
Auf dem Königsweg ins Reich der Almen
Das kreischende Quietschen stört die Idylle doch sehr. Belustigt meine ich: „Da gehen wir aber nur einmal durch!“ und meine Tochter nickt, obwohl sie trotz Lärm gern noch ein paar Runden gedreht hätte. Wir passieren den Drehtürenähnlichen Fußgängerdurchlass an einem Viehgatter – fast wie im Karussell. Und das auf ungefähr 1.200 Metern Höhe inmitten herrlichster Almwiesen.
Wir sind am Hinterbrand-Wanderparkplatz losgewandert und zur Jennerbahn-Mittelstation gequert. Oft haben wir uns umgedreht, denn hinter uns, hoch oben auf 1.834 Metern, thront das Kehlsteinhaus. Wir können die Berggaststätte in historischen Gemäuern ganz klar erkennen und fragen uns, ob wohl in diesem Moment einer der roten Busse Besucher auf der steilen für den öffentlichen Verkehr gesperrten Straße nach oben befördert.



Kurz nach der Halbzeit, der Gastronomie auf der Hälfte der Jennerbahn, fällt uns das erste Viehgitter auf. Das bodengleich verlegte Stahlgitter liegt über einem Hohlraum. „Die Kühe finden keinen Halt und fürchten sich vor der Luft drunter. Also gehen sie nicht drüber. Und wir müssen kein Gatter auf und zu machen“, beschreibt meine Sechsjährige den Nutzen dieser Einrichtung.

Die Kühe begleiten uns auf der heutigen Wanderung, obwohl wir – das schicke ich voraus – auf der heutigen Wanderung kein einziges dieser Almtiere sehen werden.
Gleich hinter dem Viehgitter steht ein Holzbrunntrog und frisches Quellwasser sprudelt aus einem Rohr hinein. Das Lesen lernt sie erst ab September und so muss sich meine kleine Wanderin das Schild darüber vorlesen lassen. „Wichtig ist, dass wir uns in dem Wasser nicht waschen und auch keine Hunde dran lassen“, fasse ich die Bitte der Almbauern auf dem Schild zusammen. Der Trog sei ja die Tränke für das Almvieh, erkläre ich weiter.

Es blüht wirklich ganz außerordentlich schön, auf der ganzen Strecke. Vorbei an der Wasserfallalm, bei einem kurzen Abstecher zur Enzianbrennhütte in Richtung Priesbergalm und hinunter zur Königsbachalm leuchtet es lila, gelb und weiß von den Wiesen.

Es ist klar, dass die Kühe schon vor einiger Zeit auf die Hochalm getrieben worden sind – nur deshalb ist eine so dichte Vegetation hier möglich. Wenn sie in einigen Wochen wieder auf die Niederalm kommen, stehen die Gräser, Kräuter und Blumen in voller Pracht bereit – als frische Mahlzeit für die Almkühe.



Sobald wir in die Nähe der Wiesen gelangen, erschallen die schrillen Pfiffe der Murmeltiere aus allen Richtungen. „Heute müssen sie sich aber ganz schön aufregen“, schmunzelt meine Tochter, weil die possierlichen Tierchen ihre Artgenossen gar so intensiv warnen. Wir stehen und schauen, bis uns die Augen tränen und meinen auch ein paar der braunen Fellknäuel über die Hänge zu ihren unterirdischen Bauen huschen zu sehen.
Zu den Waldrändern zeichnen sich die knallroten Vogelbeeren ab, die dieses Jahr in dicken Trauben schwer an den Ästen hängen. Das lässt uns fast schon wieder an Herbst und damit an die Zeit der Almabtriebe denken. Beim Rückweg von der Königsbachalm in Richtung Jenner Speicherteich erinnern wir uns, wie uns im vergangenen Jahr eine Herde beim Abtrieb entgegenkam. Mindestens zehn Tiere eine steile Forststraße herunter, direkt auf uns zu. Trotzdem wir hinter einem Holzgatter standen, wurde uns die Kraft der gewaltigen Leiber bewusst – und dass die Alm tatsächlich kein Streichelzoo ist.

Am Speicherteich angelangt, finden wir Platz auf einer der tollen Liegebänke, schauen hinüber zu Watzmann, Hochkalter und Reiteralm, beobachten die Kabinen der Jennerbahn und bestaunen die faszinierenden Wolkenspiegelungen im Wasser des Teichs. Wie auf einem Karussell haben wir eine wunderschöne Runde gedreht und freuen uns auf die nächste Wanderung.


One Comment
Gertraud Eagleson
I want to see Liesel and. Sepp .