Ausflugstipps

Wie die Bauern einst lebten

Sonntagsausflug ins Freilichtmuseum

Wie in jeder Familie plagte auch uns die wöchentliche Sonntagsfrage: „Was machen wir denn heute?“ Der Wetterbericht war recht durchwachsen, sodass wir uns entschieden haben, unsere Bergpläne nicht durchzuführen. „Mama, wir könnten uns doch des mit den alten Bauernhäusern und den Zug ansehen“, so mein Vorschulkind. Gute Idee! Er meint das Salzburger Freilichtmuseum. Wir besuchen das Museum jedes Jahr, weil es so unglaublich viel zu entdecken gibt und sonntags meist noch Vorführungen oder Workshops angeboten werden.
Am letzten Sonntag gab es viel zum Thema Nachhaltigkeit und „upcycling“ aber mehr dazu später.

Wir packten also unseren großen Rucksack, gewappnet gegen Regen, Wind, Durst und Hunger und sind los. Am Freilichtmuseum angekommen beeindruckt schon das erste Bauernhaus, welches heute als Eingangshalle dient. Das Gebäude wurde von außen in seiner wunderschönen Ursprünglichkeit erhalten und innen als moderner Museumseingang umgestaltet. Praktischerweise gibt es eine Familienkarte für zwei Erwachsene mit den eigenen Kindern, in der die Fahrt mit dem Museumszug, der Zutritt zu allen Häusern, sowie Ausstellungen und der Teilnahme an Programm inbegriffen sind.

Thematisch ist das Freilichtmuseum, wie auch das Bundesland Salzburg, in fünf Gaue aufgeteilt: Flachgau, Tennengau, Pinzgau, Pongau und Lungau. Wir steigen beim Museumseingang Bahnhof Flachgau ein und fahren gleich bis zur Endstation Pongau. Von dort wandern wir etwas bergauf bis zum Lungau.
Zwei Bilder vom Abrahamhof großes gemauertes Haus mit Blumenwiese davor

Wir starten beim Abrahamhof, in der Tenne des Hofes ist die große Dauerausstellung mit dem Titel Lungau – Land hinter’m Tauern untergebracht. Ein Kurzfilm zeigt anschaulich die Entwicklung des Lungaus.

Die Kinder staunten nicht schlecht, als ich ihnen folgendes vorgelesen habe:

Etwa ein Drittel der Kinder musste ausgestiftet werden
Nur wenige Kinder erlebten eine glückliche Kindheit. Sie wurden hauptsächlich als künftige Arbeitskraft betrachtet. Das Erlernen der körperlichen Arbeit wurde daher als wichtigste Aufgabe angesehen. Denn sobald ein Bauernkind auf dem Hof mithalf, konnte der Bauer damit einen Knecht oder eine Magd einsparen. Als besondere Erleichterung waren in manchen Gemeinden im 7. und 8. Schuljahr sieben bis elf Monate schulfrei, anderswo beschränkte sich der Unterricht auf einen Tag pro Woche.
In den Jahren 1890 bis 1938 wurde etwa ein Drittel aller Kinder unehelich geboren. Die Mütter dieser Kinder, fast ausschließlich Dienstmägde, mussten das Kind „an- oder ausstiften“, d.h. in fremde Pflege geben. Die „Pflegeeltern“ zogen das Kind oft nur unter der Bedingung auf, dass es später über einen bestimmten Zeitraum als kostenlose Arbeitskraft diente. Im Jahr 1934 gab es im Lungau über 1000 solcher „Anstiftkinder“, das waren 25 Prozent.
Liebe und Fürsorge hatten in diesem System kaum einen Platz. In der Zeit nach der Jahrhundertwende starben bis zum 14. Lebensjahr 40 Prozent der Kinder.

Meine kleine Tochter hatte den Text nicht ganz verstanden, sodass sie nachfragte: „Waren die Kinder dann nimma bei da Mama?“. Ich nutzte die Gelegenheit für eine kurze Erklärung in der Hoffnung, das Bewusstsein für unser heutiges privilegiertes Leben zu stärken. Super dazu war das nächste Ausstellungsstück, das einen einfachen Schlafplatz während der Almzeit für die Hirte-Buam zeigt.


Weiter geht es durch die verschiedenen Gaue mit ihren Bauernhäusern, wobei wir über manchen „Einrichtungsgegenstand“ schmunzeln mussten. So ist uns natürlich gleich die Pislrinne, sowie die kreative Aufbewahrung der Brotlaibe ins Auge gestochen.


Es ging von Hof zu Hof. In manchen Bauerhöfen sind Schattenfiguren, die Geschichten erzählen. Meist handeln sie vom harten, bäuerlichen Leben der damaligen Zeit. Ganz gespannt haben die Kinder den Geschichten gelauscht. Vor den Höfen findet man groß angelegte Bauerngärten mit allerlei Kräutern und Kohlarten und am Wegesrand sahen wir lustige Blumendeko aus alten Hosen, passend zum Thema Nachhaltigkeit und upcycling. Eine super Idee!


Schön langsam knurrte der Magen, zum Glück gibt es neben dem Bahnhof Tennengau gleich das Museumsgasthaus Salettl mit großem Spielplatz.


Und zum krönenden Abschluss durften wir sogar noch das Kasperltheater Siri und die Quallenfalle miterleben. Die Kinder lernten spielerisch, dass es gar nicht gut ist, wenn wir Menschen das Meer verschmutzen. Doch zum Glück konnte – wenigstens im Theater – der Kasperl helfen.

Es war ein rundum schöner Familienausflug und nach einer kurzen Fahrzeit ist auch schon wieder unser Watzmann im Blickfeld. Wir holten uns noch die leckeren Erdbeeren vom Erdbeerhäuschen in Bischofswiesen und genossen die letzten Stunden des Wochenendes. Und schon steht wieder die Frage im Raum „Maaaama, was machen wir nächste Woche am Sonntag?“

Ich bin am Obersalzberg groß geworden. Meine Eltern bieten Urlaub auf dem Bauernhof an und so bin ich mit vielen Kindern aus ganz Deutschland aufgewachsen. Klar, dass ich in der Tourismusbranche hängen blieb. Nach meiner Ausbildung in Salzburg ging es dann erstmal weg aus Berchtesgaden. Schnell musste ich feststellen, dass der berühmte Schriftsteller Ludwig Ganghofer mit seinem bekannten Zitat recht hatte: „Wen Gott lieb hat, den lässt er fallen ins Berchtesgadener Land“. Deshalb war ich bald wieder daheim. Seit ein paar Jahren sind wir stolze Eltern, was natürlich unser Leben komplett verändert hat. Meinem Mann und mir sind Werte und Traditionen wichtig und das versuchen wir auch unseren Kindern zu vermitteln. In meinen künftigen Blogbeiträgen möchte ich Euch in unsere Welt mit all seinen Besonderheiten in Berchtesgaden und Umgebung mitnehmen! Viel Spaß beim Lesen!

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