Ausflugstipps

Bunte Blätter sammeln in Maria Gern

Eine Herbstwanderung auf dem Gerer Höhenweg

Immer wenn meine fünfjährige Tochter und ich von zu Hause in der Nähe des Königssees über die flache Strecke der Bundesstraße in Richtung Berchtesgaden brausen, suchen wir mit dem Blick das winzige Kirchlein, das von links drüben in weiter Ferne aus dem dichten Bergwald im Gerer Tal herausblitzt. Entzückend sieht es aus und wir stellen uns die Gläubigen vor Hunderten von Jahren vor, die hier, von St. Bartholomä kommend, gleich den nächsten Wallfahrtsort in Sichtweite hatten.

Schwarz und scharf hebt sich der Zwiebelturm der Wallfahrtskirche Maria Gern gegen den strahlend blauen Himmel ab. Heute sind wir herübergefahren, nach Maria Gern, einem Ortsteil Berchtesgadens. Wir wollen uns nicht nur eine Portion gute Energie in der Kirche holen, sondern den wunderschönen Gerer Höhenweg marschieren.

Wir bestaunen die waldigen Hänge der Kneifelspitze gegenüber während wir zum Hof Fendtleiten hinaufwandern. Einige Bäume stechen durch ihre buchstäblich neonorangen und neonroten Blätter erst recht hervor. Erst letzte Woche hat mir ein befreundeter Botaniker erklärt, warum die Herbstfärbung in diesem Jahr so auffällig intensiv ist. Eine Mischung aus einem relativ feuchten Sommer, knackig kalten Tagen Anfang Oktober und darauffolgend viel Sonnenschein ist scheinbar verantwortlich für die außergewöhnliche Farbenpracht. Am Beginn des Pfads erwartet uns die erste tierische Begegnung des Tages: Zwei Walliser Schwarznasenschafe mit ihrem Nachwuchs. Amüsiert suchen wir die Augen der Tiere, die sich doch irgendwo in dem dicken, gekräuselten Fell verstecken müssen. Die gedrehten Hörner sind fast ein bisschen angsteinflößend. Die netten schwarzen Nasen machen die Tiere dann aber doch wieder niedlich.

Zwar scheint die Sonne warm vom Himmel. Aber die Luft ist kalt und frisch. Im Wald, im Schatten der Bäume, zwickt sie uns gehörig in die Arme. Meine Tochter ist froh um ihre wärmende Weste, die sich für Herbstwanderungen ungemein gut eignet. Es geht über kleine Waldpfade und äußerst selten befahrene, asphaltierte Zufahrtswege zu einsam gelegenen Höfen. Spannend bleibt es allemal, denn an quasi jeder Ecke gibt es Holzverschläge, Hütten oder Jägeranstände zu denen sich prima Geschichten erfinden lassen. Und selbstverständlich werden viele Hände voll ganz besonders schön gefärbter Blätter gesammelt.

Beim Ascherlehen kommen wir aus dem Buchenwald heraus und folgen der Teerstraße immer weiter in Richtung Obergern. Unterwegs finden wir genau den richtigen Brotzeitplatz, schön in der Sonne, mit direktem Blick auf den majestätischen Watzmann. Am Ende der Straße blickt uns ein riesiger, schwarzer Warmblüter sanftmütig an. Lang streckt er den Hals über den Zaun – er riecht wohl den von unserer Brotzeit übriggebliebenen Apfel. Aber den brauchen wir noch selbst – als Notration für die letzte Etappe.

Nun steigen wir steil in den Steingraben hinab und meine Tochter hüpft immer fröhlicher und schneller voraus. Wir nähern uns dem, worauf sie sich bei dieser Wanderung immer am meisten freut. Es ist ein wahrlich ganz besonderer Anblick, sobald sich der Weg auf die weite Wiese öffnet: Hinten thront der massive Untersberg mit durch die Sonne warm orange leuchtenden Felsen, drüben liegt das urige Untersberglehen und auf uns zu trippeln an die zehn Lamas. Die Zähne schauen ein bisschen aus dem Mund heraus, das Fell ist teils kurz, teils wuschelig lang, die Färbung von rötlich bis ganz schwarz. Ihr Gang mutet immer etwas gestelzt, fast überheblich, an, als sie an den Zaun herankommen und uns neugierig betrachten. Erst vor Kurzem haben meine Tochter und ich den Disney-Klassiker „Ein Königreich für ein Lama“ angeschaut und wir erinnern uns lachend an so manche Szene – mit den lebendigen Hauptdarstellern vor Augen.

Durch die Hintergern marschieren wir nun auf der Teerstraße, ab dem Gasthof Dürrlehen werden unsere Schritte schneller. Die Sonne ist hier schon untergegangen und es wird empfindlich kalt. Da wärmt uns die kleine Flamme der Opferkerze, die wir als Abschluss dieses schönen Tages in der Kirche Maria Gern anzünden, gleich doppelt – nicht nur von innen, sondern auch von außen.

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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