Neue Schindeln braucht das Dach

Früher waren sie fester Bestandteil der Bauernöfe und Häuser, heute sieht man sie im Tal nur noch sehr vereinzelt: Schindeln auf dem Dach. Auf den Almen hingegen ist das Schindeldach immer noch die häufigste Form der Dacheindeckung. Wir haben den das milde Wetter genutzt, und begonnen, das Legschindelach unseres Kasers auf der Bindalm umzudecken und kaputte Schindeln auszutauschen.
Das Holz für die Schindeln muss genau ausgesucht werden: es muss gerade und feinwüchsig sein, sowie unbedingt astfrei, worauf es auf 70 Zentimeter abgelängt, gespalten und mit einem breiten Messer, das auf beiden Seiten einen Griff hat, nachbearbeitet wird. Durch das Spalten wird der natürliche Faserverlauf des Holzes nicht zerstört, was die gespaltene Schindel haltbarer macht als ein gesägtes Exemplar. Für die Legschindeln kommen bei uns Schindeln aus Fichte zum Einsatz. Die Schindeln werden überlappend verlegt, das bedeutet, lediglich etwa ein Drittel der einzelnen Schindel ist der Witterung ausgesetzt. Das Legschindeldach muss etwa alle fünf Jahre umgedeckt werden, wobei eine noch nicht der Witterung ausgesetzte Seite der Schindel nach oben kommt.

So können die Schindeln zumindest theoretisch viermal verwendet werden. In der Praxis sind einige der Schindeln durch die Witterungseinflüsse aber nicht mehr zu gebrauchen und werden durch neue Exemplare ersetzt. Früher haben die Bauern ihre Schindeln selbst gemacht, heute ist das Schindelmachen ein aussterbendes Handwerk. Nur noch wenige Firmen im Alpenraum stellen traditionelle Holz-Schindeln her, da eine maschinelle Fertigung nicht möglich ist.
Auf den flachen Dächern der im Berchtesgadener Land Kaser genannten Almhütten verzichtet man üblicherweise darauf, die einzelnen Schindeln auf der Dachlattung festzunageln, wie es zum Beispiel bei den steilen schindelgedeckten Kirchendächern gemacht wird, sondern beschwert Schindeln mit hölzernen Schwerstangen, die wiederum durch Steine, die sogenannten Schwersteine niedergehalten werden.

Auf dem Dach des Möslerkasers sind es etwa 300 Steine, die verhindern, dass die Schindeln leichte Beute für den Wind und Wetter werden. Während des Umdeckens werden die Steine auf die Seite gelget und am Ende, zur Fixierung der Stangen und der darunterliegenden Schindeln wieder an ihre richtige Stelle gebracht. Das Ergebnis unserer Arbeit kann sich schon mal sehen lassen, oder was meint Ihr?

Dreiviertel einer Dachseite sind bereits umgedeckt, der Rest des Daches wird in den kommenden Wochen folgen. Zum Almauftrieb Anfang Juni wird das Dach des Kasers dann komplett umgedeckt sein!
Schaut doch im Sommer mal vorbei und schaut es Euch selbst an! Euer Sepp
16 Kommentare
Tina Ott
Wenn ihr Lärchenschindeln verwenden würdet, dann braucht ihr nicht so oft umdecken! Lärche ist viel härter und hat mehr Harz, das das Holz haltbarer macht. Man sagt Lärche hält mindestens so lang wie das Dach geneigt ist. Also die Gradzahl ist die Zahl der Lebensjahre. Ich weiß von was ich spreche, habe ich doch im Betrieb meines Vaters Theo Ott das Schindelnmachen gelernt. Aber das Dach schaut natürlich super aus.
Sepp BGLT
Servus Tina, das wissen wir natürlich. Allerdings ist es auch eine Frage des Preises, immerhin sind Lärchenschindeln doch um einiges teurer!
Tina Ott
Lasst Euch beim nächsten Mal von der Firma Ott ein Angebot machen! (Schleichwerbung 😉 ) Über die Jahre gesehen ist Lärche natürlich günstiger. Hab’s selber auf dem Dach – aber natürlich nicht gelegt, sondern genagelt. Das werde ich in diesem Leben nicht mehr neu eindecken müssen! (Bin fast 50)
Aber egal: In BGD gibt es so viele Blechdächer, da freut man sich über so eine schöne Ausnahme wie die Bindalm.
Sepp BGLT
Danke Tina für deine Feedback und die Schleichwerbung lasse ich ausnahmsweise mal durchgehen!
Klaus Kellermann
Kann mir bitte jemand erklären,warum es in (und um) Berchtesgaden soviele Blechdächer gibt ?
Für die Optik wäre Schindel-oder Ziegeldach sicher schöner .
Gibt es fürs Blechdach einen(angeblichen) Vorteil ?
Schön sind sie allemal nicht.
Sepp
Servus Klaus, ich denke das sind praktische Gründe: Ein Legschindeldach macht viel Arbiet, mit genagelten Lärchenschindeln wird`s zu teuer, und ein Ziegeldach ist wahrscheinlich auch ein wenig tuerer als ein Blechdach., Deshalb wahrscheinlich 😉
Felix Elsner
Dies hat einen Geschichtlichen Hintergrund, viele der Heutigen Blechdächer im Alpenraum, sind zeugen eines Brandschutzgesetzes vor 100 oder 200 Jahren.
Viele Grüsse aus Stuttgart.
Sandra Kaiser
Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Es ist schön hier so alte Bedachungen sehen zu können. Zumal man Holzschindeln ja immer seltener Antrifft.
helga
Eine gute Erfahrung mit einem Legschindelach! In unserem Fall geht es um Dachziegeln. Im Vergleich zu dem ersten lässt unseres mehr Kälte und Sonnenhitze rein. Im Dachgeschoss ist es im Sommer für die Eltern unerträglich. Die Situation soll doch irgendwie geändert werden, danke für die lehrreiche Erfahrung!
Katja
Hallo,
ein super Dach ist das.:), tolle Arbeit!
Sind die Latten unter den Schindeln ganz normale Dachlatten?
Sepp
Ja, eine ganz normale Lattung!
Katja
> Danke!
Neeltje
Ich habe noch nie gesehen, dass ein Dach mit Steinen gedeckt wird. Ich würde unheimlich gerne mal die Arbeit an so einer Almhütte aus der Nähe betrachten. Mein Onkel ist Dachdecker, vielleicht kann er mir ja näheres dazu sagen. Aber der Artikel an sich war schon sehr informativ!
finn
Echt authentisch! Meist ja nur in den Alpen gesehen. Die Schindel werden schon heute zur Rarität, obwohl es ein günstiges Naturmaterial ist. Muss bei den Eltern bei der Dachsanierung helfen. Dachziegel sollten vielleicht nach dem ähnlichen Prinzip verlegt werden.
Alexander Dachstein
Ich würde das Bild mit den Steinen auf dem Dach für eine Projekt im Museum brauchen. Könnten sie mir weiterhelfen?
LG Alex
Jan Dijkstra
Interessant, dass das Schindeldach dieser Art alle 5 Jahre umgedeckt werden muss. Für meine Gartenhütte plane ich Dachdeckungen mit Lärchenschindeln. Hoffentlich finde ich die kommende Woche auch einen passenden Dachexperten dafür.