
Palmtragen in Berchtesgaden
Ein Blick hinter die Kulissen
In den Wochen vor Ostern gibt es in den meisten Berchtesgadener Familien viel zu tun, so auch bei uns. Als wir vor knapp sechs Jahren unseren Sohn bekamen, war sofort klar: Jetzt müssen (oder dürfen) wir auch „Palmtragen“.
Die Omas, Tanten und Nachbarn haben sich gefreut, endlich wieder einen „Palmtrager-Buam“ zu haben. Früher durften wirklich nur die Jungen den Palmbuschen tragen, heute hat sich das natürlich geändert und man sieht auch Mädchen beim Palmtragen. Ganz hat es sich tatsächlich noch nicht durchgesetzt.
In unseren ersten Palmtrager-Jahren musste ich mich erstmal schlau machen, wo man überhaupt die sogenannten „Schaberbandl“ bekommt. Ich kenne diesen Brauch zwar von daheim, aber um sowas musste ich mich nicht kümmern. Zum Glück gibt es ja unseren „Erei“ (= bay. Opa) der genau weiß, wo es die dünnsten „Bandl“ mit den prächtigsten Farben gibt. Es ist eine Kunst für sich, diese herzustellen.

„Schaberbandl“ sind nämlich dünne lange Holzspäne, die bunt eingefärbt werden. Dazu braucht man das richtige Holz. Maserung und Holzart sind entscheidend, sowie viel Erfahrung. Nur dünne und biegsame „Bandl“ sind zum Basteln geeignet.
Jetzt geht es ans „Ziahmusi“, „Ballein“ und „Lockein“ machen. Klar will mein großes Vorschulkind mithelfen und so darf er die „Schaberbandl“ teilen. Das funktioniert schon recht gut und er ist ganz stolz.

Was und wieviel man an den Palmbuschen hängt, macht jede Familie ein bisschen anders. Und ich muss sagen auch unsere Palmbuschen sind jetzt schöner, als vor fünf Jahren. Das eine oder andere habe ich mir über die Jahre von anderen abgeschaut. Sogar die Palmbuschen werden regional immer ein bisschen anders gebunden, da hat auch jeder seine Vorlieben.


Bei uns daheim ist die Aufgabenverteilung noch ganz klassisch: Ich kümmere mich um die Basteleien und mein Mann schneidet die Palmbuschen (Weidenkätzchen, Zedern und Buchs) und bindet diese. Wir haben schon vor Jahren Weidenkätzchen angepflanzt, die wir jetzt gut nutzen können. Die Weiden gehören zu den ersten pollen- und nektarspendenden Pflanzen und sind besonders wichtig für Wildbienen und Co.. Deshalb schneiden wir mit Bedacht und nur so viel, wie wir brauchen.
Um unsere Arbeitsteilung bin ich wirklich froh, denn hinter so einem Palm steckt viel Herzblut und Arbeit.
Weil sich der Palmsonntag nach Ostern richtet, ist das frühestmögliche Datum für den Palmsonntag der 15. März, das spätestmögliche der 18. April. Heuer ist er am 02. April 2023. An diesem Tag wir der Einzug Jesu Christi nach Jerusalem gefeiert. Die Palmbuschen mit den bunten „Schaberbandln“ sollen die Freude symbolisieren und hinterm Kreuz Glück ins Haus bringen.
Am Palmsonntag gehen wir alle gemeinsam in die Kirche. Unser Sohn freut sich schon, wenn er endlich wieder die Tracht anziehen darf und als „Palmtrager-Bua“ stolz seine Palm über der Schulter zur Kirche tragen darf. Nach einer feierlichen Messe geht es dann schon zu den Nachbarn, Freunden und Familie, die darauf warten, den Palm gegen ein Süßigkeiten-Sackerl und einer Kleinigkeit fürs Sparschwein zu tauschen.

Am Ende des Tages ist unser kleiner „Palmtrager“ immer fix und fertig, so ein Tag ist auch wirklich anstrengend. Im Bett schwärmt er noch von den vielen Süßigkeiten und obwohl der Bauch schon zwickt, freut er sich richtig auf nächsten Sonntag, wenn endlich der Osterhase nach Berchtesgaden kommt.
Eure Kathrin


3 Kommentare
Nowak Immobilien AG
Ein wirklich schöner Brauch.
Angela Hagen
Danke für diesen wunderschönen Beitrag. Ich lebe im hohen Norden und verlebe schon sehr viele Jahre meinen ges. Urlaub im so wunderschönen BGL. Ich freue mich schon sehr auf weitere Beiträge von Ihnen. Liebe Grüße Angela
Kathrin
Liebe Frau Hagen,
ich habe mich sehr über ihren netten Kommentar gefreut. Schön, solch eine Rückmeldung zu bekommen! Herzliche Grüße aus Berchtesgaden! Kathrin