
Trailrun auf den Grünstein

Vor Kurzem habe ich euch schon einmal von meinen Trailrunningversuchen am Dötzenkopf in Bad Reichenhall berichtet. Und siehe da: das Fieber hat mich nun gepackt. Seit Juli herrscht nun eine Hitzewelle von über 30° im Berchtesgadener Land, nicht gerade die Temparaturen für sportliche Betätigungen. So nutzte ich den einzigsten „kühleren“ Tag um mich im Trailrunning am Grünstein zu versuchen. Wieso ich gerade auf den Grünstein komme ist ganz einfach. Er ist mein Hausberg. Jeden Morgen wache ich mit ihm auf.

Sowohl der Einstieg oberhalb der Kunsteisbahn am Königssee als auch der Parkplatz Hammerstiel sind gleich weit von meinem zu Hause entfernt. Also ist das Ganze prädestiniert für eine Überschreitung! Leichtes Gepäck ist angesagt, ich ziehe meine Laufhose an, Schuhe mit flexibler Sohle, ein T-Shirt und eine Hip-Bag mit einem Getränk. Wechselkleidung nehme ich keine mit, denn sowohl aufwärts als auch abwärts werde ich schwitzen.
So laufe ich erst einmal gemütlich bis zum Startpunkt. Bald komme ich auf die steile Forststraße, die paralell zur Eisbahn verläuft. Hier erhöhe ich schon meine Gehgeschwinidigkeit in einen raschen Nordic-Walking Schritt. Der Puls fährt hoch und endlich spüre ich wieder intensiv mein Herz schlagen. Schwitzen, schwitzen, schwitzen. Es geht wieder los. Ehrlich gesagt nervt mich das schwitzen unheimlich. Aber es muss sein, es ist eben die Klimaanlage meines Körpers und wenn diese nicht mehr funkitoniert, na dann gute Nacht! Übrigens hat schwitzen nichts mit Kondition zu tun. Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass nur unfitte Menschen schwitzen. Uhrzeitlich bin ich um die typische Frühstück-ist-vorbei-Uhrzeit unterwegs. Dadurch muss ich schon auf der Forstraße ein paar Wanderer überholen. Was ich mir natürlich denken kann, ist dass alles was aus der „Norm“ fällt kommentiert werden muss. Also höre ich hintermir bewundernde, abwertende und einfach nur dumme Kommentare. Was solls, bei mir brechen schon wieder die Glückshormone aus und da interessieren mich solche Dinge echt wenig. Nach ein paar Kehren kommt man am Einstieg zum Grünsteinklettersteig vorbei. Dort bereiten sich schon Teilnehmer einer geführten Klettersteigtour mit der SALEWA Klettersteigschule Berchtesgaden auf die bevorstehende Tour vor und bekommen eine fachmännische Einweisung. Gerade deswegen auch schon im Titel der Ausdruck Allzweckberg. Der Grünstein kann sowohl erklettert, erjoggt, erwandert und im Winter mit Schneeschuhen erreicht werden. Nur Biken ist nicht hier möglich beziehungsweise nicht erlaubt. Somit bietet dieser 1304m hohe Berg alles was das Herz des Bergsportlers begehrt.


Kurz hinter dem Einstieg zum Klettersteig geht es nach rechts zum Wanderweg Richtung Grünsteinhütte und Gipfel. Endlich kann ich die Geschwindigkeit hochschrauben, viel besser ist dieses mit Wurzeln durchzogene Steiglein zum joggen. Stöcke habe ich diesmal keine dabei und somit schwingen die Arme für das Gleichgewicht mit. Ich gewinne an Geschwindigkeit und es beflügelt mich. Kurz schaue ich hinüber zu den Kletterern, die in der Wand hängen. Heute ist echt viel los. Warteschlange im Klettersteig! Da habe ich heute wohl die bessere Wahl getroffen.
Je höher ich steige umso schwerer fühlen sich die Beine an. Aber es ist machbar. Der Steig führt in Serpentinen mit wenigen flachen Passagen den Berg hinauf.

