
Seltenes Gipfelglück: Ganz allein am Jenner
So hart uns der faktische Lockdown auch alle trifft: Ein paar positive Begleiterscheinungen bringt er doch mit sich. Zum Beispiel hatte ich letztens den Jenner Gipfel ganz für mich alleine und habe den sonst so stark frequentierten Gipfel in aller Ruhe genießen können.
Es ist ein wunderschöner Wochentag – die Berge sind weiß und im Tal ist es kalt und neblig.

Wie viele Andere auch befinde ich mich momentan in Kurzarbeit. Doch ich mache das Beste daraus und breche auf zu einer Wanderung. Mein Ziel ist der Jenner! Jetzt, da die Jennerbahn nicht fährt und keine Gäste nach Berchtesgaden kommen dürfen, kann ich den Berg in Ruhe erleben. Der Weg führt mich am Rande des Krautkaserhanges hinauf, der erst in ein paar Tagen beschneit werden wird. Stellenweise ist der Weg etwas eisig, Grödel sind auf alle Fälle angebracht. Ich folge dem schattigen Weg Richtung Krautkaseralm. Hier treffe ich übrigens die einzige andere Person während meiner heutigen Tour.

Biege dann nach rechts ab in den Wald, passiere die Bergstation des Krautkaserlifts und wandere über den Hohlweg zum Mitterkaser. Der Klaus-Maxei, wie wir Einheimischen die Berggaststätte Mitterkaser-Alm nennen, liegt noch im Schatten.

Nach dem Mitterkaser steigt der Weg gemächlich an und bald erreiche ich sonnige Gefilde. Am Kleinen Jenner offenbart sich mir ein Wintertraum: Strahlend blauer Himmel über Watzmann und Co und tief unter mir der Nebel über dem Königssee.

Über den schneededeckten Weg erreiche ich die Bergstation der Jennerbahn. Aus der Station höre ich die Geräusche einiger Arbeiter, die mit der Revision der Bahn beschäftigt sind, ansonsten herrscht hier: Stille!

Von der Bergstation der Jennerbahn führt ein steiler Weg hinauf zum Gipfel. Dank seiner Exposition ist der Weg komplett aper. Beim unterhalb gelegenen Sulzbergkaser auf der Königsbergalm schaut es dagegen schon recht winterlich aus.

Nach wenigen Minuten erreiche ich die Aussichtsplattform unterhalb des Gipfels. Der Ausblick ist überwältigend: Eine dicke Nebelschicht bedeckt den Königssee vollständig, darüber erheben sich die Berchtesgadener Gebirge Watzmann, Steinernes Meer und Hagengebirge.

Noch ein paar Meter hinauf und ich stehe am Gipfel.
Menschen treffe ich hier oben keine mehr an diesem Vormittag, doch ein paar „Stoatahen“ – also Alpendohlen – leisten mir Gesellschaft.
Die Vögel freuen sich, dass ich meine Brotzeit mit Ihnen teile.
Ein wirklich schönes Erlebnis, den Jenner mal für sich allein zu haben. Trotzdem freue ich mich, wenn die ganzen Beschränkungen wieder aufgehoben werden.
Euer Sepp

