
Über die Grünsteinhütte zur Kühroint und der Archenkanzel
Almwanderung mit königlichem Ausblick
Es verspricht ein herrlicher Sommertag zu werden. Ein paar duftige Wölkchen hängen am blauen Himmel, die noch verbliebenen Schneefelder leuchten von den Bergen herunter und das Gras steht hoch auf den Wiesen, die die Bauern noch nicht gemäht haben. Meine siebenjährige Tochter will natürlich ins Freibad. Ins Schorni. So nennen wir liebevoll unser örtliches Freibad, das Schornbad in Schönau a. Königssee. Damit gibt sie mir eine Steilvorlage – eine bessere Motivation für eine Bergtour gibt es ja wohl nicht: „Wenn Du fleißig marschierst, gehen wir nachmittags ins Schorni.“ verspreche ich. Am Wanderparkplatz Hammerstiel ist schon einiges los, obwohl wir relativ früh dran sind. Hier ist nicht nur der Ausgangspunkt für die beliebte Wanderung zum Grünstein – hier starten sommers wie winters auch viele, die größere Touren am Watzmann geplant haben. Im Wald ist es noch schön kühl, als wir den steilen, mit vielen Stufen versehenen Weg Richtung Grünsteinhütte hinaufsteigen. Das letzte Stück marschieren wir auf dem Forstweg und genießen an der Hütte die grandiose Aussicht. Wir erkennen deutlich die Schindeldächer der historischen Bootshäuser, die weißen Elektroboote der Königsseeschifffahrt und die Anlegestege. Am schönsten scheint das glitzernde und funkelnde smaragdgrüne Wasser und mein Nachwuchs redet schon wieder vom Baden – also schnell weiter.


Die Sommerhitze ist im dichten Laubmischwald schnell vergessen. Wir beobachten einen Schwarzspecht, der an einer abgestorbenen Fichte laut hämmert und emsig Rindenstücke abhackt, um darunter nach Würmern und Insekten zu suchen. Wie im Märchen, so erscheint uns der mit Fichtennadeln bedeckte Pfad im dichten Wald mit den bemoosten Findlingen. Kaum haben wir uns ein paar Geschichten erzählt, passieren wir schon die Grenze zum Nationalparkgebiet. Das erkennen wir an einem Schild, das uns an die Nationalparkregeln erinnern.

Auf den Wegen bleiben, Müll wieder mitnehmen, Tiere nicht stören, keine Pflanzen pflücken – meine Tochter kann sie schon fast auswendig und findet vor allem den Comicmann lustig, der die Regeln bebildert. Und schon erreichen wir die Forststraße und folgen ihr, den Schatten der großen Fichten am Wegesrand suchend. Die Kühroint ist nun schnell erreicht. Die große Almwiese ist leer, die Kühe haben sich bereits in den Schatten einiger Bäume verzogen und stehen da oder dort? nahezu bewegungslos beim Wiederkäuen. An der Hütte ist reges Treiben, der Fahrradparkplatz ist schon fast voll, auch einige Wanderer genießen die Sonne und ein kühles Getränk. Um die ganze Hütte finden sich Tröge, Töpfe und Hängekörbe, die liebevoll bepflanzt sind.



Die Blüten verzieren das Bild mit wunderbar farbigen Tupfern. Neben der Hütte befindet sich die Almhütte, wo die Sennerin bewirtet. Auch wir lassen uns nieder, trinken etwas und schauen ehrfürchtig hinauf zur Familie Watzmann. Der kleine Watzmann, oder Watzfrau, scheint sich mit ihren steilen, glatten Felswänden direkt vor uns zu erheben – der Ausblick ist gewaltig.


Da die Kleine von der Runde Spezi so belebt erscheint, packen wir auch noch den Abstecher zur Archenkanzel. Auf einer nahezu senkrecht abfallenden Felswand liegt dieser atemberaubende Aussichtspunkt. Direkt darunter liegt der Königssee.


Die Wallfahrtskirche St. Bartholomä leuchtet mit ihren roten Zwiebeltürmen gegen das am Ufer türkis schimmernde Wasser des Bergsees an. Oben im Karsthochplateau des Steinernen Meeres thront die Pyramide der Schönfeldspitze. Meine Tochter zählt die winzigen weißen Königsseeboote dort unten und ich freue mich über die Schönheit der Natur in Berchtesgaden.
Jetzt wird’s wirklich Zeit für ein kühles Bad. Wir machen uns an die Rückkehr zur Kühroint. Ein kurzer, aber emotionaler Besuch in der Bergsteiger Gedenkkapelle St. Bernhard erinnert uns daran, dass wir Menschen in den Bergen großen Naturgewalten ausgesetzt sind. Die vielen Namen der Bergopfer erschrecken mein Kind schon sehr. So schön die Bergwelt auch ist – Respekt, Vorsicht und gute Planung sind hier für Wanderer und Bergsteiger immer angebracht.

Der Abstieg in Richtung Bergsteigerdorf Ramsau wird uns recht lang. Zum Glück kommen uns auf dem Weg immer wieder nette Rüsselkäfer unter, die begutachtet und vom Weg ins Gras gesetzt werden. Bei der Schapbachalm können wir sogar einen riesigen Schwalbenschwanz ganz genau und aus größter Nähe beobachten. Der große Falter mit seiner wunderschönen Zeichnung steht unter Naturschutz und ist nicht sehr häufig anzutreffen. Mit diesen Tiererlebnissen wird der Weg gefühlt kürzer.



Trotzdem ist meine Siebenjährige heilfroh, als sie am Auto aus den Wanderschuhen heraus und in die Badeschlapfen hineinschlüpfen kann. Jetzt zählt jede Sekunde – den Sprung ins kühle Schorni-Becken kann sie jetzt wirklich kaum mehr erwarten.

