandern auf Forststraßen ersparen. Am Ende der Wanderung wird man mit einer Abfahrt belohnt und bringt die Höhenmeter ins Tal auf einer deutlich angenehmeren Art und Weise hinter sich. Aus sportlicher Sicht reizt mich besonders die Kombination der beiden komplett verschiedenen Belastungsformen, die es Einem erlauben, sich zwei Mal komplett auszupowern. Hat man sich kurz von der Auffahrt erholt und bricht man anschließend zu Fuß auf, spürt man den Bike-Abschnitt eigentlich überhaupt nicht mehr in den Beinen, denn nun sind andere Muskelgruppen gefordert. Also starte ich voller Energie in Richtung Kahlersberg, dem ersten Gipfelziel des Tages…
Ein schöner Steig führt zunächst über das Hochalmgelände und durch lichten Bergwald ohne deutlichen Höhenverlust- oder -Gewinn an der Regenalm vorbei bis zu einer auffälligen Geländekante. Um diese herum biege ich in das Landtal ein. Schön ist der Blick auf viele einsame Gipfel des Hagengebirges und in das Gebiet rund um die Wasseralm, wo man den Röthbachfall, Deutschlands höchsten Wasserfall, erkennen kann. Das Rauschen der 470 Meter herunterfallenden Wassermassen ist sogar bis hierher deutlich zu vernehmen. Ich freue mich schon die Gegend um die Wasseralm am nächsten Tag genauer zu erkunden.


Nun schaue ich aber erstmal zum Hochgschirr auf. 300 steile Höhenmeter werden zunächst über saftige Bergwiesen und weiter oben über Geröll und Felsblöcke überwunden. In der Einschartung angekommen, wird man mit einem tollen Tiefblick auf den in schöner Umgebung eingebetteten Seeleinsee belohnt. Zur rechten Seite baut sich nun mächtig der Kahlersberg auf. Ein gelber Wegweiser leitet direkt auf den Wandfuß zu, den man durch ein harmloses Geröllfeld erreicht. Durch diese Flanke soll es also relativ leicht hochgehen…



Spannend windet sich der Pfad durch die Felsrinne des Mauslochs und quert schmale Grasabsätze. Trittsicher sollte man auf jeden Fall sein, um den Gipfel ohne Probleme zu erreichen. Nicht nur aufgrund der rauen Wegbeschaffenheit sollte man den Blick immer wieder gen Boden richten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entdeckt man nämlich die eine oder andere Edelweißpflanze am Wegesrand. Als der Pfad den breiten Gipfelhang erreicht, wird es dann leichter. Nach etwas mehr als einer Stunde komme ich am höchsten Punkt an, wo es Mittags unter den tiefen Wolken noch recht frisch und windig ist. Nach kurzer Aussichtspause geht es deshalb und aufgrund des langen Programms, das noch auf mich wartet, auf dem Aufstiegsweg wieder abwärts.






Schnell ist der Seeleinsee vom Hochgschirr aus erreicht. Ein wahres Kleinod der Berchtesgadener Alpen! Die Wolken lösen sich immer mehr auf, ich entscheide mich gegen ein Seebad und für ein Sonnenbad am Ufer des dunkelgrünen Seeauges.

War die Wegstrecke bis zum See eher wenig begangen, kommen mir nun immer mehr Wanderer entgegen, die auf der beliebten Kleinen Reibn unterwegs sind. Letzte Woche hätte ich hier auch Christian treffen können, der diese Tour in seinem Bericht ausführlich beschreibt. Vom See aus steigt die Kleine Reibn nun stetig im Trog zwischen Fagstein, Hochseeleinkopf und Windschartenkopf in Richtung Windscharte an. Dort angekommen, weist ein weißes Schild auf den kurzen Abstecher zum Windschartenkopf hin, den ich gerne mitnehme. Am Gipfel erwartet mich ein tolles Panorama bei mittlerweile fast wolkenlosem Spätnachmittagshimmel.



