Warum tun wir uns das an?
Warum tue ich mir das an?
Der Schweiß fließt mir das Gesicht runter, meine Atmung verschnellt sich, die Kleidung klebt und es ist heiß. Von einer Frisur kann man mittlerweile auch nicht mehr sprechen. Warum tue ich mir das an? Das sind so Gedanken, die einem in den Kopf kommen können in den ersten paar Metern des Aufstieges. Erst überwiegt die Vorfreude auf die geplante Wander- oder Bergtour. Doch eines vergisst man vielleicht vor Freude darüber ein bisschen: es ist Sport! Wie passt das zusammen, man möchte sich erholen und treibt den Körper zu Höchstleistungen, die er im Alltag nicht kennt.


Warum tun wir uns das an?
Ja, so begann schon in Kindheitstagen ein Urlaubstag. Urlaub. Die schönste Zeit des Jahres in der man sich vom Alltag erholt. So hat nun jeder seine eigene Ansicht von Erholung. Und mittlerweile konnte ich für mich herausfinden, dass eben genau diese körperliche Ertüchtigung für mich Erholung ist. Erholung für das Gehirn. Was mich eben noch belastete wird ganz klein. Ganz klein wie die Häuser im Tal, wenn ich immer weiter nach oben schreite. Ja, ich tue mir das an, weil ich so meinem Kopf Erholung geben kann.
Nach einiger Zeit wurde ich fitter und schneller und dann merke ich dieses Konkurrenzgefühl auf den Wanderwegen und Bergsteigen. Irgendwie ist es bei manchen kein Miteinander sondern ein Gegeneinander. Ich fühle mich vom Hintermann gehetzt schneller zu sein und wie schon durch offene Aussagen mancher mir entgegenbracht wurde, hatte man den Willen mich zu überholen. Wie paradox das doch ist, denn sind denn nicht die Berge genau die Region wo man hingeht um zu entschleunigen.




Ist unsere Schnelllebigkeit schon in den Bergen angekommen?
Ich erinnere mich noch gut wie ich diesen Sommer mit meiner schwer Herzkranken Mutter zum Kärlingerhaus/Funtensee aufstieg. Natürlich kann sie nicht besonders schnell aufsteigen und braucht ihre Verschnaufpausen. Als meine Mutter eine Pause brauchte, gab es von so manchem einen nicht wohlüberlegten Spruch oder Gelächter uns gegenüber. Warum verurteilt man jemanden, von dem man nicht weiß warum diese Person nicht in Windeseile den Aufstieg meistern kann? Am besten ist es solche Menschen zu ignorieren. Denn nicht um jemanden etwas zu beweisen geht meine Mutter in die Berge, sondern wegen der unglaublichen Schönheit der Natur. Ja, das Naturerlebnis steht im Vordergrund.




Natur, Natur sein lassen – das Motto des Nationalparks
Nirgendwo sonst spürt man dieses Motto als in der Kernzone. Tiere in ihrem natürlichem Lebensraum zu beobachten ist jeden Schweißtropfen Wert! Wie mir das Herz aufgeht, wenn dann auf einmal ein paar Meter vor mir eine Gams zu mir schaut. Wer da dann wen beobachtet sei dahingestellt. Oder wenn die Murmeltiere im Frühjahr aus ihren Bauen rausschauen. Das alles ist nur selbstverständlich weil hier das Thema „Nationalpark“ richtig umgesetzt wurde.



Mittlerweile hat sich auch ein sportlicher Hintergrund bei mir untergemischt. Mir gefällt wie das Berggehen meinen Körper formt und wie es mich in einem Glückshormonrausch versetzt. Aber das schönste Gefühl ist noch immer einfach die Schönheit der Natur zu bewundern. Dafür bin ich jeden Tag dankbar. Dankbar für Urlaub für das Gehirn.


Liebe Leser,
dies war nun kein typischer Wanderbericht. Es war eine kleine Reflexion über Gedanken, die ich mein Berggehen hatte und wie ich es im diesem Jahr erlebt habe. Klar, wirkt dieser Artikel auch ein bisschen negativ auf dem Mensch als Bergwanderer. Aber die Personengruppe von der ich hier schrieb, ist es eine Minderheit, die sich so aufführt. Denn glücklicherweise überwiegt noch immer das Miteinander und das Wir-Gefühl am Berg.
Hier sind wir alle gleich, ob nun die Bäckerei-Verkäuferin oder der Professor.
Gruß, Ann-Kathrin
One Comment
Martin
Interessante Selbstreflexion, sehr gut geschrieben.
Es ist gut, dass man eine Eigenflexibilität am Berg mitbringt. Einmal sportlich gesehen und vielleicht mal den Berg raufhetzen und sich an das körperliche Limit bringen, ein anderes Mal aber in absoluter Ruhe und Einkehr mit sich selbst und einer gewissen Langsamkeit. Wer an beiden Varianten Gefallen findet, kann glücklich am Berg unterwegs sein.