Kultur

Die Totenbretter zum Gedenken

Neben der viel befahrenen Straße über Land oder an der die Orte verbindenden kleinen Straße und am Feld- und Waldweg finde ich sie: Wegkreuze, Kapellen und Marterl in ihrer immensen Vielfalt und besonders interessant solche mit Totenbrettern – im südostbayerischen Raum und gerade in der Region des Rupertiwinkels ein beredtes Zeugnis gelebten Glaubens.

Das am Wegkreuz, an der Kapelle oder am Marterl in der Nähe des Wohnortes angebrachte Totenbrett – mit dem Namen des Verstorbenen, Geburts- und Sterbedatum versehen – erzählt von den Menschen, die hier lebten. Immer wieder stellen mir Vorbeikommende die Frage, an welches Unglück hier erinnert werde. Meine Antwort überrascht oft: Es handelt sich schlicht und einfach um Andenken, um ein Gedenken an die Verstorbenen.

Die Totenbretter lassen sich in ihrem Beginn geschichtlich nicht festlegen, gehen zurück auf Zeiten, da die Sargbestattung noch nicht üblich war, der Tote auf einem Brett zu Hause aufgebahrt dann auf diesem Brett zum Friedhof getragen und in das Grab förmlich „geschüttet“ wurde. Als erstes schriftliches Zeugnis dürfte die Brettaufbahrung von Bertha, Gemahlin Kaiser Heinrich des IV gelten. Sie verstarb 1087 und wurde beigesetzt in der Gruft des Speyerer Doms. Wie in den Geschichtsbüchern zu lesen, fand man sie später unversehrt in einen Leichenmantel gehüllt und mit Tüchern auf dem Brett festgebunden.

Die Totenbretter, auf denen die Verstorbenen zum Friedhof getragen wurden, ließ man zum Gedenken neben den Gräbern liegen, steckte sie in den Grabhügel oder brachte sie an der Friedhofsmauer an. Verschiedentlich legte man sie über Gräben und Bäche als Brücke und betete dann beim Betreten des Brettes für den Verstorbenen ein Vater Unser. Der Glaube, die Seele sei erst dann erlöst, wenn das Brett verfault sei, trieb oft seltsame Blüten. Für ganz unangenehme Mitmenschen fertigte man bisweilen das Totenbrett sogar aus Lärchenholz oder Eiche – sehr langlebige Hölzer.

Später nach der gesetzlich verordneten Sargbestattung hielt man an dem Brauch des Totenbrettes fest, jetzt jedoch in verkleinerter Form und dieser Brauch hat besonders hier in meiner Heimat des Rupertiwinkels bis heute Bestand. Immer wieder sieht man ein ganz eues neben vielleicht schon zu verwittern beginnenden Totenbrettern.

Kunststvoll beschriftet lassen sich die Totenbretter an Wegkreuzen in der Nähe von Gehöften, von Weilern, von Dörfern finden und erinnern. In ihrem langsamen Zerfall mahnen sie die eigene Vergänglichkeit an.

Macht Euch bei einem Spaziergang, bei einer Wanderung so wie ich auf die Suche….
Eure Rosi

Hier noch einige Bilder dieser uns so lieb gewordenen Tradition:


alle Bilder: RoHa-Fotothek

Im südostbayerischen Raum, besonders im Rupertiwinkel und dem angrenzenden Österreich ist Rosi Fürmann unterwegs, um die Landschaft, das Land und die Leute, die die Schönheiten der Alpenregion und des Voralpenlandes wiederzugeben, zu fotografieren.

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