Wieder in der Windscharte angekommen, führt der Weiterweg nun in mäßiger Steigung auf die flache Kuppe des behäbigen Schneibsteins. Eine wahre Panoramapromenade! Immer wieder höre ich nun links und rechts des Weges Steine poltern und Geröll rieseln oder nehme Bewegungen wahr. Gegen frühen Abend wimmelt es zwischen Windschartenkopf und Schneibstein geradezu von Steinböcken, die friedlich in der Abendsonne grasen oder zu einem Verdauungsspaziergang durch die Felsblöcke aufbrechen. Am Ende entdecke ich auf dem Weg zum Schneibstein sicher zwischen 20 und 30 Exemplare des anmutigen Alpentieres.



Nicht zuletzt aufgrund der vielen Beobachtungspausen kommt die Sonne dem Horizont schon sehr nahe als ich den doppelkreuzigen Schneibsteingipfel erreiche und das heutige Gipfeltrio somit komplett ist. Auf dem weitflächigen Gipfelplateau döse ich dann fast eine Stunde lang in der Abendsonne und öffne immer wieder die Augen, um in das weite Gipfelrund aus allen bekannten Gebirgsmassiven der Berchtesgadener Alpen zu schauen. Einige Bergsteiger kommen nun vom Carl-v. Stahl-Haus aus hoch um sich den Sonnenuntergang von dieser tollen Aussichtswarte aus anzuschauen.




Abstieg vom Schneibstein
Ich entscheide mich heute schweren Herzens gegen den Sonnenuntergang am Gipfel um in Hinblick auf den Folgetag nicht allzu spät zuhause zu sein und steige zur besagten Hütte ab. Der Abstieg über den Nordwestkamm zieht sich ganz schön in die Länge und ist im Abstieg ruppiger als erwartet. Auf Hälfte des Grates geht die Sonne dann hinter dem Jenner unter und verursacht ein famoses Farbspektakel in der Berchtesgadener Bergwelt.







In der Dämmerung erreiche ich das gut gefüllte Carl-v.-Stahl-Haus und fülle für den langen Abstieg bis vor meine Haustür nochmal meine Getränkevorräte auf. In den Genuss der Rad-Abfahrt würde ich erst am nächsten Tag kommen. Über das Torrener Joch und die Mitterkaseralm steige ich in der Dunkelheit zur Jenner-Mittelstation ab. Kurz vorher treffe ich auf eine Gruppe von Kletterern, die am Hohen Brett unterwegs war und mir netterweise einen Platz in ihrem Auto vom Parkplatz Hinterbrand aus ins Tal anbietet. Gemeinsam steigen wir die letzte Stunde zum Parkplatz ab und statt zu Fuß, lege ich die abschließenden 500 Höhenmeter auf der Asphaltstraße ins Tal motorisiert zurück. Ob mir mein Fahrrad diesen Seitensprung und die Nacht im Freien verzeiht…?


3 Kommentare
Oliver
Hallo Jannis,
wieder eine sehr schöne Tour und sehr schöne Bilder, da wird man richtig neidisch. Aber jetzt sind es nur noch 3 Tage und wir freuen uns schon drauf dann endlich die Stiefel zu schnüren. Hoffentlich bleibt das Wetter einigermaßen gut. Und ich hab es nicht vergessen, falls wir uns treffen singen wir das Lied von der Kuh auf der Alm 🙂
Gruß Oliver
Jannis
> Danke Oliver!
Na dann geht es ja übermorgen endlich los! Momentan sieht die Wettervorhersage ganz gut für die nächste Zeit aus, hoffentlich könnt ihr einige Touren machen! Mit jeder Tour wird die Wahrscheinlichkeit für das wahrscheinlich grandioseste Duett, dem das Berchtesgadener Land je lauschen durfte, größer! 😉
Pingback: