Berge

Mit dabei bei der Winterübung der Bergwacht Teisendorf-Anger auf dem Predigtstuhl hoch über Bad Reichenhall

„Lawinenhund Enzo sucht nicht – er findet“… Wir durften die Bergwacht Teisendorf-Anger bei der alljährlichen Winterübung auf dem Predigtstuhl hoch über Bad Reichenhall begleiten – wir durften miterleben, welch Einsatzbereitschaft die Mitglieder der Bergwacht an den Tag legen, wieviel Üben – wieviel Kondition und der Lawinenhund Enzo zeigt uns, was es heißt, Menschenleben retten zu können, Menschen zu finden…

T-Anker, Piepser, Schweizer Flaschenzug…. Das sind nur einige der Ausdrücke, die mir sicherlich im Gedächtnis bleiben werden, die ich mit akribisch geübten Handgriffen in Verbindung bringen werde. Verschiedene, schon im Vorfeld aufgebaute Stationen durchlaufen die Übenden und es gilt, die Anforderungen sicher und ohne zu zögern anwenden zu können. Es gilt Leben zu retten und das erlaubt kein Zaudern.

Die Erste Station: der Schweizer Flaschenzug. Karabiner und Seile und nochmal Karabiner und Knoten und nochmal… ich komme schon beim Hinschauen ganz durcheinander – an einem dicken Baum befestigt kann mit dieser Anordnung – und ich kann mich davon augenscheinlich überzeugen – ein Mann mit Hilfe dieser enormen Kraftübertragung des Flaschenzuges einen Akja mit Last den Hang nach oben ziehen. „Und das benötigte Material für diesen Schweizer Flaschenzug? Wo bekommt man das in der Notsituation her?“ – meine Frage. „Das haben wir alles dabei, das braucht man alles ja auch zum Klettern!“

Fehlt ein Baum oder eine andere Möglichkeit zur Befestigung der Seile, kommt die nächste Station zum Tragen: der T-Anker. Dazu sollte der Schnee tief sein, um mindestens 30 tief in den verfestigten Schnee einen Graben in der Länge der eigenen Ski quer zum Hang zu graben, dort die Ski hineinzulegen, im Abstand der Sondierungssonde unterhalb der Skier erneut einen Graben herzustellen und von diesem aus mit der Sonde ein Seil zum Ski „durchzuschießen“ und dieses somit am Ski befestigen zu können. „Diese Sicherung hält!“ – wie ich mich überzeugen konnte. Auf dem Gletscher und in eisigem Gelände kommen Pickel oder Eisschrauben als „Anker“ zum Einsatz.

Wie kommt man eigentlich zur Bergwacht? Als erstes erfolgt die Beurteilung auf die psychische und physische Eignung. Zur Liebe zu den Bergen als Voraussetzung für den Wunsch sind Kenntnisse im Skifahren, Bergsteigen und Klettern Pflicht. Während der mehrere Jahre dauernden Ausbildung gilt es, fünf Prüfungen zu bestehen. Und wieso geht man zur Bergwacht? – Man will helfen! Es gibt keinen Stellenwert! Jedem Hilfesuchenden in den Bergen wird geholfen!

Und wie funktioniert die Alarmierung? Mit dem Absetzen des Notrufes über die Nummer 112 an die Leitstelle läuft die „Kette“ an. Unfall in den Bergen heißt: Alarmierung BRK, Bergwacht und den gemeldeten Umständen entsprechend eventuell die Feuerwehr.

Vor etlichen Jahren durften wir bei einer gemeinsamen Übung von Bergwacht, Rot Kreuz und Feuerwehr am Teisenberg dabei sein. Das Szenario eines Unfalls bei Baumfällarbeiten (unter dem Baum eingeklemmt), dadurch Sturz eines Radfahrers (schwere Verletzungen) und bei der Anfahrt zur Unfallstelle verunfallen Helfer – die Zusammenarbeit bei dieser Übung klappte reibungslos und für alle kam gemeinsam koordinierte Hilfe.

