
Moor, Wasser und Weite mit Bergblick
Radrunde durch den Rupertiwinkel
Der Blick aus dem Fenster am Morgen verspricht anderes als der Wetterbericht vom Vortag. Über dem Watzmann hängen schwarze Wolken, obwohl uns ein sonniger Sommertag in Aussicht gestellt war. Wir hatten eine Radtour für heute geplant. Also umdisponieren, neue Strecke aussuchen. Ein kurzer Blick in die Webcam am Högl zeigt schon ein vielversprechendes Weiß-Blau über dem Rupertiwinkel, dem nördlichen Teil des Berchtesgadener Landes.
Wir suchen uns eine Tour ab Freilassing aus. Ca. 40 Kilometer, Richtung Abtsdorfer See und Schönramer Moos, zurück durch viele kleine Dörfer und Weiler. Wir starten am Bahnhof in Freilassing Richtung Surheim. Auf kleinen Nebenstraßen geht es vorbei am Oedhof, einem Hotel-Restaurant, das sich mit exzellenter regionaler Küche einen Namen gemacht hat. Sobald wir die Stadt verlassen haben, liegen große Wiesen, Mais- und Weizenfelder vor uns.

Die Landschaft ist so viel lieblicher als die schroffen Täler des Landkreissüdens.

Kurz vor Surheim blüht ein Feld mit alten Getreidesorten, ein Projekt der Biosphärenregion. Hier wachsen im beispielsweise der „Berchtesgadener Vogel“, der „Steiners Roter Tiroler“ oder der „Alpine Begrannte“. Insgesamt wurden im ersten Jahr 12 Winter- und 4 Sommergetreidesorten sowie Bayerischer Mais und Ackerwildkräuter ausgesät. Die Sorten wurden mit wenigen Gramm Saatgut soweit zwischenvermehrt, dass für die Erst-Aussaat im Biosphären-Getreidegarten bereits jeweils zwischen ein und drei Kilogramm Saatgut zur Verfügung stand.


Bald erreichen wir den Abtsdorfer See, einen der wärmsten Badeseen Bayerns. Nachdem es die letzten Tage viel geregnet hat herrscht noch kein Badebetrieb. Am Steg liegen die Ruderboote noch wie in Winterruhe.

Lohnenswert ist der Abstecher zu den Beobachtungsstationen im Haarmoos, das sich im Süden an den See schmiegt. Das Feuchtgebiet ist ein Paradies für Wiesenbrüter und die letzte große Streuwiesenlandschaft im Berchtesgadener Land. Gerade im Frühjahr lassen sich hier seltene Vogelarten beobachten. Der Landesbund für Vogelschutz Bayern bietet regelmäßig Führungen an. Wir bleiben auf unserer Route und radeln am See weiter Richtung Leobendorf und dem Moorgebiet Schönramer Filz.

Mit Beginn der Moorlandschaft ändert sich die Vegetation. Heidekraut und Birken säumen den Weg, ungewöhnlich in der voralpinen Region. Die kleinen Wege schlängeln sich wunderbar durch die struppige Vegetation zwischen Chiemgau und Berchtesgadener Land.




Der Rupertiwinkel lässt sich eben nicht in Landkreisgrenzen denken. Das Schönramer Bräustüberl hat zu unserem Leidwesen geschlossen, da es sich perfekt für eine Rast angeboten hätte. Wir strampeln weiter und freuen uns über die gepflegten Gärten und die schönen Bauernhäuser, die Zimmer und Ferienwohnungen vermieten.

Urlaub auf dem Bauernhof muss hier herrlich sein. Besonders die schönen Schlackenhäuser, eine Besonderheit im Rupertiwinkel, und die liebevoll angelegte Bauerngärten lassen uns immer wieder anhalten.

Ich genieße den Weitblick und den luftigen Abstand zu den Bergen, mit denen ich sonst immer auf Tuchfühlung lebe. Beschwingt von dem schönen Tag und der abwechslungsreichen Tour belohnen wir uns mit Eis und Kuchen in der Freilassinger Fussgängerzone.
Infos zur Tour: die Strecke führt weitgehend über Radwege, Feldwege und sehr verkehrsarme Nebenstraßen, und entspricht weitgehend der Strecke des Moor- und Moosradweges. Wer unsere Strecke nachfahren möchte, der wählt bei Komoot die Schönramer Runde ab Freilassing. Das gut ausgebaute Radwegenetz und die vielen Nebenstraßen erlauben aber auch zahlreiche Varianten.
Tipp: Geführte Radtouren bieten die Teisendorfer Alexander Feil und Thomas Pöllner an. Infos unter: dahoam-radeln.de

