Berge

Ungeplanter „Arbeitseinsatz“ am Purtschellerhaus

Passt‘s halt auf, dass Ihr Eich koan Schiefer eiziagts!“ sagt Hüttenwirt Sigi Hinterbrandner und schaut die zwei FünfJährigen amüsiert an – wie sie da stehen, voller Tatendrang, mit leuchtenden Augen. Unbedingt wollen sie mithelfen. Bei der Holzarbeit. Hoch oben auf 1.692 Metern über dem Meeresspiegel.

Wir sind heute Morgen zu fünft aufgebrochen – zwei Mamas, ein entzückendes „Pubertier“ und die zwei Kleinen: Meine Tochter und ihr gleichaltriger Freund. Wir sind ganz bequem von zu Hause abgeholt worden und über Berchtesgaden und den Obersalzberg auf die Rossfeldpanoramastraße mit dem Auto gefahren. Deutschlands höchstgelegene, mautpflichtige Panoramastraße bringt uns in Nullkommanichts und ohne jegliche Anstrengung auf über 1.500 Meter Höhe. Der Ausblick von den spektakulären Kehren und dem Hochplateau hinunter ins Berchtesgadener Tal und hinein ins Salzburger Land ist an diesem kalten, klaren Herbstmorgen einfach nur atemberaubend schön.

In der Nähe des Ausflugslokals Ahornkaser parken wir und überqueren die Straße, die jetzt in der Früh noch nicht stark befahren ist.

Gleich am Beginn des Wegs, der uns steil bergab zum Eckersattel bringt, ein Highlight für den Nachwuchs: Eis. Es hat in dieser Höhe über Nacht schon kräftig gefroren. Versickerndes Wasser aus dem Brunnen lässt sich wunderbar als Eisplatten herausbrechen. Was in einen gemauerten Kanal läuft, bildet einen kleinen Eiswasserfall, den es sich prima hinunterrutschen lässt. Alle drei Kinder sind begeistert und wir vereinbaren sofort einen Tag für den ersten Besuch in der Berchtesgadener Eishalle – die Zeit zum Schlittschuhlaufen hat definitiv begonnen.

Unten entscheiden wir uns für den Aufstieg auf dem Salzburgersteig. Von hier sehen wir wunderbar nach Salzburg hinüber. Die Stadt liegt komplett unter einer weichen Nebeldecke, nur die weißgetünchte Festung ragt heraus.
Wir steigen an steilen Hängen, die mittlerweile nur noch spärlich mit braunem Gras bedeckt sind, hinauf.

Der Hohe Göll mit seinen rauen, steil abfallenden Felswänden steht majestätisch vor uns und katapultiert uns gefühlsmäßig sofort ins Hochalpine. Unsere Augen suchen die Grashänge und Schuttkegel nach Gämsen ab, werden aber leider nicht fündig. Die Kinder sind voller Energie und stürmen den steilen Pfad hinauf. Da müssen wir Mamas schon schauen, dass wir Schritt halten. Es kommt uns so vor, als wären wir gerade erst losgegangen, als die Große von oben ruft: „Ich sehe es schon, das Purtschellerhaus!“ Und wirklich: Da oben steht es, mit seinen mit etwas verwitterten Holzschindeln bedeckten Außenwänden. Es schaut sehr freundlich und einladend aus, obwohl wir wissen, dass es seit etwa einer Woche bereits im Winterschlaf liegt und wir unsere Brotzeit selber mit heraufbringen müssen.

Umso erstaunter sind wir, als beim Haus reger Betrieb herrscht. Die Materialseilbahn läuft, ein Schubkarren steht bereit und hinter dem Haus hören wir die Kreissäge und jemanden beim Holz hacken.

Im Winter sind wir nicht heroben, aber für den Sommer brauchen wir viel Holz,“ erklärt Hüttenwirt Sigi im Gespräch, „für den Kachelofen, damit‘s in der Gaststube schön warm ist und auch der Küchenofen wird mit Holz geheizt.“
Sobald eine Kiste mit der Materialseilbahn ankommt, räumt sie der Hüttenwirt schnell aus. Dann packen die zwei Kleinen mit an, einer vorne, einer hinten, und schleppen die langen Holzstücke über die Treppe und hinter das Haus, wo sie klein gemacht werden. Sie strahlen, als sie als Belohnung ein Bonbon und ein ernstgemeintes Dankeschön bekommen.

Hinunter nehmen wir den Bayerischen Weg. Die lange Treppe, die ganz gerade den Berg hinab führt, mutet einer Himmelsleiter an. Wir zählen 509 Stufen!

Am Eckersattel müssen die Kinder ein wenig Mut sammeln, um den steilen Anstieg zum Auto antreten zu können. Sie sitzen auf einem langen Holzstoß und blicken auf die Materialseilbahn und das Purtschellerhaus, das jetzt wieder ganz oben thront. „Das war heute eine richtig schöne Tour,“ beschließen wir alle einhellig und stoßen mit unseren Trinkflaschen auf eine gelungene Wanderung mit einem ungeplanten Arbeitseinsatz an.

Eure Claudia

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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