Genau an das muss ich denken, als wir zum nächsten Punkt der Winterübung der Bergwacht auf dem Predigtstuhl kommen. Ein „Schneeprofil“: die Beschaffenheit des Schnees beurteilen und dazu ein Schneeprofil erstellen… das könnte man schon beinahe als eine Art „Lebensversicherung“ für den Einsatz in freiem Gelände bezeichnen. Es wirklich bei schwierigen Verhältnissen „lesen“ zu können, dazu braucht es eine gehörige Portion Erfahrung und die Mitglieder der „Alpinen Einsatzgruppe“ der Polizei – allesamt ausgebildete Polizeibergführer – stehen an der mit der Schneeschaufel gegrabenen „Schneewand“ und erklären die Beschaffenheit und die Auswirkungen bei Belastung von außen durch Wanderer und Tourengeher.

Und was gehört für mich als Tourengeher zur unbedingten „Notfallausrüstung“? – Ein Piepser („LVS Gerät“ – Lawinen-Verschütteten-Such-Gerät), eine Sonde und natürlich eine stabile Schaufel. All das hat kaum Gewicht!

Im hoffentlich nie eintretenden Fall mit dem „Piepser“ Grobsuche, bis das Signal anschlägt, dann Feinsuche bis hin zur Punktortung und schlussendlich Sondierung für die genaue Lage des Verschütteten.

– Oder: Hat der Verschüttete keinen „Piepser“, dann mit der Sondiermannschaft sondieren und nach dem Auffinden mit der Schaufel graben, graben was das „Zeug hält“ bis zu der Tiefe, die die Sonde feststellte und dann mit äußerster Vorsicht weiterarbeiten, um nicht zu verletzen. – Schnell finden ist das oberste Gebot.

Finden – das Stichwort für Lawinenhund Enzo. Im Alter von einem Jahr kann man feststellen, ob der Hund genügend Spieltrieb hat, ein Suchhund zu werden. Denn das Suchen ist für den Hund ein Spiel! Es folgt eine 3-jährige Ausbildung mit immer wieder Prüfungen für „Hund und Herr“. Der Hund spielt bei der Suche und dies muss auch der Hundeführer lernen. Bis zu 7 Metern Tiefe kann der Hund das Opfer riechen und Enzo stellt sein Können bei der Übung eindrucksvoll vor. Leine los – ein zielgerichteter „Spurt“ über das anzunehmende Lawinenfeld und schon gräbt er die beiden „Lawinenopfer“ aus. Es braucht kein langes Suchen – er Findet!

Dass die Mitglieder der Bergwacht über enorme Kondition und skifahrerisches Können verfügen, zeigen uns die „Retter“ beim letzten Punkt des Übungstages. Annahme: eine Skifahrerin hat sich hoch oben am Hang des Hochschlegel am Fuß verletzt. Mit dem Akja geht es in einem „Höllentempo“ den Berg hinauf. Die Beiden müssen eingespielt sein, um das schwere Gerät – den Akja – zu beherrschen. Die Erstversorgung des verletzten Beines übernimmt die Bergwacht – die Grundausbildung in Notfallmedizin gehört zu ihrem Aufgabengebiet.

Für einen normalen Skifahrer wie mich kaum vorstellbar, mit welchem Geschick und Tempo es mit dem Akja ab geht ins Tal.

Ein Tag mit der Bergwacht Teisendorf-Anger bei der Winterübung auf dem Predigtstuhl – An alle ehrenamtlich tätigen Helfer: Ihr seid „Helden des Alltags“!

Eure Rosi

alle Bilder: RoHa-Fotothek Fürmann

Im südostbayerischen Raum, besonders im Rupertiwinkel und dem angrenzenden Österreich ist Rosi Fürmann unterwegs, um die Landschaft, das Land und die Leute, die die Schönheiten der Alpenregion und des Voralpenlandes wiederzugeben, zu fotografieren.

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