Kultur

Mariä Lichtmess in Berchtesgaden

Es ist wunderschön, inmitten der bayerischen Alpen zu wohnen, doch hohe Gipfel werfen bekanntlich auch lange Schatten und das besonders zur Winterszeit. Daher freue ich mich unbandig (unheimlich), wenn endlich Mariä Lichtmess kommt. Der 2. Februar spielt bei uns jedes Jahr eine große Rolle. Er ist die Mitte zwischen der Wintersonnenwende und der Tagundnachtgleiche im Frühjahr. Jetzt werden die Tage endlich wieder länger und unser Haus wird wieder von der Sonne gekitzelt. Es fühlt sich großartig an, die ersten Sonnenstrahlen zu spüren!
Motivierter und gut gelaunt geht es dann gleich ein bisschen schwungvoller weiter. Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist die einzig bekannte positive biologische Wirkung von UV-Strahlung die Anregung der Bildung des körpereigenen Vitamin D (bei mir kommen da definitiv noch ein paar Glückshormone dazu 😊).

Bis Anfang des 20 Jahrhunderts war Mariä Lichtmess besonders im Bauernstand ein außerordentlich wichtiger Tag. Rund um diesen Tag hatten Mägde und Knechte ein paar Tage frei. Bis 1912 war der 2. Februar in Bayern sogar ein Feiertag. Dienstboten bekamen an diesen Tag ihren Jahreslohn ausbezahlt und ihr Dienstbotenbuch ausgehändigt. Das Dienstbotenbuch war Reisedokument und auch Zeugnis, mit dem sie sich bei einem neuen Arbeitgeber vorstellen konnten. Denn nur an Mariä Lichtmess konnten Mägde und Knechte ihren Dienstherrn wechseln. Wer zu dieser Zeit auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber war, steckte sich seinen persönlichen Löffel auf den Hut. Der Löffel am Hut war ein Zeichen dafür, dass sich der Träger auf Arbeitsplatzsuche befindet.*


So eine Geschichte hat mir sogar mein Opa erzählt: Er war damals als kleiner Junge zu Lichtmess in der Stiftskirche in Berchtesgaden und da fielen ihm immer ein paar Burschen mit Löffel am Hut auf. Als Dienstherr musste man nach der Kirche schnell sein, um noch einen „Wunschkandidaten“ zu erwischen.

Genau 40 Tage nach Weihnachten endet mit Mariä Lichtmess auch die Weihnachtzeit. Bei uns ist der Christbaum mit der wunderschönen Berchtesgadener War schon seit einiger Zeit verräumt, doch es gibt noch viele Berchtesgadener, die den Christbaum bis zum 2. Februar stehen lassen. Erst heute habe ich unseren netten älteren Nachbarsehepaar mit dem Christbaum geholfen.
An Mariä Lichtmess sind auch Lichterprozessionen Brauch. In der Stiftskirche Berchtesgaden findet dann um 18:30 Uhr eine Lichterprozession statt. Davor gibt es eine Kerzenweihe und der Blasiussegen, der gegen Krankheiten, vor allem gegen Halskrankheiten helfen soll, wird erteilt. Die Berchtesgadener Erstkommunionskinder bekommen ihre gesegneten Kerzen. Mein kleiner Neffe ist schon ganz aufgeregt und ich als Gon (=bayerisch für Patentante) natürlich auch. Ende April findet heuer die Erstkommunion der Berchtesgadener Kinder in der Stiftskirche statt.

Daheim bei uns wird an Mariä Lichtmess die letzte Rauhnacht gefeiert. Zuerst wird im Kreise der Familie der Rosenkranz gebetet, dazu zündet man die langen, dünnen und bunten Kerzen an, die Traditionell auf einem Holzbrett mit einem Tropfen Wachs festgemacht werden. Schon früher bei uns daheim haben wir uns alle ein Kerzerl ausgesucht und dann im Anschluss die Art des Abbrennens gedeutet: Fällt eine Kerze besonders durch starkes Flackern auf, so soll der Beter von Krankheit bedroht sein, erlischt eine Flamme sehr rasch, bedeutet dies nach altem Volksglauben sogar den baldigen Tod. Brennt ein Kerzerl sehr lange, so verheißt dies viel Glück und Segen.** Heute traue ich mich gar nicht, meinen Kindern von diesen alten Volksglauben zu erzählen. Das scheint mir doch zu sehr aus der Zeit gefallen zu sein.

Nach dem Brauch mit den Kerzen gehen wir zum Räuchern. Dazu nehmen wir eine gusseiserne Pfanne, befüllen diese mit Kohle und geben getrocknete Kräuter oder Weihrauch dazu. Jeder Raum wird geräuchert mit den Worten „Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist“ und der, der mit Weihwasser sprengt antwortet: „Wie im Anfang, so auch jetzt, alle Zeit und in Ewigkeit. AMEN“ (Ps. 63).
Der unvergessliche Räuchergeruch liegt im ganzen Haus, er soll vor Bösen schützen und Geister vertreiben.

An Weihnachten hat unsere Kleine das erste Mal mit Weihwasser sprengen dürfen (= Weihwassertröpfchen mit einem Nadelzweig in die Luft spritzen). Sie darf es auch heute Abend zu Lichtmess wieder und freut sich schon sehr darauf.
Ich mag diesen besonderen Brauch, der so viel Hoffnung und Zuversicht versprüht.

Nun wünsche ich Euch schöne Frühlingsmonate, bis bald

Eure Kathrin!

*Quelle: salzburg.orf.at
** Quelle: W. Meilinger „Vom Zauber der staaden Zeit“

Ich bin am Obersalzberg groß geworden. Meine Eltern bieten Urlaub auf dem Bauernhof an und so bin ich mit vielen Kindern aus ganz Deutschland aufgewachsen. Klar, dass ich in der Tourismusbranche hängen blieb. Nach meiner Ausbildung in Salzburg ging es dann erstmal weg aus Berchtesgaden. Schnell musste ich feststellen, dass der berühmte Schriftsteller Ludwig Ganghofer mit seinem bekannten Zitat recht hatte: „Wen Gott lieb hat, den lässt er fallen ins Berchtesgadener Land“. Deshalb war ich bald wieder daheim. Seit ein paar Jahren sind wir stolze Eltern, was natürlich unser Leben komplett verändert hat. Meinem Mann und mir sind Werte und Traditionen wichtig und das versuchen wir auch unseren Kindern zu vermitteln. In meinen künftigen Blogbeiträgen möchte ich Euch in unsere Welt mit all seinen Besonderheiten in Berchtesgaden und Umgebung mitnehmen! Viel Spaß beim Lesen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert