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Christian Rasp | Sprint im Eiskanal

4er-Bob-Anschieber Christian Rasp über das Silber aus China

Ein breitschultriger junger Mann in grauen Jeans betritt das Dachterrassen-Restaurant des Hotel Edelweiß im Zentrum Berchtesgadens. Auf seiner schwarzen Strickmütze prangt das Emblem der Olympischen Winterspiele 2022 in Beijing. Es ist Christian Rasp, Anfang 30, Bob-Athlet, von Beruf Kommissar und Ausbilder bei der Polizei und durch den Sport seit 2015 Wahl-Berchtesgadener. Ich treffe ihn heute, denn ich will unbedingt herausfinden, wie es bei den Spielen in China war, wie es sich als Unterfranke in Berchtesgaden so aushalten lässt und wie es sich anfühlt, eine echte Silbermedaille der Olympischen Winterspiele in Händen zu halten.

Christian, wie lange lebst Du nun schon in Berchtesgaden und wie geht es Dir hier?
2015 bin ich wegen des Bobsports nach Berchtesgaden gezogen. Eigentlich stamme ich ja sogar von hier. Meine Ahnenforschung hat mich nach Bischofswiesen geführt. Und bei dem Nachnamen? Wenn jemand hier in der Fußgängerzone nach einem Herrn Rasp ruft, dann drehen sich ja gleich zehn Männer um. Also, ich bin hier voll angekommen.

Was gefällt Dir besonders an Berchtesgaden?
In Unterfranken gibt es auch Berge, Weinberge halt. Aber das Gebirgspanorama hier ist schon unschlagbar – da wird jeder zwangsläufig zum Bergliebhaber. Ich bin gerne auf dem Golfplatz am Obersalzberg – Golfen ist ein schönes Gegengewicht zum schnellen Sport, zum Sprinten – und der Blick von dort ist auch beineindruckend. Außerdem mag ich die Berchtesgadener sehr gern. Sie sind sehr freundlich, fleißig und wissen, was sie wollen. Das imponiert mir.

Seit 2015 bist Du in der Nationalmannschaft. Was hat sich seitdem in Deinem Leben verändert?
Für mich hat damit ein riesiges Abenteuer begonnen. Der Bobsport hat mein Leben komplett verändert. Es war eine Umstellung von der Leichtathletik, in der ich als Einzelkämpfer auf mich gestellt war, hin zum Teamsport. Im 4er-Bob musst Du Dich hundertprozentig auf Dein Team einstellen und verlassen können. Und dann begannen die Reisen. Durch die Trainings und Wettkämpfe bin ich an Orte auf der Welt gekommen, die ich sonst nie besucht hätte.

Was macht einen Anschieber beim 4er-Bob eigentlich aus?
Du musst einen stabilen Körperbau haben, natürlich kraftvoll und schnell sprinten können. Du musst aber auch mental stabil sein. Es ist nervlich eine ganz schöne Herausforderung, nach dem Start loszulassen, dem Piloten voll zu vertrauen und ihm im wahrsten Sinne des Wortes das Steuer zu überlassen.

Wie habt Ihr es geschafft, in Beijing trotz Corona-Einschränkungen und anderen Herausforderungen so gute Leistung zu bringen?
Das ging schon auf dem Flug los. Die Stewardessen waren komplett in Infektionsschutzmontur. Überall wurden wir registriert, untersucht, gescannt. Mir wurde sogar mein Reisepass abgenommen. In China haben wir uns nur zwischen Bobbahn, Hotel und Kraftraum bewegt. Letztendlich hat uns unser Teamgeist, unsere Willensstärke und unser sportlicher Ehrgeiz so gepusht, dass wir alles ausblenden und uns auf die Leistung konzentrieren konnten. Es hat sich gelohnt.

Was gefällt Dir denn am besten an Deiner beeindruckenden Medaille?

Ich finde sie wirklich sehr schön und bin total stolz. Mir gefällt der chinesische Stil der Verzierung. Und es ist auf jeden Fall die schwerste und größte Medaille, die ich jemals bekommen habe.

Du warst bei den Olympischen Spielen in Südkorea und jetzt in China dabei. Fährst Du 2026 nach Cortina d’Ampezzo?
Asien war interessant. Ich finde die Kultur spannend und mag das Essen sehr – obwohl es natürlich nicht an ein paar richtig gute Berchtesgadener Kaspressknödl rankommt. Aber ich finde es gut, dass die Olympischen Winterspiele jetzt wieder nach Europa, mitten in die Alpen, zurückkommen. Ich werde auf alle Fälle dabei sein – ob als Athlet oder Zuschauer, das werden die kommenden Jahre zeigen.

Wie wird seit der Unwetterkatastrophe im Sommer 2021, bei der die Bobbahn durch Starkregen und Murenabgänge zu einem großen Teil komplett zerstört wurde, trainiert?
Mein einziges „Training“ dort war seitdem, bei den Aufräumarbeiten mit anzupacken. Das war mir eine Herzensangelegenheit. Ein Schock, meine Heimbahn, auf der ich – abgesehen von Olympia kürzlich – meinen größten sportlichen Erfolg mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft gefeiert habe, in einem solchen Zustand zu sehen. Bei kalten Temperaturen konnten die Rodler im unteren Teil, der kaum etwas abbekommen hatte, trainieren. Für uns Bobfahrer reicht die Strecke nicht und durch die zerstörten Leitungen kriegen wir auch keine ausreichend dicke Eisschicht zusammen.

Was ist Dein Wunsch für die Lotto Eisarena Königssee?
Nicht nur für mich als Sportler, sondern auch für alle Beteiligten in der Region, ist es von äußerster Wichtigkeit, dass die Bahn am Königssee schnellst möglich wiederaufgebaut wird.
Am Königssee nochmal einen Weltcup zu fahren – auf meiner Heimbahn mit dem Jubel einer riesigen Zuschauermenge – das ist mein Traum!

Die Silber-Medaille habe ich wirklich halten dürfen und es war tatsächlich ein seltsam erhebendes Gefühl. Ganz abgesehen davon, dass ich sie mir nicht so schwer und massiv vorgestellt hatte, wie sie da in der Hand lag.

Vielen Dank, Christian, für Dein Vertrauen und das spannende Gespräch.

Wir sehen uns auf dem Olympia-Empfang in Berchtesgaden am 17. März 2022 ab 18.00 Uhr im Kurgarten / AlpenCongress wieder!

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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