Berge

Ein Jahr im Schatten des Watzmann

Der Traum vom Leben in den Bergen

Oft kommt der Gedanke gerade wenn man des Öfteren in derselben Region Urlaub machte, wie es denn wohl wäre dort zu leben. Leben wo man zuvor Urlaub machte. Das klingt nach einem leichteren beschwingten Leben. Ja, man stellt sogar diese Wunschregion auf einen Thron. Doch ist alles so rosa wie es scheint?

auf dem Rossfeld
auf dem Rossfeld

Genau in derselben Situation war ich vor genau fast einem Jahr. Das Studium war zu Ende und ich hatte irgendwie keine Lust weiterhin im Flachland zu leben. Das Berchtesgadener Land war mir schon von Kindesbeinen an bekannt als Urlaubsort. Als Ort an dem immer alles gut war.

am Seeleinsee
am Seeleinsee

Aber wie den Einstieg finden? Man kennt niemanden und wer stellt schon jemanden ein, der eine Heimatadresse angibt, die 600 Kilometer entfernt ist. Da ich schon sehr lange davon träumte irgendwann in das Berchtesgadener Land zu ziehen, baute ich mir schon zuvor ein finanzielles Polster auf und auch die Unterstützung meiner Eltern hatte ich auf meiner Seite für mein Vorhaben. So wäre zumindest das Finanzielle geregelt. Aber da blieb immernoch die Frage nach dem Wohnen und dem Arbeiten. Weil ich erst mit dem Studium fertig war und bis auf eine kaufmännische Ausbildung nicht besonders viel Berufserfahrung vorweisen konnte, entschied ich mich für ein Praktikum als Einstieg. Dann wurden die größten Arbeitgeber der Region herausgefiltert und via Internetrecherche geschaut wer denn Praktikumsstellen anbietet.

in der Almbachklamm
in der Almbachklamm

Der Nationalpark als Arbeitgeber – damit habe ich schon insgeheim geliebäugelt. Doch wie soll eine Betriebswirtschaftlerin den Einstieg bekommen beim Nationalpark? Schon Jahre zuvor war ich auf der Homepage des Nationalparkes unterwegs gewesen, doch Praktikumsstellen waren immer nur für jene zu vergeb n, die ein Studium im Fachbereich Biologie oder Forstwissenschaften machten. Also NO CHANCE für mich. Bis eben letztes Jahr. Im Mai 2013 eröffnet das Nationalparkzentrum Haus der Berge in Berchtesgaden. Im August 2013 besuchte ich es das erste Mal. Auf der Homepage des Nationalparkes konnte ich herausfinden, das für eben dieses Informationszentrum Praktikantenstellen vergeben werden. Ich wagte es und schickte eine Bewerbung an den Leiter des Hauses Ulrich Brendel. Rasch kam als Antwort ich solle mich noch ein wenig gedulden bezüglich einer Zu- oder Absage. Eine Woche später war es dann soweit. Ich war gerade an einem kühlen Oktobertag mit meiner Freundin unterwegs, als ich auf mein Smartphone eine Email von Herrn Brendel bekam mit der Zusage für ein dreimonatiges Praktikum im Nationalparkzentrum Haus der Berge in Berchtesgaden. Untergebracht würde ich in Mehrbettzimmern in Ramsau werden.

 

Das Abenteuer Umzug kann beginnen!

Ganz schweren Herzens wurde sich von der Familie und Freunden verabschiedet. Bis zu meinem Umzug nach Ramsau lebte ich bei meinen Eltern. Dementsprechend war auch die Bindung besonders eng. Allerdings war dann die Gewöhnung an eine Wohngemeinschaft nicht besonders schwer. Mein Zimmer in der Forschungsstation Ramsau (im Erdgeschoss des Hauses sind die Rangerbüros des Nationalparkes – daher der Name Forschungsstation) musste ich glücklicherweise nicht teilen. Lange blieb ich aber nicht in der Wohngemeinschaft. Da ich deutlich älter als meine Mitbewohner war, brauchte ich mein eigenes Domizil und so kam es nach zwei Monaten, dass ich nach Schönau am Königssee zog in meine erste eigene Wohnung.

auf der Alm
auf der Alm
im Landtal
im Landtal
am Riemannhaus
am Riemannhaus

Auf Arbeit fand ich sehr schnell Anschluss mit meinen Kollegen. Wie in einer Großfamilie wurde man im Haus der Berge-Team aufgenommen. Nach zwei Wochen war es dann auch schon soweit, ich hatte meine erste Führung durch den Ausstellungsbereich „Vertikale Wildnis„. Aufgeregt war ich, wie vor einer Klausur in der Schule. Jetzt fast ein Jahr später ist es die tägliche Routine geworden. Auch Führungen mit sehbehinderten Menschen gehören nun zu meinem Metier.

im steinernen Meer
im steinernen Meer
am Funtensee
am Funtensee

Nur an einem harpert es noch immer: einem sozialen Leben. Derzeit bestreite ich mein Leben noch immer relativ alleine. Meine Freunde und Familie kommen mich noch immer regelmäßig besuchen. Denn auch wenn ich jetzt weiter weg wohne, so verliert man echte Freundschaften nicht. Meine Eltern fehlen mir natürlich sehr. Wir Menschen sind „Gemeinschaftstiere“ und so richtig funktionieren tuen wir nur unter unseren „Artgenossen“. Ganz so rosa ist das Leben hier auch nicht, ab und zu ist es ein Kampf. Mein Leben besteht nicht nur aus wandern und bergsteigen. Klar, kann man leicht den Eindruck bekommen, dass es so wäre. Aber sobald ich frei habe, gehe ich in die Berge und öfter frei als zwei Mal die Woche habe ich auch nicht, wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Ich zelebriere eben mein Hobby, da es mir wirklich viel gibt. Hätte ich nicht so eine Freude daran, ich wäre schon wieder zurück zu meiner Familie gezogen. Denn was bringt mir die schönste Aussicht, wenn ich einsam bin?

unterwegs mit meiner Mutter
unterwegs mit meiner Mutter
mein bester Freund aus der alten Heimat
mein bester Freund aus der alten Heimat

Wie lange ich hier bleiben werde? Das steht in den Sternen! Mein Rat an jeden, der es wagen will in die Berge zu ziehen ist, es zu tun! Tut wozu ihr Lust habt! Man lebt nur einmal und das bereuen, etwas nicht getan zu haben, quält einen mehr als wenn ein Lebenswandel ein Reinfall war. Ich habe den Schritt geschafft. Meine Möbel selbst aufgebaut und fast alles selbst hier im Berchtesgadener Land alleine gemeistert.

Murmeltier am Wegesrand
Murmeltier am Wegesrand
Gams
Gams

Gruß, eure Ann-Kathrin

Im Winter 2013 verlies ich Familie und Freunde im Südhessischen Viernheim um als Nationalparkmitarbeiterin im Berchtesgadener Land zu leben. Endlich konnte ich meinen Traum wahr werden lassen! Direkt vom Elternhaus rund 600km in die Berge ziehen, was für andere vielleicht ein gewagter Schritt wäre, war für mich das Ende der Sehnsucht. Das Berchtesgadener Land - die Sehnsucht dorthin verspürte ich permanent über Jahre. Ich hörte die Berge nach mir rufen. Bekannt ist mir das Berchtesgadener Land seit ich drei Jahre alt bin, da der beste Freund meines Opas aus Anger ist. So entstand die Verbindung. Mit 24 Jahren gab ich dem Ruf der Berge nach, Koffer gepackt und ab ins Berchtesgadener Land. Ich lebe dort wo ich früher Urlaub machte. Ein lebendiger Traum! Meine Freizeit verbringe ich fast ausschließlich in den Bergen. Nach Feierabend sich an einem sonnigen Tag einfach hinlegen - für mich unmöglich! Ob nun gemütliche Feierabend-Wanderung, Bergwanderung oder Hochtour. Je nach Zeit und Wetterlage mache ich alles. Natürlich fragt man sich mit wem ist denn das "Venema"-Mädel unterwegs? Alleine! Alleine in den Bergen unterwegs zu sein, ist im Kopf vieler zu negativ behaftet. Oft mache ich alleine die interessantesten Begegnungen. Und darum wird es auch in meinen Berichten gehen - Begegnungen am Berg. Mittlerweile bin ich auch in den Printmedien zu finden: "Das Wanderbuch bayerische Hausberge" ISBN-13: 978-3-86246-527-9 Erschienen im Bruckmann Verlag München Auch bei Lesungen der Berchtesgadener Land Autoren bin ich mit dabei. Mehr Infos: http://bgl-autoren.de/

20 Kommentare

  • Joe Lutz

    Respekt! 🙂

    … und willkommen im Talkessel ^^

    Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich solche Geschichten höre. Da ziehen Leute von „weit“ außerhalb hierher, weil’s ihnen so gefällt. So gut sogar, dass sie sich eine Existenz aufbauen könnten. Da merk ich als Berchtesgadener dann wieder, was ich für ein großes Glück hab, dass ich grad hier auf die Welt gekommen bin.

  • Lothar Bonna

    Dieser Beitrag gefällt uns, wollen auch 2016 mit unsere Tochter (22) nach 21 maligen Urlaub nach Berchtesgaden
    ziehen, würden uns über ein kontakt mit Ann-Katrin freuen
    Gruß Fam.Bonna aus Recklinghausen

  • Uwe Tiedemann

    Auch ich habe den Traum mit meiner Lebensgefährtin ganz in diese Region zu ziehen. Wir kommen einfach nicht davon los. Bei uns wären es dann über 900 km die wir Jahr für Jahr gerne fahren um unseren Sommerurlaub hier zu verbringen. Wir mögen die Menschen und diese unheimlich schöne Region. Dir Ann-Kathrin alles liebe und eine schöne Zeit. Freundliche Grüße aus der Nähe von Schwerin. Uwe Tiedemann

  • Jaumann

    Toller Beitrag von Ann-Kathrin.
    Diesen Weg so zu gehen, dafür muss man Respekt zollen.

