
Almerlebnis im Zeitraffer

Die Führung „Das höchste Leben“ ist ein idealer Einstieg für einen Wanderurlaub im Berchtesgadener Land.
Wieviel aufmerksamer betrachtet man anschließend Pflanzen und Steine oder wirft einen Blick über und auf den Zaun der Bauerngärten. Auch dass eine Alm kein Holzhaus oder gar Gasthaus ist, erfährt innerhalb einer Stunde.
Brigitte Berreiter interessiert sich seit sie denken kann für Kräuter, Heilpflanzen und naturnahes Gärtnern. Glück hat, wer mit ihr – oder einer ihrer Kolleginnen – durch das Außengelände beim „Haus der Berge“ streifen kann. Neben ihrem Spezialgebiet erklärt Brigitte dabei noch viele andere Besonderheiten im Nationalpark Berchtesgaden.

Nach einem Blick von oben auf das Gebiet des Nationalparks mit seinen grünen oder auch steinigen Tälern und felsigen Gipfeln geht es direkt in den alpinen Steingarten. Hier wartet das berühmte Edelweiss, die gar nicht furchteinflößende Teufelskralle und die wunderbare Silberdistel.

Ebenso spannend können Steine sein. Die sogenannten „Kuhtrittmuscheln“ sind auf großen weißen Steinbrocken am Hintersee- und Königssee zu finden. Ihr markantes Muster haben Sie nicht etwa von ausschlagenden Rindern, sondern von Meerestieren aus dem Erdaltertum.

Mein persönliches Highlight kam gleich hinter dem Stein: Vier verschiedene Zäune, wie sie in unserer Region zu finden waren/sind. Ist Euch schon mal aufgefallen, dass man bei einem Spaziergang durch ein Wohngebiet fast wie durch einen Tunnel geht? Kaum Möglichkeit eine Blume oder gar einen anderen Menschen zu erblicken. Überall meterhohe Thujen…. Was für ein anderes Bild bieten doch diese Begrenzungen:



Hinter dem Zaun warten endlich Brigittes Lieblinge: Wilder Thymian, Wilde Möhre und andere Heilpflanzen. Ätherische Öle sind verantwortlich für das herrliche Aroma, das sich sofort ausbreitet, wenn man mit der Hand leicht darüberstreicht. Diese bilden die Pflanzen aber nicht zu unserem Wohlgefallen, sondern als Schutz vor Wildverbiss. Und sie können noch viel raffinierter sein: Die Wilde Möhre zum Beispiel ist als einzige Doldenfrucht so clever, in ihrer Mitte einen kleinen schwarzen Punkt zu bilden. Und schon hält das nächste vorbeifliegende Insekt diesen für einen Kollegen, wittert Futter und lässt sich nieder. Fortpflanzung der Möhre gesichert.

Kräuterkunde vergleicht Brigitte gerne mit einer Sprache: Basiswissen kann man sich über Bücher und klassisches Lernen aneignen. Aber erst durch einhändiges Ernten, Verarbeiten und Anwenden lernt man die Wirkungsweise einzelner Heilkräuter einzuschätzen. Und wie bei einer Sprache macht die praktische Anwendung von Jahr zu Jahr erfolgreicher, sprich mehr Freude.
Inzwischen stehen wir vor dem Lahnerkaser, der bis vor wenigen Jahren noch auf der Stubenalm stand. Hier gleich ein wichtiger Hinweis: Kaser (Hütte der SennerIn und des Almviehs) ≠ Alm. Als Alm bezeichnet man das Weidegebiet, der Name des Kasers leitet sich vom Hofnamen ab. Und ein Gasthaus ist eine Alm eigentlich gar nicht.


Wie einfach und arbeitsreich das Leben auf einer Alm war, wird anhand der kargen Einrichtung schnell deutlich. Viel Arbeit haben die Sennerinnen und Senner natürlich auch heute noch, doch Arbeitsgerät und Erreichbarkeit haben sich deutlich verbessert. Selten wird noch auf einem Dreibein sitzend von Hand gemolken oder die Milch für den Käse über offenem Feuer erhitzt. Das Wasser kommt aber durchaus noch aus dem Brunnen vor dem Kaser.

Noch ist Zeit, bis Ende Oktober startet der kostenfreie Rundgang „Das höchste Leben“ jeden Dienstag und Donnerstag ab 15:30 Uhr an der Infotheke beim „Haus der Berge.“
Einen herzliches Dankeschön an Brigitte von Ursula BGLT.

