Kultur

Neue Guides für die Dokumentation Obersalzberg

Im Herbst wird die Dokumentation Obersalzberg nach Umbau und Erweiterung wieder öffnen. Im Neubau wird gerade die neue Dauerausstellung auf einer Fläche von 800 Quadratmetern eingerichtet. „Idyll und Verbrechen“ ist das Leitmotiv der neuen Ausstellung. Genau dieser Gegensatz zwischen der Schönheit der Berchtesgadener Berge und dem Schrecken der NS-Herrschaft definiert den Täterort Obersalzberg. Um die Besucher der Dokumentation auch künftig umfassend zu informieren und Führungen für Gruppen anbieten zu können, findet aktuell ein Ausbildungskurs zum Guide statt.

Am vergangenen Wochenende fand der erste Teil der Guide Ausbildung statt: Die Bildungsreferentinnen Leonie Zangerl und Lena Thurnhaustatter führen die angehenden Guides über das Gelände rund um den Eckerbichl, auf dem heute das Kempinski Hotel Berchtesgaden thront.

Wo heute ein großer Parkplatz ist, stand früher der Platterhof: Aus der ursprünglichen Pension Moritz wurde im Dritten Reich das Volkshotel Platterhof, nach dem Zweiten Weltkrieg dann das Hotel General Walker der US Streitkräfte.

Vorbei an der Abfahrtstelle der Kehlsteinbusse führen uns Lena und Leonie zum ehemaligen Koksbunker: Nur wenige hundert Meter vom Berghof entfernt, entstand hier 1940 ein riesiger Kohlebunker, der 3.500 Tonnen Kohle fassen konnte. Oben an der Straße wurde der Bunker mit Kohle befüllt. In sechs mit Holztüren verschlossenen ‚Garagen‘ die sich unten befanden wurden kleine LKWs dann durch in der Decke befindliche Schächte beladen.

Während im Deutschen Reich ein Mangel an Heizmaterial herrscht, muss im Führersperrgebiet niemand frieren.

Unterhalb des Kempinski Hotels stehen die sogenannten Hintereckhäuser noch unverändert, darunter auch die ehemalige Adjutantur Göring. Hier befindet sich heute das Adler- und Wildtiergehege von Falkner Wolfgang Czech.

Weiter geht es mit unserer Geländeführung beim Hotel zum Türken. Ein Haus mit wechselvoller Geschichte und eine von nur drei Immobilien am Obersalzberg, die nach dem Krieg wieder an ihre vorherigen Besitzer zurückgegeben wurde.

Nächste Station unserer Tour ist das Berghofgelände: Seit 1928 bewohnte Hitler hier ein kleines Landhaus, das er 1933 erwarb und 1936 zum pompösen Berghof umbauen lies. Der Berghof war nicht nur Hitlers privater Landsitz, sondern ein zweites Machtzentrum des Deutschen Reiches. Hier wurden wichtige politische Entscheidungen getroffen, die in die Katastrophe von Weltkrieg und Holocaust führten und Millionen von Menschen das Leben kosteten.

Das Berghofgelände ist durch einen beschilderten Wanderweg mit der Dokumentation verbunden. Die Strecke ist Teil des Kempinski-Rundwegs.

Während sich der Himmel bedrohlich verdunkelt sind wir auf dem Weg zur nächsten und letzten Station unserer heutigen Geländeführung: Die Theaterhalle.

Das 65 Meter lange und 25 Meter breite Gebäude diente in erster Linie zur Unterhaltung der zahlreichen Arbeiter und Soldaten, die am Obersalzberg untergebracht waren. Es gab Filmvorführungen aber auch Propagandaveranstaltungen. Das Gebäude stand auf Betonfundamenten und wurden ansonsten fast komplett aus Holz errichtet. Wenn man heute von der Dokumentation Obersalzberg den Carl-von-Linde-Weg entlangläuft, stößt man rechterhand noch auf zahlreiche Betonfundamente, die die Größe des Gebäudes erahnen lassen.

Diesen Rundgang über das Zentrum des ehemaligen Führerspeergebiets bieten übrigens die Berchtesgadener Gästeführer immer montags unter dem Titel: Der Obersalzberg – eine wechselvolle Geschichte an.

Im Anschluss an unsere Geländeführung nehmen uns Lena und Leonie mit in die neue Doku. Die neue Ausstellung „Idyll und Verbrechen“ werden wir in zwei Blockseminaren in den nächsten Wochen genau kennen lernen. Heute widmen wir uns den Bunkeranlagen.

Der Bunker bildet den letzten Teil des Rundgangs durch die künftige Ausstellung, für den sich – wie die Ergebnisse von Besuchsforschungsprojekten dokumentieren – rund die Hälfte der Gäste besonders interessiert. Eine inhaltliche Hinführung erhalten wir von Leonie und Lena vor dem massiven Portal, das den Eingang in die Unterwelt des Obersalzbergs bildet.

Der Bunker selbst ist keine Ausstellungsfläche, sondern ein Realexponat. Eine Ausnahme bilden die vorhandenen Medienräume, die zwei Themen Platz bieten werden, die in besonders engem Zusammenhang zum Bunker stehen. Im Hofraum werden die Erfahrungen von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern dokumentiert, die auf dem Obersalzberg eingesetzt waren und auch an der Errichtung des Bunkers mitarbeiten mussten. Im alten Wechselausstellungsraum, dem ehemaligen Luftschutzraum des Hotels Platterhof, finden Informationen zum Luftangriff auf den Obersalzberg Platz.

Besonderes Augenmerk bei der Führung durch die Bunker legen die beiden Bildungsreferentinnen auf die „sprechenden“ Wände: Zahlreiche Inschriften erzählen Geschichten von Zwangsarbeitern, Aktenverbrennungen, Gruseltouristen und vom „last price of the war“, dem Wettlauf französischer und amerikanischer Soldaten um den Obersalzberg.

Den Abschluss des Bunkerrundgangs bildet ein neuer Steg, der wieder zurück in den Eingangsbereich des neuen Gebäudes führt. Hier kommen im Epilog überlebende Opfer des Nationalsozialismus zu ihrem Recht – gerade am Täterort Obersalzberg gebührt ihnen das letzte Wort.

Mein Name ist Sepp Wurm und ich arbeite seit Sommer 2010 im Tourismus Marketing. Als Social Media Enthusiast kümmere ich mich neben diversen anderen Kanälen auch um den Bergerlebnis Berchtesgaden Blog. Schwerpunkt meiner Blogbeiträge sind Berichte über meine Wanderungen und Bergtouren im Sommer, sowie über Skitouren im Winter. Meine Leidenschaft für die Berge bringe ich gerne in unseren Blog mit ein. Als waschechter Ramsauer „Bergbauernbua“ liegen mir zudem unsere Heimat und ihre Traditionen und Bräuche natürlich besonders am Herzen. Ich hoffe, diese Liebe zu unserem schönen Berchtesgaden spiegelt sich auch in meinen Blogbeiträgen wider.

3 Kommentare

  • Kathrin

    Lieber Sepp,
    vielen Dank für diesen hochinteressanten Artikel und die anschauliche Darstellung mit Fotos. Dass in so einem Idyll solche Verbrechen geplant wurden, macht es gefühlt noch schlimmer.

  • Tim

    Hello.

    Is anyone able to confirm what is going to happen to the „Hotel Zum Turken“ now that is has been sold?

    I hope it is preserved and will not be levelled. It represents a rare historic survival at Obersalzberg.

    Many thanks.

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