Ausflugstipps

Jede Lok hat ein Zuhause

Mit den Montagsmechanikern unterwegs in „ihrer“ Lokwelt in Freilassing

in der Lokwelt in Freilassing
Martin Rupp (re) und Hans Peter Preuß (li) zeigen mir die Lokwelt und berichten von ihrer Arbeit als „Montagasmechaniker“

…Und der Höhepunkt für mich an diesem Montag, an dem der erste 1. Vorsitzende des Vereins „Freunde des historischen Lokschuppens 1905 e.V.“ Walter Schramm, der 2. Vorsitzende Martin Rupp und Mitglied Hans Peter Preuß mir Werkstatt, Ausstellung und Drehscheibe zeigen:

Martin Rupp zeigt mir das Führerhaus der Lok

Ich stehe mit Martin im Führerstand der Lok, die ihn Kilometer um Kilometer auf der Schiene durch die Lande brachte und die mit ihren 79 Tonnen und ca 14 Meter Länge auf seine Befehle, die Befehle des Lokführers hörte. Die Begeisterung von Martin, die ich schon die ganzen Stunden spüre, erreicht hier seinen Höhepunkt. Seine Lok „lebt“, auch wenn sie jetzt nicht mehr auf der Schiene unterwegs ist. Er darf und kann bei seinen Führungen zeigen, wie man sich fühlt Stunde um Stunde im Führerstand auf der Schiene, welche Verantwortung man hat…

Ein Blick zurück in die Vergangenheit der Stadt Freilassing, um die Wichtigkeit der „Eisenbahn“ besser einzuordnen: Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gehört das kleine Bauerndorf – in erster Bezeichnung 1125 Frilaz genannt (die Freigelassenen) zum uralten Pfarrsitz Salzburghofen (heute Stadtteil von Freilassing). Wie der Name schon sagt, spielt das Salz und die Zugehörigkeit dieser Region zu Salzburg eine große Rolle für den Ort.

Salzburghofen mit dem Hochstaufen (li) und dem Zwiesel (re) im Hintergrund

Die Verhältnisse der beiden Orte zueinander ändern sich ab 1860 mit der Errichtung der Eisenbahnlinie München-Salzburg mit in Folge Freilassing als Knotenpunkt mit den Linien Bad Reichenhall/Berchtesgaden und Mühldorf/Landshut. Das ehemals kleine Bauerndorf wächst in kurzer Zeit zu bevölkerungsreicher-wirtschaftlicher Größe heran. Mit einer Volksabstimmung 1923 einigt man sich für beide Orte schließlich auf ein gemeinsames Freilassing.

die Eisenbahnbrücke über die Saalach bei Freilassing – berühmt der Orientexpress, der bereits auf dieser Brücke ‚gen Konstantinopel (heute Istanbul) fuhr

Zurück zur „Lokwelt“ von heute:  Mit den epochalen Strukturveränderungen der ursprünglich staatlich betriebenen Eisenbahn hin zu einem privaten Unternehmen in den 1990er Jahren verliert die Stadt einen Großteil der in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis zu 1000 Mitarbeiter in Bahnhof, Bahnmeisterei und Fahrleitungsmeisterei. Das 1905 eröffnete Bahnbetriebswerk mit Rundlokschuppen muss schließen. Es folgt 1998 die Aufnahme in die Denkmalliste.

Mehr oder minder dem Verfall preisgegeben beschließt die Stadt Freilassing mit der Mehrheit der Stadtratsstimmen den Ankauf des Gebäudes (erfolgt 2003). Die Bahn verpflichtet sich, bereits im Vorfeld das Dach provisorisch herzurichten (1999/2000). Freilassing beginnt 2004 unter eigener architektonischer Regie mit der Sanierung.

Altbürgermeister Sepp Flatscher betont bei unserem nach meinem Besuch in der Lokwelt geführten Gespräch immer wieder und stellt als unabdingbar fest: „Es war unsere Pflicht, das über lange Zeit für Freilassings Leben elementar wichtige Bauwerk zu erhalten.“ Dabei misst er der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museum und den Firmen Robel und Roco eine gewichtige Rolle zu. „Und ein Glücksfall“, wie er feststellt, „der Verein – Freunde des historischen Lokschuppens 1905 e.V.“ Diese Säulen halfen und helfen heute noch der Stadt genauso wie damals, den Lokschuppen und das inzwischen darin zu einem Aushängeschild für die Stadt avancierte Museum mit Leben zu erfüllen.

die Lokwelt in Freilassing

Kaum zu beschreiben der enorme Aufwand, mit dem die Stadt und der Verein (hier maßgeblich die sich „Montagsmechaniker“ Nennenden) dieses Industriedenkmal wieder auferstehen lassen. Die Renovierung des Gebäudes durch die Stadt macht es dem Verein möglich, wieder eine voll funktionsfähige Werkstatt einzurichten, Lok um Lok soweit herzurichten, dass sie sich im Museum „sehen“ lassen können und ein besonders harter Brocken: Die Drehscheibe als Herz des Lokschuppens. Martin Rupp erinnert sich an den vorgefundenen, erbärmlichen Zustand und an die vielen, vielen Handgriffe und Stunden, die sie alle mit bis zu 15 aktiv Arbeitenden investierten. Damit ermöglichen sie 2006 zusammen mit der Stadt das Einstellen der ersten historischen Loks aus dem Deutschen Museum.

Seit nunmehr 16 Jahren arbeitet der Verein mit viel Herzblut und Engagement mit, die von der Stadt Freilassing betriebene Lokwelt mit Leben zu füllen. Immer montags – da das Museum geschlossen ist – treffen sich die Vereinsmitglieder, um die ständig für sie anfallenden Arbeiten zu erledigen und haben – wie Martin mir zeigt – für die Zeit nach den Ferien wieder ein „Großprojekt“ an der Drehscheibe vor sich.

Kontakt zum Verein: Derzeit 1. Vorstand Werner Bickelmann – vorstand@lokschuppen.org
Kontakt zur Lokwelt: lokwelt@freilassing.de
zur Web-Seite Verein

Eure Rosi
alle Bilder RoHa-Fotothek Fürmann

weitere Bilder und Impressionen aus der Lokwelt in Freilassing

Eine Lokomotive verlässt den Lokschuppen und „dreht“ sich auf der Drehscheibe, um dann auf das Gleis neben dem Lokschuppen einfahren zu können. Auf diese Weise drehten sich hier in Freilassing bis 1956 Dampflokomotiven, um bei einer Umkehr der Fahrtrichtung mit dem „Kamin nach vorne“ wieder auf Fahrt gehen zu können.

Details aus der Lokwelt – kurios unten rechts: ein Reisigbesen reinigt die Gleise von Steinen und Schmutz.

Überall in der Stadt finden sich Hinweise auf die „Eisenbahnerstadt Freilassing“

Im südostbayerischen Raum, besonders im Rupertiwinkel und dem angrenzenden Österreich ist Rosi Fürmann unterwegs, um die Landschaft, das Land und die Leute, die die Schönheiten der Alpenregion und des Voralpenlandes wiederzugeben, zu fotografieren.

One Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert