Kultur

Die Berchtesgadener War

die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck - der Pfau
Die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – der Pfau – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann

 Faszinierendes Kunsthandwerk  – eine jahrhundertalte, lebendige Tradition im Talkessel von Berchtesgaden

Zu Weihnachten hängen sie am Christbaum: Arschpfeifenrössl, Fatschenkind, Schlitten, Stern, Pfau, Hühnerstall, Engerl, Wiege, Leiterwagen, Radlbock, Pfeifenvogel oder Steckvogel, Vogelhäuschen, Spanschachtel, Holzspielzeug und vieles mehr – wunderschön farbenprächtig bemalt oder in der Natürlichkeit des Holzes erzählen sie von der jahrhundertealten Tradition eines Kunsthandwerkes – beheimatet im Talkessel von Berchtesgaden.

Nicht schon immer ziert diese Ware den Christbaum als Weihnachtsschmuck. Ursprünglich entsteht diese Arbeit aus der Notwendigkeit heraus, sich in der Landwirtschaft des wahrscheinlich schon 12. Jahrhunderts – als von einem „Nithardos tornator (Drechsler) de Pertherskaderne“ und 1393 von einem Ulrich dem Schnitzer die Rede ist, mit einem Zuerwerb das Auskommen zu sichern. Wegen des ungünstigen Klimas und karger Böden reicht das Einkommen aus der Landwirtschaft kaum für das Überleben der Bauern und sie schaffen sich mit der Anfertigung verschiedenster Holzgegenstände für Haus und Hof einen einträglichen Zuverdienst.

der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
Stefan Graßl bei der Arbeit – die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann

Die Handwerksordnungen des 16. Jahrhunderts – 1535 erlassen von Fürstprobst Wolfang Lenberg – beschreiben Drechsler, Schindel- und Löffelmacher, auf 1581 datiert sich eine Ordnung für Pfeifenmacher; 1637 folgt der Schnitzer und schon 1556 wird von der Zunft der Schachtelmacher berichtet. Das meist bunt bemalte Spielzeug – wie Truhen, Möbel, Kutschen, Reiterl, Docken (Holzpuppen), Vögel und Pfeiferl – entwickelt sich im Laufe der Jahre zum wohl beliebtesten Exportartikel. Einige Berchtesgadener Protestanten – damals aus ihrer Heimat vertrieben – lassen sich im Nürnberger Raum nieder und gelten als die Mitbegründer der Nürnberger Spielwarenindustrie.

der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
die  bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann
der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann
der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann
der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann
der Schnitzer bei der Arbeit der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann

Als Massenartikel der Berchtesgadener Handwerkskunst gehen die Erzeugnisse nach ganz Europa, ja sogar nach Übersee, wobei der Export dieser Waren als Privileg einigen wenigen Berchtesgadener Verlegerfamilien obliegt. Viel bescheidener spielt sich der Handel mit der Berchtesgadener Handwerkskunst im näheren Umkreis ab. Die Kraxentrager trugen die Ware über das Land – der wohl bekannteste Anton Adner starb 1822 im hohen Alter von 117 Jahren.

Mit 641 selbstständig arbeitenden Holzhandwerkern bedeutet wohl das Jahr 1805 den Höhepunkt dieses blühenden Gewerbes im Talkessel von Berchtesgaden. Kaum vorstellbar kann 1815 ein Handwerker mittels eines von ihm erfundenen mechanischen Apparates in einer Woche 20 000 kleine Schachteln herstellen. Jedoch beginnt jetzt ein Rückgang mit dann schon nur mehr 308 Beschäftigten im Jahre 1882 in den verschiedenen Sparten.

Eine schon 1840 gegründete Zeichenschule sollte eine handwerkliche Vervollkommnung der Hersteller erreichen. Von Anfang an koppelt sich an den Besuch dieser Schule die Zulassung zum selbstständigen Betrieb des Handwerks der Drechsler, Schnitzer und Spielwarenfertiger. (Die Schule ist heute bekannt unter „Berufsfachschule für Holzschnitzerei und Schreinerei des Landkreises Berchtesgadener Land“.)

die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck - die Engel
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – die Engel – Foto: RoH-Fotothek Fürmann
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware" - ein ganz besonderer Christbaumschmuck - der Hühnerstall
die bekannte Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – ein ganz besonderer Christbaumschmuck – der Hühnerstall – Foto: RoHa- Fotothek Fürmann
Spanschachtel der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware"
Spanschachtel der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ – Foto: RoHa-Fotothek Fürmann
Schaberbandl der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst "Berchtesgadener Ware"
Das G’schabert (die Schaberbandl) der bekannten Berchtesgadener Handwerkskunst „Berchtesgadener Ware“ –  Foto: RoHa-Fotothek Fürmann

In unseren Tagen bietet die Berchtesgadener Handwerkskunst nach wie vor ein breitgefächertes Angebot an Holzwaren nach jahrhundertealter, bis heute lebendiger Tradition. Ungebrochen der Reiz, den die Handwerkskunst durch kunstverständige und einfühlsame Weiterentwicklung ausübt. Zugrunde liegt der Arbeit das Verständnis um die richtige Auswahl des Grundproduktes Holz. Das Aussuchen und Lagern der für diese kleinteilig-feine Holzkunst benötigten Schnittware legt den Grundstock für den Erfolg. Stefan Graßl aus der Ramsau hat den Blick dafür und verwendet viel Zeit und Mühe, die richtige Ware zu finden. Als einer der Wenigen übt er mit seiner Frau die Kunst dieses Handwerks mit der Erzeugung der „Berchtesgadener War“ aus. Alle benötigten Teile von Hand vorbereitet, geschnitzt, zusammengeleimt und von Hand bemalt; das G’schabert (Schaberbandl) in hauchdünnen Streifen gehobelt, gefärbt und mühsam gebügelt. In der kleinen Werkstatt entsteht Stück für Stück zur Freude nicht nur für strahlende Kinderaugen, die an Heiligabend den Christbaum bestaunen.

Eine ruhige, von Vorfreude geprägte Adventszeit mit dem spannenden Warten auf das Christkind wünscht Euch

Eure Rosi

Im südostbayerischen Raum, besonders im Rupertiwinkel und dem angrenzenden Österreich ist Rosi Fürmann unterwegs, um die Landschaft, das Land und die Leute, die die Schönheiten der Alpenregion und des Voralpenlandes wiederzugeben, zu fotografieren.

3 Kommentare

  • Uwe Tiedemann

    Meine Frau und ich lieben das Berchtesgadener Land. Viele Jahre schon verbringen wir unseren Urlaub in Schönau. Auch die Tradition den Christbaum mit Berchtesgadener War zu schmücken haben wir angenommen. So wird dieses Jahr zum zweiten Mal hintereinander auch im Norden Deutschlands ein traditioneller Christbaum unsere Herzen erfreuen. Ihnen allen eine ruhige besinnliche Adventszeit. Uwe Tiedemann

  • Iris Troche

    Bereits seit 25 Jahren schmücken wir alle 3 Jahre unseren Christbaum mit Berchtesgadner War. Kennengelernt habe ich den Schmuck vor ca. 32 Jahren als ich als Urlaubsgast bei der Fam. Graßl in Ramsau war. Somit habe ich Stefan Graßl und sein Handwerkskunst schon früh kennengelernt. Erst Stand der Christbaum in Göttingen nun im schönen Oberschwaben. Der Bericht hat mir gut gefallen.

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