Menschen

Frühlingserwachen in Berchtesgaden

Die Gärtnerei Cramer steht seit Monaten in den Startlöchern

Wunderschön, wie alles schon herausdrängt,“ freut sich Alexander Cramer. Hinter ihm thront imposant der noch mit reichlich Schnee bedeckte König Watzmann, Berchtesgadens wohl bekanntester Berg. Vorne spitzt der Turm der Struber Kirche hervor. Leicht abschüssig stehen große Gewächshäuser in Reih‘ und Glied. Die Beete, die ihn zum Lächeln bringen, gehören zu seinem Elternhaus. Dank der warmen Sonnenstrahlen, die einen wolkenlos blauen Himmel beleuchten, wagen sich schon Mitte Februar, Schneeglöckchen, Narzissen und Hyazinthen zaghaft aus dem Boden. Wer die Augen schließt, meint vielleicht sogar, eine erste Biene auf der Suche nach vielversprechenden Krokusblüten summen zu hören.

Oberflächlich betrachtet wirkt es noch winterlich still in der Gärtnerei Cramer. Alles ist noch ein wenig kahl und braun, im Hintergrund liegen die weißen Berggipfel im tiefen Winterschlaf. Doch kaum öffnet Alex die Schiebetür zum Gewächshaus explodiert der Frühling. Ein wahres Meer von Blüten erstreckt sich über die ganze Fläche der Pflanztische. Hornveilchen und Steifmütterchen in blassviolett, orange, gelb, bordeauxrot, weiß, lila – das Auge freut sich nach dem Winter über so viel Farbe. Über 16.000 Pflanzen gedeihen hier vor sich hin, viele davon zieht Alex und sein Team aus Samen. Sechs Gewächshäuser gehören heute zur Gärtnerei, die 1947 von Alex‘ Großvater eröffnet wurde. War damals der Schwerpunkt auf dem Anbau von Gemüse, hat sich das heute umgekehrt. Auf 80 % schätzt Alex den Anteil der Beet- und Balkonpflanzen in seinem Produktsortiment. Vor neun Jahren hat Alex den Betrieb von seinen Eltern übernommen.

Nach meinem schweren Unfall 2006 war eine Zeitlang nicht klar, ob ich das als Rollstuhlfahrer schaffe,“ erinnert sich Alex und schüttelt leicht den Kopf. Mit viel Willenskraft, Innovationsgeist, gesundem Unternehmerdenken und geschickter Planung ging es. Alex bewegt sich scheinbar mühelos durch die Gärtnerei, hinein ins Bürogebäude, durch die Verbindungstür ins Gewächshaus, zurück in die Verkaufshalle und hinunter zur Ausstellungsterrasse. Rampen und barrierefreie Türen machen es möglich. „Manche Arbeiten kann ich natürlich zumindest nur langsamer machen, aber dafür habe ich ein ausgezeichnetes Team,“ lobt Alex seine acht Mitarbeiter.

In einem Gewächshaus schlägt dem Besucher tropische Wärme entgegen. „Ah, da ist mein Vater. Da drüben meine Frau,“ bemerkt Alex. Wer nun nach Personen Ausschau hält, ist auf dem Holzweg. Alex meint die Orchideenpflanzen, die im zweiten Betriebsteil der Gärtnerei gezüchtet werden und hier bei hoher Luftfeuchtigkeit und warmen Temperaturen ihr Zuhause finden. Die Familie Cramer hat sich in der kleinen Welt der Orchideenzüchter einen weltweit bekannten Namen gemacht und darf jeder neuen Kreation nach eigenem Geschmack benennen. Und so gibt es vor Ort und im Online Shop nicht nur Orchideen mit dem klingenden Namen Rhyncattleanthe Shinfong Little Sun ‚Golden Boy‘ zu kaufen, sondern eben auch die Paphiopedilum Veronika Cramer.

Wenn Alex über seine Arbeit erzählt, merkt man ihm an, wie wichtig sie für ihn ist. Die Technik, die in einer modernen Gärtnerei so viel möglich macht, begeistert ihn. Lüftung, Temperatur, Schatten und Sonneneinstrahlung, Bewässerung – vieles davon steuert Alex per Smartphone. Doch auch ganz mechanische Hilfe steht zur Verfügung: Eine große Maschine mit Laufband, Erdtrommel und rotierenden Elementen befüllt pro Stunde ungefähr 1.500 kleine Pflanztöpfe mit Erde.

Nachhaltigkeit ist Alex wichtig: „Wir sind zukünftigen Generationen verpflichtet – ich bin ja selbst Vater.“ Torfreduzierte Erde, Fernwärme, Ebbe-Fluttische, die Wasser und Dünger sparen, „Nützlinge“ zur Schädlingsbekämpfung und effektive Mikroorganismen – hier bezeichnet sich Alex als „Neuheitenjäger“, möchte alles ausprobieren und unterstützen, was Natur und Umwelt guttut. Gemeinsam mit anderen Gärtnern hat er sich auch für einen recyclebaren Pflanztopf engagiert, der nun bei allen Anbietern wiederverwendet werden kann.

Schön langsam macht sich Alex Gedanken über sein Sortiment bei seinem ersten Wochenmarkt in Berchtesgaden. Ab Mitte März, je nach Temperatur, betreibt die Gärtnerei Cramer dort einen Stand mit frischen Gemüse- und Salatpflänzchen, kräftigen Kräuterstöcken, geschmackvollen Gestecken und wunderschön blühenden Beet- und Balkonblumen. „Das riecht dann richtig nach Frühling bei uns am Stand und die Leute vertreiben den Wintermuff, wollen Farbe und gute Laune – das macht richtig Spaß,“ freut sich Alex auf den diesjährigen Wochenmarkt-Auftakt der Gärtnerei Cramer.

Alex Cramer an seinem Stand beim Berchtesgadener Wochenmarkt

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

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