Menschen

Viel unterwegs

Bergführer Alexander Blaschek

Das war wirklich ganz knapp!“, murmelt Alexander Blaschek und schüttelt besorgt den Kopf. Gerade hat er mir eine Geschichte über einen beinahen Sturz in eine Gletscherspalte am Mont Blanc erzählt, bei der sich mir die Haare sträuben. Aber schon hat der blonde Mann mit den strahlend blauen Augen die Erinnerung an diesen lebensbedrohlichen Moment abgeschüttelt und erzählt mir weiter von seinen Touren, die er in seiner Heimat, den Berchtesgadener Alpen, und weltweit anbietet, von den Bergsteigergruppen, die er schult und führt sowie den besonderen Momenten, die er mit seinen Gästen erlebt – denn Alex ist Bergführer. Für unser Gespräch trafen wir uns im Bistro des Kletterzentrums Berchtesgaden.

Gebürtig stammt Alex aus der Nähe von Bad Tölz und kam mit 14 Jahren nach Berchtesgaden. Die Christopherusschule am Obersalzberg sollte seine Kaderschmiede für den Leistungssport werden. In den Bergen selbst war der Wintersportbegeisterte deshalb erst einmal wenig unterwegs. Sein Sport fand ganz wagemutig im Eiskanal am Königssee statt. „In die Fußstapfen von Rodellegende Georg „Schorsch“ Hackl zu treten – das war mein Plan“, schmunzelt Alex. Eine Verletzung machte diesen Plänen aber ein jähes Ende. Alex trat daraufhin in der Struber Kaserne seinen Wehrdienst an und wurde Berufssoldat. Da er Berchtesgaden schon immer sehr schön fand, die Berge ihn schon als Kind bei den Ausflügen und Bergtouren mit seinen Eltern und dem Onkel faszinierten, stand schnell fest: „Die Ausbildung zum Heeresbergführer nehme ich natürlich mit.“ Das Training und die Übungen von damals haben heute unschätzbaren Wert für den jungen Mann: Die Fähigkeit, eine Gruppe zu führen, verantwortungsbewusste Entscheidungen in schwierigen Situationen zu treffen, das Risiko richtig einzuschätzen. All dies zahlte sich für den weiteren Weg aus. „Die Berge sind wunderschön, aber können auch zu einer unglaublichen Naturgewalt werden. Das müssen wir Bergsteiger akzeptieren und respektieren“, warnt Alex Unerfahrene. Felsklettern, übrigens seine ganz große Leidenschaft, Wasserfallklettern, Skibergsteigen und Hochtouren, in all diesen Bereichen des Bergsports begleitet er heute bergbegeisterte Gäste. Nach seiner Ausbildung zum staatlich geprüften Berg- und Skiführer gibt Alex mutig die Sicherheit der Kaserne auf und machte sich im Oktober 2018 selbstständig. Seine Bergschule Steep & Wild besteht heute aus einem Team von 15 freiberuflichen Bergführern. Der Wahl-Schönauer hat viele Stammgäste, die jedes Jahr Touren bei ihm buchen. Er bietet weltweit Einzel- und Gruppenführungen an, leitet aber auch regelmäßig Schulungen und Ausbildungskurse im Gebirge. In den Alpen hat er mehrere Materialdepots auf den unterschiedlichsten Hütten, um den Gästen für Ausbildungen im Gebirge hochwertiges Leihequipment anbieten zu können: „Mittlerweile habe ich mehrere 10.000 Euros ins Material investiert – und es soll ja immer auf dem neuesten Stand sein.“ Alex‘ persönliche Lieblingstour ist die Watzmann-Ostwand. Schon wenn er die steile, schroffe Wand aus dem Königsseeschiff sehe, überkomme ihn eine Gänsehaut. Die Ostwand sei für ihn der imposanteste Anstieg auf den Watzmann, so der Bergexperte.

Der Gipfelerfolg sei immer nachrangig, stellt er klar. „Es ist nicht selbstverständlich, den Gipfel einer geplanten Tour zu erreichen. Es müssen die Verhältnisse am Berg, das Wetter und die Fähigkeiten des Gastes, wie Kondition, Trittsicherheit, Tagesverfassung und das persönliche Können am Berg passen. Das alles zusammen macht den Gipfelerfolg dann auch so intensiv und zu einem emotional besonderen Moment. Das Wichtigste ist und bleibt, dass sowohl meine Gäste, als auch ich gesund zu unseren Familien zurück nach Hause kommen“, erklärt der Bergführer seinen Auftrag.

Seine Familie, Frau Karina und Tochter Marie, sieht Alex nur etwa sieben Monate im Jahr. Rechnet Alex alle Reisen und Mehrtagestouren in den Westalpen, Norwegen, Grönland und Südamerika zusammen, ergibt sich bis zu einem halben Jahr Reisetätigkeit. Marie hat zwar gerade erst die Schule begonnen – trotzdem weiß sie schon jetzt, dass sie in Papas Fußstapfen treten will: „Neulich hat sie auf die Frage nach dem Berufswunsch geantwortet, dass sie Bergführerin werden will“, lächelt ihr zufriedener Vater. Bergführerin, wie auch Nina Schlesener, bislang Berchtesgadens einzige weibliche Bergführerin. Seit Kurzem ist Nina erster Vorstand des Bergführervereins Berchtesgaden. Alex vertritt Nina als zweiter Vorstand dieses Vereins mit Geschichte: „Mit 140 Jahren ist er der älteste seiner Art in ganz Deutschland“, erzählt der Bergführer. In seiner Stimme schwingt eine Portion Stolz auf seinen neuen Posten mit.

Jetzt wird’s lebhaft: Alex‘ siebenjährige Tochter, meine Tochter und eine Schar anderer Kinder kommen aus dem Kletterkurs. Rotbackig und verschwitzt stehen sie rund um die Kühltruhe und bekommen von Trainerin Christa ein Eis spendiert. Zeit, sich zu verabschieden: Alles Gute für die neue Aufgabe als Vorstand im Bergführerverein und allzeit eine gesunde Heimkehr vom Berg, Alex!

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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