Auf einmal sehe ich eine Menschenmasse sich vor mir den Berg hochschlängeln. Die Bundeswehr! Na toll, wie soll ich da vorbeikommen. Traurig denke ich mir schon, dass nun mein Trailrun ins Wasser fällt. Dann packt mich aber der Mut und ich schlängele mich durch den Trupp. Die Kommentare lasse ich hinter mir. Allerdings fras das Ganze ganz schön an Zeit. Ja, ich weiß die Schnellebigkeit soll nicht an den Berg und so weiter. Aber heute möchte ich einfach mal mich selbst testen. Es geht nur um mich und keinen Vergleich. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wieviel Zeit andere Trailrunner brauchen und ich habe auch hinterher mich nicht informiert.
Nur noch ein paar Holztreppen und Holzleitern und ich komme bald an die Wegkreuzung, wo auch der Weg von Kühroint zum Grünstein entlang führt. Um die Ecke kommen Kinder. Oh nein, eine große Schulklasse. Und leider nimmt niemand Rücksicht, dass hier gerade jemand steht, so werde ich schon fast an den Abgrund gedrängt. Anstatt den Lehrerinnen einen Kommentar meinerseits zu hinterlassen, schlucke ich diesen Frust runter und dieser ist dann auch wieder schnell verdaut, denn ich bin noch immer tief in meinem Glückshormonrausch, denn ich weiß, ich bin bald am Gipfel. Die Grünsteinhütte passiere ich und nun kommt es dicke. Denn die letzten Meter über Wurzeln zum Gipfel fordern nochmal ganze Muskelkraft. Aber auch das lief sich gut. Ein schöner Trail bei dem man mit einer tollen Aussicht belohnt wird. Am Gipfel ist einiges los und so trinke ich fast einen Liter Wasser aufeinmal und verlasse dann schnell wieder den Gipfel. Der Liter Wasser wird sich allerdings bald rächen.

So, jetzt wird runtergejoggt. Das ist mir das Liebste! Kleine Sprünge über Wurzeln und das schnelle gehen, macht einfach Spaß. Doch schon kurz hinter der Hütte, als links neben der Forststraße der Waldsteig zu Hammerstiel führt spüre ich ein ziehen im Bauch. Mist! Das viele Wasser auf einmal, das ich zu hastig trank und dann noch falsch geatment. Ich habe Seitenstechen. Also tiiiiief ein und ausatmen. Ganz konstant. Ein paar Minuten muss ich den Schmerz hinnehmen, doch glücklicherweise verschwindet dieser bald. Ich muss definitiv noch einiges über das Trailrunning lernen. Schnell komme ich am Parkplatz Hammerstiel an. Wow, das hätte auch ruhig länger gehen können. Nun kommt der Moment für den Blick auf die Uhr. 1,5 Stunden für die ganze Überquerung. Start: ab Wegkeuzung neben Kunsteisbahn, Ende: Parkplatz Hammerstiel. Keine Ahnung, ob das eine gute Zeit war oder nicht. Jedenfalls fühlte sich die Dusche danach an wie ein Spa-Aufenthalt.
Nach meinem ersten Artikel habe ich Kommentare erhalten, wie „ich beobachte lieber die Natur“. Ich muss dazu sagen, dass ich keineswegs ein Naturbanause bin! Vor allem nicht, nachdem ich fast ein Jahr beim Nationalpark arbeitete und Führungen machte. Es geht mir jediglich darum das Erlebnis des kennenlernens einer neuen Sportart mit euch zu teilen. Das Berchtesgadener Land bietet einfach eine unheimliche Vielfalt! Bestes Beispiel für Vielfalt ist da einfach der Grünstein. Wenn Ihr Interesse an einem Klettersteigkurs habt, so meldet euch doch bei der SALEWA Klettersteigschule Berchtesgaden.
Hier die Kontaktdaten:
1. SALEWA Klettersteigschule Berchtesgaden
Berchtesgadener Str. 21
83483 Bischofswiesen
Telefon: +49 171 822 77 51
Eure, Ann-Kathrin


4 Kommentare
Achim
Hallo Ann-Kathrin,
sehr mitreissender Bericht. Lass Dich von anderen Meinungen nicht beirren,
vor 25 Jahren bin ich zur Aklimatisierung auch immer den Jenner, oder Grünstein hoch gelaufen.
Vor knapp 4 Wochen war ich auch noch von Hammerstiel aus auf dem Grünstein und bin dann über die Schappbachalm wieder nach Hammerstiel abgestiegen.
Das mit dem „joggen“ erledigt sich mit den Jahren von alleine. 😉
Ann-Kathrin
Freut mich, dass der Artikel gefällt!
Steve
Yeah, gib es zu, du bist infiziert…aber mal so richtig! 😉
Ich sage immer, wir Trailrunner nehmen die Natur sehr wohl war, denn wir finden auch immer wieder Zeit für Pausen und erkennen schönen Stellen für Fotos.
Zudem nehmen wir die Eindrücke viel komprimierter wahr, denn wofür Wanderer einen halben Tag brauchen, nehmen wir mal kurz vor oder nach der Arbeit mit…
…ein unbezahlbares Erlebnis!
Mach weiter so. Es freut mich zu lesen, wie dich das Fieber gepackt hat.
Auf freue mich schon auf deine nächsten Berichte!
Liebe Grüße
Steve
Ann-Kathrin
Hi Steve!
Jaaaaaa, ich gebe es zu, ich habe mich infiziert und das nicht zu gering 😀
Lese schon fleißig das Buch zu den Landschaftsläufen und Trailrunnings im BGL, verfasst von dir und Fam. Gratz-Prittwitz.
Wer weiß, vielleicht wird es in naher Zukunft einen gemeinsamen Hessenlauf durch die Berchtesgadener Berge geben 😉
Liebe Grüße,
Ann-Kathrin