Adlerbegegnung auf dem Untersberg
Frühjahrstour im Januar
Da die Schneebedingungen in Berchtesgaden am letzten Wochenende eher den üblichen Verhältnissen im April entsprachen, stand eine Frühjahrstour auf dem Programm. Wir wollten mal wieder auf den Untersberg, und um auf der Bischofswieser Westflanke möglichst viel Sonne abzubekommen, ging’s ausnahmsweise erst mittags los. Von Hallthurm aus wanderten wir ein kurzes Stück auf der Forststraße und bogen dann auf den Almsteig ab, der unter Einheimischen wegen seines sehr steilen, holprigen Verlaufs über Stock und Stein nur der „Knieschnackler“ genannt wird.
Auf dem berühmt-berüchtigten Knieschnackler

Vorbei an struppigen Windwurfflächen und überhängenden Kalksteinwänden ging es in der Sonne hinauf. In den umliegenden Felsen entdeckten wir einige altbekannte Adlerhorste, die jedoch momentan noch nicht von den großen Greifvögeln genutzt werden – die Brutzeit beginnt erst Ende März. Kleine Marienbildern in Felsnischen und einige Marterl für Verunglückte zeugten entlang des Steigs von seiner langen Nutzungsgeschichte… und ein Kettensägenkunstwerk von der Kreativität der hiesigen Forstarbeiter. Bald erreichten wir die beiden etwas luftigen Drahtseilpassagen und kamen danach wieder in unproblematisches Waldgelände. Doch schon ein kurzes Stück weiter stießen wir, deutlich tiefer als gedacht, auf den ersten Altschnee. Dieser sollte uns bis hinauf zum Gipfel erhalten bleiben, also wurden Gamaschen und Stöcke ausgepackt und die mühselige Spurarbeit auf dem nur mäßig ausgetretenen Pfad begann.
Zäher Aufstieg im Schnee
Diesmal hatten wir wegen der folgenden Schinderei wenig Aufmerksamkeit für die Fährten und Zeichen der verschiedenen Bergtiere übrig. Ob Gamstritt oder Schneehasenspur, Spechthöhle oder erfrorene Tannenmeise, wir würdigten alles nur mit einem kurzen Blick und stapften weiter im knietiefen Schnee dahin. Irgendwann erreichten wir endlich die Zehnkaser-Alm und querten nun ein wenig flacher am Hang entlang hinüber zum Gatterl und dem Stöhrweg, der von Maria Gern heraufzieht.

Ab hier wurde die Spur deutlich besser und die letzten Etappen am Stöhrhaus vorbei zum Berchtesgadener Hochthron verliefen immerhin etwas weniger schweißtreibend.

Steinadler am Gipfel
Am Gipfelkreuz entschädigte das gewaltige Bergpanorama für die bisherigen Mühen – die komplett vergessen waren, als plötzlich am Rücken zum Rauen Kopf hinüber ein Steinadler vorbeigeschossen kam! In schwungvollem Wellenflug zog das Adlermännchen über die Latschenhügel hinweg und wurde nach wenigen Minuten von einem weiteren, noch größeren Vogel eingeholt: auch das Weibchen des örtlichen Revierpaares hatte sich eingefunden. Die beiden kreisten in der dünnen Nachmittagssonne ohne einen einzigen Flügelschlag hoch hinauf und segelten schwerelos über ihr Reich hinweg: die Könige der Lüfte in ihrem Element.

Viel zu schnell waren die beiden zu kleinen Punkten vor dem Watzmann geschrumpft und wir verloren sie aus den Augen. Da die Gipfelrast nun nicht mehr spektakulärer werden konnte und auch ein eisiger Wind einsetzte, begannen wir zügig mit dem Abstieg.
Abstieg in der Abendsonne
Im Schnee dahinschlitternd erreichten wir überraschend schnell wieder das Stöhrhaus und unsere Spur zum Zehnkaser. Doch für den Weiterweg entschieden wir uns für den deutlich besser ausgetretenen Pfad Richtung Reisenkaser. An diesem vorbei waren wir bald wieder an den Westhängen des Untersbergs. Im Sonnenuntergang stiegen wir auf dem nun schneefreien Weg hinab zum Nierntalsattel und zur Forststraße, die uns im letzten Licht zum Auto am Hallthurm führte.

Der Untersberg: immer wieder ein Erlebnis, und als Nachmittagstour recht knackig!
Euer Toni Wegscheider