Ausflugstipps

Märchen und Geschichten unter Tage

Ein Besuch im Salzheilstollen Berchtesgaden

Zarte, mystische Klänge dringen an mein Ohr. Wenn das mal keine zarten Feenglöckchen sind… Mit geschlossenen Augen liege ich auf einer bequemen Liege in dicke Decken eingekuschelt. Eine Wärmflasche schmiegt sich wohlig an meine Füße. Die Gedanken driften ab. Es würde mich nicht wundern, wenn gleich ein Traum mit rosa Prinzessinnen, grünen Drachen und stolze Prinzen um die Ecke käme. Vorsichtig blinzele ich kurz in die Realität. Ist da gerade ein Zwerg mit Spitzhacke und Arbeitshandschuhen vorbeigehuscht? Ohne ein Übermaß an Phantasie sehe ich nur die Nachbarliege, auf der, ebenso kuschelig eingemummelt, meine sechsjährige Tochter entspannt. Nur der Haarschopf schaut heraus. Die riesige Halle, in der wir uns befinden, liegt mit ihren über 850 Quadratmetern in schummeriges Licht getaucht. Ein Solebrunnen plätschert leise. Durch das sechs Meter hohe Deckengewölbe ziehen sich wellenförmig die verschiedenfarbigen Maserungen des Gesteins. Rot und rosa schimmern die Salzschichten heraus.

Wir befinden uns 750 Meter horizontal im Berg. Ungefähr vier Minuten sind wir mit der Grubenbahn des Salzbergwerks in den Berg hineingefahren. Um uns herum befinden sich unzählige Tonnen Gestein und 260 Millionen Jahre altes Salz. Das Klima im Heilstollen bleibt ganzjährig gleich: 85 % Luftfeuchtigkeit mit einem hohen Salzgehalt und eine Temperatur von ungefähr 12 Grad Celsius. Ideal für meine Tochter, die seit Wochen mit einem hartnäckigen Husten kämpft. Abgeschirmt von allen Umwelteinflüssen, verlieren wir schnell jegliches Raum- und Zeitgefühl – so als ob aller Alltagsstress und alle Sorgen in den Gesteinsritzen verschwinden.

Plötzlich taucht ein kleiner Kopf mit wuscheligen weißen Haaren und einer blauen Zipfelmütze neben uns auf. „Ich bin der Isidor“, stellt sich der Zwerg vor und seine Stimme klingt verdächtig nach der von Birgit Menning, die durch die heutige Märchen- und Geschichteneinfahrt führt.

Forsch fragt die kleine Handpuppe meine Tochter: „Hast Du Werkzeug dabei?“ Das muss sie leider verneinen und Isidor ist enttäuscht. Immer wieder hofft er, dass ihm die Kinder bei seinem Tagwerk helfen: Salzsteine aus dem Fels lösen. Auch wenn wir Hammer und Meißel daheim gelassen haben, darf sich mein Schulkind einen kleinen Salzstein aus einem Korb nehmen, den Isidor mitschleppt.

Der Salzheilstollen Berchtesgaden ist in Westeuropa einzigartig. Täglich gibt es eine Vormittagseinfahrt in aller Stille zum Entspannen und Meditieren. Nachmittags ist dann Programm angesagt. Und das ist mehr als abwechslungsreich: Klangschalenmagie, geführte Meditationen oder klassische Konzerte. Es scheint für jeden Geschmack etwas geboten und als ganz besonderes Erlebnis, können Gäste eine ganze Nacht im Salzheilstollen verbringen.

Ungefähr zwei Stunden verbringen wir im Salzheilstollen. Neben uns sind knapp 40 andere Personen mit von der Partie. Für heute – in den bayerischen Faschingsferien – gab es keine Karten mehr – die Einfahrt war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Mitarbeiterinnen des Salzheilstollens kümmern sich liebevollst um alle Gäste. Wer sich im Dunklen fürchtet, bekommt einen Platz in der Nähe der spärlichen Beleuchtung. Es wird beim Decke feststecken geholfen und die Handyfotos von der ganzen Familie auf ihren Liegen sind auch inklusive. Birgit Menning liest mit ruhiger, angenehmer Stimme drei Geschichten vor. Neben einem kurzen Märchen, lernen wir den Findefuchs kennen und fiebern mit der kleinen Fee, die ihren Zauberstein sucht. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich sanft wegdämmere – so ohne Autolärm und Handysummen fühle ich mich in diesem von außen völlig abgeschirmten Raum sicher und geborgen. Viel zu schnell sitzen wir wieder auf der Grubenbahn und fahren in einen hellen Tag zurück

Ein kleines Hämmerchen liegt bei uns zu Hause jedenfalls nun bereit – bei der nächsten Einfahrt möchte meine Sechsjährige unbedingt gerüstet sein, um Isidor beim Salzsteinabbau zu helfen.

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert