
Über den Dächern von….
Nein, nicht Nizza sondern Berchtesgaden, weniger mondän, aber voller Geschichten steckt die zweistündige Führung von Ulrike Goßner.
Treffpunkt ist an der Stiftskirche in Berchtesgaden. Ihre Führung ist keine klassische Stadtführung, sondern eine Tour mit Geschichten, Anekdoten und Kuriositäten. Aber auch Natur und Gestein liegen der Geo- und Biologin am Herzen. Nach einem ganz kurzen Abriss zur Geschichte von Berchtesgaden geht es zum Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Sie weist uns auf den Namen Peter Renoth hin. Ein typisch Berchtesgadener Name: „Es gab damals den Otto aus dem Rennlehen, also den Renn-Ott“, erzählt sie. Aus dem Hausnamen und dem Otto ist dann der Name Renoth entstanden. Wir wenden uns dem Rathaus zu, das 1873 möglicherweise nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges aus französischen Reparationsgeldern gebaut wurde. In den Räumlichkeiten befand sich früher auch die Schule.

Die katholische versteht sich, denn die Kinder wurden getrennt unterrichtet. Im Schreibwarenladen am Schlossplatz konnte man sogar unterschiedliche Rechenheft kaufen.
Warum die katholischen Hefte eine andere Gestaltung hatten, erschließt sich uns heute wohl nicht mehr. Vorbei an der Pfarrkirche St. Andreas gehen wir ein Stück durch das Nonntal, das früher ein sehr belebter Straßenzug war.

Allein sieben Lebensmittelgeschäfte und vier Wirtshäuser konnten hier gutes Geld verdienen. Es gab sogar einen „Küchenfensterladen“, durch den eine Berchtesgadenerin Alpenblumen an Touristen verkaufte. Dem belgischen König sei wohl einmal der Preis von 1 Mark zu teuer gewesen, die resolute Verkäuferin soll ihn aber mit einem „Hoheit, handeln lass ich mit mir ned“ in die Schranken gewiesen haben.

Weiter geht es auf dem Seligpreisungsweg bis zur Soleleitung auf dem Lockstein = lockerer Stein. Immer wieder fielen große Gesteinsbrocken vom Lockstein ins Nonntal. Die Kirchleitnkapelle oberhalb der Soleleitung ist nicht nur ein wunderschöner Aussichtsplatz auf den Watzmann, man sieht von dort auch die vier Kirchen des Berchtesgadener Marktes. Wer mehr über die Geschichte der Soleleitung erfahren will, kann hier nachlesen, oder eine entsprechende Führung buchen.

Nebenbei erfahren wir noch, dass ein Mondkrater nach dem genialen Ingenieur und Erbauer der Soleleitung von Reichenbach benannt wurde.
Ulrike Goßner lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den Brunnen, der an der Soleleitung steht. Dieser natürlich geformte Stein wurde so freigelegt. Eine Quelle oberhalb des Steins machte den natürlichen Brunnen möglich. Der Kalkstein, der den Brunnen formt, entsteht aus Kalkschalen von verschiedenen, teilweise winzigen Meereslebewesen. Die Größe dieser Lebewesen demonstriert sie uns anhand eines Fotos.

Wir wandern weiter entlang der Weinreben an der Soleleitung. „Wein wurde schon von den Augustiner Chorherren angebaut, heute sind die Weinstöcke eine liebevolle Erinnerung an die genussfreudigen Kirchenherren.“ In Berchtesgaden spielt Bier einfach eine größere Rolle.
Das Haus Gramiller ist unsere nächste Station. Die Holzhandwerkerfamilie fertigte unter anderem Spanschachteln, in denen auch Lebensmittel aufbewahrt wurden. „Der Vorgänger der Tupperware“ sozusagen.

Weiter geht es oberhalb der Soleleitung zu den Gletschertöpfen. Diese bilden sich durch Risse im Gletscher, in die Wasser einläuft. Der unten entstehende Strudel formt die bis zu 4 Meter breiten und 12 Meter tiefen „Töpfe“.

Auf dem Weg erfahren wir noch, was ein Spiralbaum oder ein Prallhang sind.

Und weil ich nicht alle Geschichten nacherzählen kann, solltet ihr euch diese am besten einmal selbst anhören. Unter „NaturTour“ findet man viele interessante Führungen von Ulrike Gloßner, unter anderem zum Thema Geologie und Botanik, einige auch für Kinder geeignet. Und selbstverständlich auch bei den Berchtesgadener Gästeführerinnen. Ein besonderes Erlebnis ist auch die Nachtwächterführung
Eure Isabel

