Ausflugstipps

Bruno fliegt

Greifvogel-Flugshow im Haus der Berge

Verzückt streichelt meine 7-jährige Tochter das flauschige Fell eines weißen Schneehasen. Der rührt sich kein bisschen – kann er auch nicht: Er steht ausgestopft auf dem Tisch des großen Informationsstands für Adler und Bartgeier im Garten des Haus der Berge. Mit allen Sinnen soll die Natur begriffen werden. Im wahrsten Sinne des Wortes: Alle Ausstellungsstücke im Nationalparkzentrum in Berchtesgaden dürfen ausdrücklich von den Besuchern angefasst werden. Die Mitarbeiterinnen am Stand machen ihre Sache sehr gut und erklären mit einer Engelsgeduld immer wieder aufs Neue, was wissenswert ist. Mit Fitnessgeräten zum Handmuskeltraining wird beispielsweise eindrucksvoll deutlich, welche Kraft ein Steinadler oder ein Bartgeier in seinen Greifern hat.

Daneben gibt es ein Steinadlerei, Knochen in verschiedener Größe, wie sie der Bartgeier verschlingt und eine originale Transportkiste für die Auswilderung eines Bartgeiers zu bestaunen.

Vor zehn Jahren wurde das Haus der Berge eröffnet und auch damals, so erinnert sich Haus der Berge-Chef Ulli Brendel in seiner Begrüßungsrede, waren die gefiederten Mitarbeiter von Paul Klima und Bibiana Mayser eingeladen. Während in der Zwischenzeit über 1,4 Millionen Besucher in das Haus der Berge geströmt sind, sind die beiden Falkner damals wie heute mit ihrer kostbaren Fracht von ihrem Hof in der Nähe von München nach Berchtesgaden angereist. Sie werden von einer großen Besucherschar, Einheimischen und Gästen, ganze Familien vom Baby bis zum Großvater, sehnlichst erwartet.

Ein Raunen geht durch die Reihen, als Paul endlich den mächtigen Steinadler Bruno auf den Platz trägt. Neben Bruno haben Paul und Bibi noch den Sakerfalken Arthur, den Lannerfalken Lara und Calimero, einen entzückenden amerikanischen Buntfalken dabei.

Es geht los. Arthur fliegt erstmal dorthin, wo es ihm gefällt. Er sitzt am äußersten Rand des Geländes auf einem Felsbrocken und scheint eine Zeit lang nicht daran interessiert, sich seinen Leckerbissen vom Lederhandschuh des Falkners zu holen. Etwa sieben Wochen nach dem Schlüpfen sind Sakerfalken flügge. Arthur ist bereits 13 Jahre alt. Die ersten Jahre seines Lebens hat er bei einem Jäger verbracht. Nach einem Unfall, bei dem er in einen Weidezaun flog und sich schwer verletzte, konnte er die Jagdaufgaben nicht mehr leisten und verbringt nun auf dem Falkenhof seinen Lebensabend. Letztendlich bekommt er doch Appetit und bricht auf. Er segelt haarscharf über die Köpfe einiger Zuschauer und landet auch mal auf dem Rucksack einer Dame zwischen.

Jetzt ist Calimero an der Reihe. Meine Tochter meldet sich aufgeregt, denn für die Übung wird nach Freiwilligen gesucht. Und sie hat Glück. Die Falknerin postiert sich direkt neben ihr und lockt den kleinen Buntfalken mit etwas Essbaren. Ich postiere mich ebenfalls direkt daneben, das Handy gezückt und parat zum Fotografieren. Das gefällt Calimero: Der perfekte Landeplatz. Ein paar Flügelschläge später, klammern sich seine feinen Krallen an meine Finger und das Handy. Mit großen Augen schaut er mich an – und ich mit wahrscheinlich nicht minder großen Augen schaue überrascht zurück. Falkner Paul kommentiert die kleinen Ausreißer seiner Schützlinge sehr humorvoll über sein Mikrofon – die Leute um uns herum lachen, es ist ein Heidenspaß.

Schließlich holt sich auch Calimero seine Beute. Auf dem Arm meiner Tochter hat er sich sehr wohl gefühlt, der Kleine, der nicht mehr als eine Tafel Schokolade wiegt. Lara, die Lannerfalken-Dame jagt eindrucksvoll eine präparierte Wachtel, die der Falkner Paul an einer langen Schnur durch die Luft sausen lässt.


Jetzt wird’s ernst. Steinadler werden in der Steppe sogar zur Wolfsjagd eingesetzt – deshalb wird per Durchsage empfohlen, kleinere Hunde in Sicherheit zu bringen: Gleich wird Bruno fliegen. Majestätisch breitet er seine mächtigen Schwingen aus und segelt über das Gelände. 40 bis 50 Jahre kann er alt werden, der eindrucksvolle Bruno. In freie Wildbahn werden Steinadler höchsten 30 Jahre alt. Schlachtentscheidend, sagt Paul Klima, sei die durchgehende Fütterung. Während Bruno nie über Hunger klage, müsse ein Adler im Nationalpark Berchtesgaden im Winter des Öfteren 14 Tage mit einem knurrenden Magen fertig werden. Dadurch verringere sich die Lebenserwartung der Tiere.

Die Show ist zu Ende, die Menschen scharen sich um den Star des Tages. Falkner Paul muss ganz schön schwitzen, denn er hält den über dreieinhalb Kilo schweren Bruno auf dem Arm, während die Zuschauer ihn mit Fragen bestürmen. Lachend erzählt er, dass Bruno schon auch mal abhaue, wenn es ihm zu stressig würde. Da säße einer auf dem Gartenzaun, der abgeholt werden möchte, sagte neulich eine Nachbarin ins Telefon – Eile wäre geboten, der Zaungast schiele eifrig nach dem Hühnerstall.

Wir bedanken uns für die große Show! Eine tolle Aktion des Haus der Berge mit Paul Klima und Bibiana Mayser vom Falkenhof Dietramszell.

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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