    Mich zieht es ebenfalls immer wieder ins Berchtesgadener Land, weil es seinen ganz eigenen Reiz hat.

    ……….und wie schon Ludwig Ganghofer zu sagen pflegte:
    „Wen Gott liebt, den lässt er fallen in dieses Land!“

    MfG

  • Jutta

    Ann-kathrin durchhalten rate ich dir nur! du wirst sehen wenn du hierher gehörst dann wird es sich auszahlen!! Ich kann mitfühlen, denn ich habe das gleiche gemacht! War sehr oft in Berchtesgaden und hab mich dann im Chiemgau niedergelassen. 2 Jahre brauchts auf jeden Fall! Du bist noch jung, da findets sich schneller Freunde. Ganz viel Glück wünsche ich dir und die wunderbarste Zeit in dieser traumhaften Gegend!!

  • Renate Lassner

    Wie wohnen seit Jan in b. Gmain und fühlen uns sehr wohl hier. Haben allerdings ca.40 Jahre hier unseren Urlaub mit den Kindern verbracht. Einer unserer Söhne wohnt hier samt einer lieben Frau und unserem Enkel. Nur Mut!!!! LG

  • Helmut Falke

    Super!!!
    Ich habe mich nicht getraut in Deutschlands schönste Region zu ziehen.Jetzt ist es zu späht 64 jahre und Krebskrank Alles Alles Gute. Möge das Leben Dir Gut sein.

  • Jan Hoffstadt

    Vielen Dank für Deinen Bericht. Ich hoffe, dass ich ebenfalls den Schritt wage und in diese wunderschöne Region umziehe. Es vergeht kein Tag ohne Gedanken an das Berchtesgadener Land und die Sehnsucht wird immer stärker.

  • Maria

    wahnsinnig interessant dein Beitrag.
    Ich bin seid zwei Wochen in Bad Reichenhall. Und arbeite in Österreich. Mein Traum war es schon sehr lange in den Bergen zu leben. Ich komme ürsprünglich aus Brandenburg. Bloß bei mir ist es so das ich noch einen Partner habe und ich seit fast 10 Jahren mit ihm zusammen bin. Für ihn kommt es bloß nicht in Frage in die Berge zu ziehen.Wir versuchen es vorerst mit einer Fernbeziehung.
    Es war immer mein Traum in den Bergen zu leben und ich habe lange genug gelitten. Aber ich bin hier sehr einsam. Klar gebe ich nicht gleich auf, jetzt hat man den Schritt gewagt.

    • Ann-Kathrin

      Hallo Maria,

      ja ich lebe noch immer im Berchtesgadener Land. Siehe meine neuesten Beiträge im Blog der Berchtesgadener Land Tourismus GmbH 😉

      • Maria

        > danke für deine Antwort.
        Wärst du damals auch gegangen wenn du ein Partner gehabt hättest?
        Und denkst du, du willst irgendwann wieder zurück?
        Hast du ein tip für mich leute kennenzulernen? Ich arbeite im Außendienst und bin ständig unterwegs. Klar ich weiß du bist auch lieber alleine in den Bergen unterwegs.

  • Josie

    Hi! Danke für den Artikel. Ich bin selbst Bergsüchtige und spiele mit dem Gedanken in ein paar Jahren in die Berge zu ziehen. Wie ist den dein Fazit nach zwei Jahren jetzt so?

    • Ann-Kathrin

      Hallo Josie!
      Mittlerweile sind es sogar 3 Jahre und empfinde es noch immer als die beste Entscheidung meines Lebens.
      Klar, aller Anfang ist schwer – aber wenn du die Berge liebst dann tust du genau das Richtige!
      LG Ann-Kathrin

  • Claudia

    Dieser Beitrag hat mir so gefallen und ich beneide dich 😉

    Wir waren oft schon in Berchtesgaden und uns gefällt einfach die Gegend, die Natur die Berge, die Leute und die Kultur. Denken oft nach dort hin zu ziehen nur ohne Arbeit ist das nicht möglich und mit Kind wird das auch schwerer.

    Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, vielleicht klappt es ja in paar Jahren 😉

  • Theo

    Hallo an alle 😊
    …auch ich habe eine Entscheidung getroffen.
    Ich brauche nicht mehr zu arbeiten.
    Ich bin 75 Jahre alt, seit 4 Jahren Witwer und gehe am 15.10. in eine komfortable Seniorenresidenz ins Berchtesgadener Land – Nähe Salzburg:
    Habe hier im Münsterland mein Eigentum verkauft um dann dort hoffentlich noch einige schöne Jahre zu erleben.
    Ein guter Freund von mir aus dem Raum Frankfurt geht den gleichen Weg. Er ist im Berchtesgadener Land geboren, kennt sich da also gut aus und wird mir sicher einiges zeigen können.

    Etwas grummeln im Bauch habe ich – freue ich mich jetzt aber auf einen neuen, letzten Lebrnsabschnitt.
    Extrovertiert wie ich bin, werde ich auf die freundlichen Menschen zugehen !!

    LG Theo

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